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Der Gefundene Junge

Der Gefundene Junge

Titel: Der Gefundene Junge Kostenlos Bücher Online Lesen
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um ihn zu vernichten. Auch gibt es eine besonders widerliche und hartnäckige Kreatur namens Occo, die mir seit einer ganzen Weile auf den Fersen ist. Es würde mich nicht überraschen, wenn er Haps Witterung aufgenommen hätte. Das könnte Dir einigen Kummer bereiten, aber Du scheinst mir ein einfallsreicher Kerl zu sein. Du wirst das schon schaffen.
    Sicher fragst Du Dich: Warum? Warum sollte ich tun, worum mich dieser Fremde bittet? Der Grund ist folgender: Ich weiß, wo Du herkommst, Umber. Ich weiß auch, was mit Deiner Welt geschehen ist. Ihr habt dort ein ziemliches Chaos angerichtet. Ich war dort; ich habe es gesehen.
    Was, wenn ich Dir sagen würde …
    Umbers Schultern zuckten, ein Schnarchen unterbrach sein langsames, gleichmäßiges Atmen. Dann schnellte sein Kopf nach oben und seine Augen richteten sich auf Hap.
    Â»Hä?«, sagte Umber blinzelnd.
    Hap drehte sich der Magen um. Er machte den Mund auf, um eine Entschuldigung vorzubringen, sobald ihm eine einfiel. Doch dann bemerkte er, dass Umber durch ihn hindurchsah und sein Blick auf nichts Bestimmtes gerichtet war. Er kann mich nicht sehen , dachte Hap.
    Umber rieb sich die Augen und schüttelte den Kopf. »Du bist eingeschlafen, du Trottel … Kerze ist ausgegangen«, lallte er. Ein alarmierter Blick huschte über sein Gesicht. Er schob seinen Stuhl zurück, stand auf und fuhr mit den Händen über die Tischplatte, um die Blätter zusammenzusuchen. Dann drehte er sich um und spähte über Haps Schulter, mit großen Augen und vollkommen wach. »Ist da jemand?«
    Hap wich zurück. Er traute sich nicht mehr zu atmen und wollte doch so gern den restlichen Inhalt des Briefes wissen. Umber drückte die Blätter mit einer Hand an seine Brust. Als er sich zu seiner Koje vortastete, stieß er mit der Hüfte an die Tischkante und schrie vor Schmerz auf.
    Statt die Tür zu seinem Zimmer zu öffnen und dabei ein Geräusch zu machen, bewegte Hap sich langsam auf die Luke zu und schlich die Stufen hinauf.

7
    Hap rechnete fest damit, dass Umber jeden Moment nach oben gerannt kommen würde, um mit dem Finger auf ihn zu zeigen und ihm Vorwürfe zu machen, doch von unten war kein Ton zu hören. Er muss sich schlafen gelegt haben , dachte Hap mit großer Erleichterung.
    Was er gelesen hatte, verwirrte ihn sehr, und so dauerte es eine Weile, bis er merkte, dass mit dem Schiff irgendetwas anders war als vorher. Das rhythmische Vorwärtsgleiten mit jedem Schwung von Boroons Flosse war nicht zu spüren, und er hörte auch kein Wasser schäumend an den Bug schlagen. Er warf einen Blick über die Reling. Der Wal lag reglos im Meer wie eine Insel aus dunklem Fleisch. Hap fragte sich, ob ihr Verfolger – war es diese widerliche und hartnäckige Kreatur namens Occo ? – vielleicht aufgeholt hatte, während Boroon sich ausruhte. Doch als er zum Heck lief, um nachzuschauen, sah er weit und breit nur Wasser. Ganz weit rechts von ihnen ragte etwas über dem Horizont auf. Land vielleicht, wenn es nicht weit entfernte Wolken waren.
    Nima konnte er nirgends erspähen. »Nima?«, rief er, bekam jedoch keine Antwort. Er spürte einen Kloß im Hals. War sie über Bord gefallen und irgendwo zurückgelassen worden? Als er gerade loslaufen wollte, um die anderen aufzuwecken, hörte er ein Plätschern und sah, wie die Kapitänin einen Steinwurf entfernt an der Oberfläche des tintenschwarzen Meeres auftauchte.
    Nima schwamm mit anmutigen Bewegungen auf Boroon zu und hangelte sich dann an einem Tau nach oben, das an seiner Flanke bis ins Wasser herabhing. Über dem tellergroßen Loch in Boroons Nacken blieb sie stehen und sang leise hinein.
    Hap wollte weder in den Verdacht kommen, sie auszuspionieren, noch wollte er sie erschrecken. Also räusperte er sich, zuerst leise, dann etwas lauter. Sie drehte sich um und blinzelte im schwachen Licht der Sterne zu ihm hin.
    Â»Bist du das, Hap?«
    Â»Ja, Kapitänin Nima.«
    Â»Hallo. Hast du Lust, hier herunterzukommen?«
    Hap biss sich auf die Unterlippe. Ȁh, ja, schon«, antwortete er, rührte sich aber nicht von der Stelle. Boroons Nacken war breit und knotig, aber ohne eine Reling zum Festhalten würde er sich dem todbringenden Meer schutzlos ausgeliefert fühlen.
    Â»Schon gut«, sagte Nima. »Ich komme zu dir.« Sie lief die Treppe zum Deck hinauf, setzte sich auf die

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