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Der Gefundene Junge

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Titel: Der Gefundene Junge Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Galbus? Oh, nein, der hat andere Interessen. Das wirst du merken, wenn wir zum Palast fahren. Heute wird sein Geburtstag gefeiert, musst du wissen.«
    Umber wurde überall freudig begrüßt, wohin sie auch gingen. Ihm wurde so oft und so heftig die Hand geschüttelt, dass Hap schon dachte, sie würde bald abfallen. Frauen lächelten ihn an, Kinder winkten ihm zu. Und beinahe ebenso häufig erregten Haps Augen eine weniger schmeichelhafte Aufmerksamkeit. Die Erwachsenen stießen sich gegenseitig an und tuschelten, während die Kinder mit dem Finger auf ihn zeigten und ihn anstarrten. Hap ging dazu über, die Lider fast geschlossen zu halten und nur durch kleine Sehschlitze zu spähen.
    Â»Na, endlich«, sagte Umber, als sie an ein grün-weiß gestreiftes Zelt kamen. »Der Tuchmacher. Weißt du, was ein Tuchmacher ist?«
    Hap dachte nach. Es war, als betätigte man den Hebel einer Pumpe; die Antwort floss einen Moment später heraus. »Jemand, der Kleidungsstücke herstellt und verkauft.«
    Umber warf Hap einen neugierigen und erfreuten Blick zu. »Vielleicht war die Frage zu leicht. Aber für einen Jungen, der kein Gedächtnis hat, hast du einen erstaunlichen Wortschatz, Hap.«
    Bevor Hap antworten konnte, flog die Klappe aus Segeltuch auf, die als Tür diente, und ein rundlicher, gut gekleideter Mann stürmte aus dem Zelt. Zwischen dem gezwirbelten Schnurrbart und dem sorgfältig zurechtgestutzten Kinnbart des Mannes breitete sich ein Lächeln aus und offenbarte eine Zahnlücke. Sämtliche Haare in seinem Gesicht glänzten von Wachs und bewegten sich keinen Millimeter, selbst wenn er den Kopf schüttelte.
    Â»Lord Umber, mein geschätzter Freund und Kunde!«, rief der Mann aus.
    Â»Poncius! Dürfen wir eintreten?«
    Â»Aber natürlich, natürlich«, erwiderte Poncius dröhnend und hielt ihnen die Tür aus Segeltuch auf. Umber und Hap traten ein, während Oates mit Blick auf die Vorbeiziehenden am Eingang stehen blieb und seine kräftigen Arme vor der Brust verschränkte.
    Â»Lassen Sie mich gleich zum Punkt kommen, Poncius«, sagteUmber. »Dieser Junge namens Happenstance hat nur die Kleider, die er am Leib trägt.«
    Poncius rümpfte die Nase, als er Haps verschmutzten Umhang betrachtete. »Was für eine unerträgliche Tragödie.«
    Â»Hap wird heute Abend die königliche Familie kennenlernen und braucht dafür passende Kleidung.«
    Â»Unbedingt!«, rief der Tuchmacher aus und zog die Augenbrauen zusammen, während er Hap von Kopf bis Fuß begutachtete.
    Â»Eine komplette Garderobe, bei den Schuhen angefangen.«
    Â»Wunderbar«, sagte Poncius und legte die Hände an den Fingerspitzen zusammen.
    Â»Er sollte auch einen Hut bekommen. Einen, den er tief ins Gesicht ziehen kann, um seine Augen zu beschirmen, wenn er möchte. Seine auffälligen Augen haben Sie ja vielleicht schon bemerkt.«
    Â»Nein, erst jetzt, wo Sie sie erwähnen«, sagte Poncius, während er zum vielleicht siebten Mal verstohlen zu Haps Augen hinschielte. »Aber einen Hut sollte er auf jeden Fall bekommen.«
    Hap spürte, wie sich Erleichterung in ihm ausbreitete. Nur zu gern wollte er einen Hut haben, dessen Krempe er sich tief ins Gesicht ziehen konnte.
    Hap stand auf einem Kasten vor einem hohen Spiegel, während Poncius ihm das soundsovielte seidene Hemd zuknöpfte. Seine alte Jacke, seine Hose und seine Unterwäsche lagen in einem Haufen auf dem Boden. Der Tuchmacher hatte die Sachen einfach fallen gelassen, um sie keine Sekunde länger als unbedingt nötig in der Hand halten zu müssen.
    Â»Schau in den Spiegel, Hap«, sagte Poncius. »Hast du schon mal so ein Glas gesehen? Was für ein Spiegelbild! Das ist ein Geschenk von Lord Umber. Eins von seinen Wundern.«
    Umber winkte ab. »Eine geringfügige Verbesserung.« Er durchstöberte einen Kleiderständer.
    Â»Geringfügig, dass ich nicht lache!«, rief Poncius. »Die Wunder, die man mit deinem Meister erlebt, hören nie auf, Hap!«
    Â»Ich bin niemandes Meister«, sagte Umber.
    Poncius plapperte begeistert drauflos: »Der Meister des Fortschritts, das sind Sie! Lord Umber bringt uns Musik, Spiele, Medizin. Er bringt uns bei, ordentliche Häuser und Schiffe zu bauen. In wenigen Jahren hat er unsere ganze Nation verändert. Und er ist auch in der Küche kreativ! Dieses köstliche

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