Der Gefangene von Zhamanak
gebrauchen.«
Während Alicia damit beschäftigt war, sagte Mjipa: »Und jetzt sag deinen Wächtern draußen, wir brauchen zwei der besten Reitayas aus den königlichen Stallungen, gesattelt und aufgezäumt, mit Proviant für eine Fünfnacht in den Satteltaschen. Sie sollen die Tiere zum Vordereingang schaffen und uns Bescheid geben, sobald sie soweit sind. Außerdem sollen sie allen anderen Gardisten, Dienern, Lakaien und was sich sonst noch im Palast herumtreibt, sagen, dass sie sich aus meinem Blickfeld halten sollen, wenn wir losreiten. Und jetzt keine Verzögerungen, wenn ich bitten darf!«
»Und wer soll das ganze Zeug tragen?« meldete sich Alicia.
»Du. Ich kann nicht mit anfassen; muss Khorosh festhalten.«
»Aber Percy! Ich bin nicht stark genug, um fünfzig Kilo zu schleppen, einschließlich dieser Schwerter und Dolche. Warum lässt du denn nicht den Heshvavu das Zeug tragen?«
»Zu riskant; er könnte entwischen. Außerdem glaube ich, dass du kräftiger bist als er. Wir lassen den Wächter die Taschen tragen, und du schnappst dir die Schwerter und Dolche.«
Eine Viertelstunde später kam der Palast in den Genuss des Anblicks einer nicht alltäglichen Nacktenprozession. Vorneweg marschierte ein königlicher Leibwächter, beladen mit zwei schweren Segeltuchtaschen, dahinter kam der schmächtige Heshvavu in Mjipas schraubstockartigem Klammergriff, die Spitze eines Dolches gegen die Seite gepresst; und den Schluss bildete Alicia Dyckman, behangen mit Schwertern und Dolchen, sozusagen als Nachtrab. Mjipa zischelte dem Souverän fortwährend ins Ohr:
»Sag ihnen, sie sollen verschwinden! Sag dem Bogenschützen da oben, er soll seinen Bogen fallenlassen und sich davonmachen! Wenn er mich nicht gleich mit dem ersten Pfeil erwischen würde, wärst du ein toter Mann, ehe er den zweiten eingelegt hätte.«
Auf dem Hof hielt ein Stallknecht die fertig gesattelten Ayas an den Zügeln. »Sag dem Wächter«, zischte Mjipa dem Heshvavu ins Ohr, »er soll Meisterin Dyckman helfen, die Taschen auf die Tiere zu schnallen. Aber wehe, er legt Hand an sie; dann bist du sofort ein toter Mann! … Und nun, Eure Superiorität, machen wir einen kleinen Ausritt. Rauf mit dir!«
Mit einem mächtigen Schwung hievte Mjipa den schmächtigen Monarchen auf den Rücken von einem der Ayas, und zwar so, dass er rittlings vor dem Sattel zu sitzen kam. Sofort schob er sich den Dolch zwischen die Zähne, sprang in den Sattel und presste die Dolchspitze wieder gegen den bemalten Oberkörper des Königs. Letzterer wandte den Kopf und sagte:
»Wenn Ihr beabsichtigt, uns hinaus in die Weite des Landes zu entführen und dortselbst zu morden, dann könnt Ihr uns ebenso gleich hier töten. Unsere Männer werden uns rächen.«
»Nein, Hoheit, ich werde Euch nicht töten, darauf gebe ich Euch mein Ehrenwort. Ich werde Euch lediglich ein paar Regakit hinter der Stadt absetzen, so dass Ihr zu Fuß zurückgehen könnt. Sollten wir freilich, solange wir Euch noch in unserer Gewalt haben, einen Verfolgungstrupp hinter uns herkommen sehen, dann müsst Ihr in der Tat sterben. Sagt Euren Leuten das … Alles klar, Alicia?«
»Alles klar, Percy!«
»Dann los!« Mjipa setzte seinen Aya in Trab. Auf das nachdrücklich mit der Dolchspitze herausgekitzelte Geheiß des Heshvavu schwang das Tor der Palastmauer auf; ebenso das Kalwm-Tor von Mejvorosh. Die Flüchtigen trieben ihre Reittiere zum Galopp an und verschwanden auf der nach Norden führenden Straße in einer Staubwolke.
»Zeit, den Tieren eine Verschnaufpause zu gönnen«, sagte Mjipa und ließ seinen Aya in Schritt fallen. »Wir sind jetzt mindestens zehn Hoda von Mejvorosh entfernt. Khorosh wird mehrere Stunden für den Rückweg brauchen, falls ihn nicht jemand aufliest und mitnimmt.«
»Du willst diese miese kleine Ratte doch nicht etwa laufen lassen!« schrie Alicia.
»Aber sicher. Das habe ich ihm zugesichert.«
»Du machst wohl Witze?«
»Nein, das ist mein Ernst.«
»Aber er wird dir deine Großzügigkeit nicht danken!«
»Ich weiß. Aber versprochen ist versprochen.«
»Du verdammter Idiot! Er wird uns seine ganze Armee auf den Hals hetzen. Wir kommen niemals lebend aus Zhamanak raus!«
»Beruhigen Sie sich, junge Frau. Wir müssen hin und wieder eine Pause“ einlegen, um ein bisschen zu schlafen. Dann können wir uns nicht leisten, ihn dabei zu haben. Wenn* wir beide zur gleichen Zeit eindösen würden, dann könnte es uns nämlich passieren, dass wir mit durchgeschnittener
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