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Der Gefundene Junge

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Titel: Der Gefundene Junge Kostenlos Bücher Online Lesen
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tief er wohl sinken würde, wenn sie kenterten. Bei dem Gedanken stockte ihm der Atem, und er grub seine Nägel in das Holz der Bank.
    Â»Wo fahren wir denn hin?«, fragte Hap. Er musste die Worte mühsam durch seine zugeschnürte Kehle quetschen.
    Umber beugte sich zu ihm hin. »Zurück nach Kurahaven, Hap. Zu der Stadt, in der ich wohne. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo ich dich sonst hinbringen sollte. Außerdem ist es ja nicht so, als würden wir dich deiner Heimat entreißen. Wo auch immer du hergekommen bist, es war bestimmt nicht dieses verlassene Stück Land.«
    Hap schaute erneut über die endlose Wasserfläche. »Wie weit ist es denn bis Kurahaven?«
    Â»Weit«, sagte Umber. »Es liegt im Königreich von Celador. Aber keine Sorge, Oates wird uns nicht die ganze Strecke über rudern.« Er griff nach unten und hob ein langes Messingrohr vom Boden auf, das sich am Ende kugelförmig erweiterte. Es war fast so lang wie das Boot. Umber ließ das kugelige Ende ins Wasser hinab, und das Rohr glitt durch seine Hände, bis es fast zur Gänze untergetaucht war. Dann nahm Umber einen Hammer, der aus dem gleichen Metall gemacht war. »Glaubst du, das ist tief genug, Oates?«
    Oates beugte sich vor und starrte in die Tiefe. »Ja, müsste eigentlich reichen.«
    Umber schlug mit dem Hammer auf das Rohr und spielte ein Lied, das nur aus einem Ton bestand. Bei jedem Schlag tönte es wie eine Glocke und vibrierte noch lange nach. Dann zog Umber das Rohr pfeifend wieder aus dem Wasser und verstaute es im Boot.
    Der Ignis entlud sich erneut. Hunderte graue Wölkchen stiegen auf, als Felsentrümmer ins Meer prasselten.
    Â»Ruder weiter, Oates«, sagte Umber, die Bewegung pantomimisch nachahmend. »Wir müssen es ja nicht drauf ankommen lassen.« Oates grunzte und tauchte die Ruder tiefer ins Wasser, um das Boot zu beschleunigen.
    Hap wollte Umber gerade fragen, was der Zweck dieses Messingrohrs war, als etwas vor dem Bug seine Aufmerksamkeit weckte. Eine Welle kam vom offenen Meer auf sie zu. Sie war breit und lang, wie ein Hügel aus Wasser, und kam schnell näher.Zum ersten Mal, seit er an Bord gegangen war, ließ Hap die Bank mit einer Hand los. Er zeigte auf die Welle. »Was ist das?«
    Umber lachte. »Nichts, wovor du Angst haben müsstest, mein Junge.«
    Die Welle lief unmittelbar unter ihnen hindurch. Hap drehte sich der Magen um, als das Boot hochgehoben wurde und wieder herabsank. Er beobachtete, wie die Erhebung im Meer auslief, während das Wasser blubbernde Strudel bildete. Haps Augen weiteten sich, bis sie schmerzten, als er sah, wie das Wasser neben dem Boot dunkler wurde – nicht etwa weil es die dunklen Rauchwolken des Vulkans über ihnen reflektierte, sondern weil etwas Riesengroßes aus den Tiefen des Wassers aufstieg.
    Ein seltsames Schiff aus öligem schwarzem Holz, weitaus größer als ihre Jolle, durchbrach die Wasseroberfläche. Es war rechteckig und hatte eine umlaufende Reling auf dem Oberdeck, unter dem ein geschlossener Schiffsrumpf zum Vorschein kam. Gerade als Hap sich fragte, wie dieses Schiff sich unter Wasser fortbewegen konnte, tauchte in Form eines gewaltigen knotigen Tierleibs die Antwort auf. Das Schiff war auf dem Rücken einer riesigen Kreatur befestigt, die kräftige Flossen an den Seiten und eine große Schwanzflosse besaß; diese tauchte in einem weiten Bogen aus dem Wasser auf, breitete sich wie ein Fächer aus und glitt dann wieder nach unten. Von den gesprenkelten Körperflanken des Tieres strömte Wasser herab, das von den Ecken des Schiffsrumpfes abgeleitet wurde.
    In der Nähe des Kopfes tauchte kurzzeitig etwas aus dem Wasser. Es war ein Auge, so groß, dass Hap es mit der Hand nicht hätte bedecken können, umgeben von tief eingegrabenenFalten. Das Auge drehte sich und starrte das kleine Boot an, bevor es wieder untertauchte. Direkt vor der Jolle schoss aus einem Loch im Rücken des Tieres eine Wasserfontäne meterhoch in die Luft.

4
    Hap zweifelte an seinem Verstand. Er konnte Umbers Stimme kaum hören. »Hap, dies ist die Walfischbarke. Und dort ist ihr Kapitän.«
    Hap blinzelte ein paarmal schnell, um wieder Herr seiner Sinne zu werden. Das ist ihr Kapitän? Er sah eine schlanke Gestalt über den Rücken des Tieres in den vorderen Teil der hölzernen Barke gehen. Es war eine Frau, und aus ihren nach hinten gestrichenen

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