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Der Gefundene Junge

Der Gefundene Junge

Titel: Der Gefundene Junge Kostenlos Bücher Online Lesen
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getragen hat.
    Haps Gesicht zuckte. »Es ist schwer …«
    Versuch es, Hap. Nur noch einen Schritt. Versuch es.
    Hap versuchte es mit aller Macht, aber es war so, als würde er sich gegen starken Wind stemmen. Mit geballten Fäusten versuchte er es noch einmal.
    Er stieß mit dem Rücken gegen etwas Hartes, Glattes und Kaltes, und ihm lief ein Schauder den Rücken hinunter. Seine Angst wurde immer größer und drängte ihn, aus seiner Trance auszubrechen, doch er kämpfte gegen diesen Impuls an – er spürte, dass er kurz davorstand, das Geheimnis zu entschlüsseln. Er drehte sich um. »Da ist etwas im Weg. Es ist wie eine Wand.«
    Was für eine Art von Wand? In Umbers flüsternder Stimme schwang ein Hauch von Aufregung mit.
    Hap legte seine Hände auf die Oberfläche. »Sie ist kalt. Wie Eis oder Glas.« Er schaute sie genauer an. Sie war dunkelgrau und winzige Linien und Luftblasen waren darin eingeschlossen. Er ließ seinen Blick nach rechts und links schweifen; die Wand verschwand zu beiden Seiten in eine Dunkelheit, die selbst er mit seiner Nachtsicht nicht durchdringen konnte. Irgendein schwacher Instinkt gab ihm ein, sich nach links zu wenden und der Wand zu folgen, also ging er in diese Richtung und ließ seine Hände dabei die kalte Oberfläche der Wand entlangstreifen. Bald ertastete er ein seltsames Muster in der Wand: eine Anzahl von konzentrischen, ungleichmäßigen Kreisen, fast so wie die Wellen, die sich bildeten, wenn er einen Stein in ein stilles Gewässer warf. Die Wand wirkte an dieser Stelle dünner. Er konnte fast hindurchsehen.
    Was passiert jetzt? Was siehst du?
    Â»Da ist etwas auf der anderen Seite der Wand. Es ist dunkel und verschwommen … Es sieht so aus, als würde jemand wild mit den Armen fuchteln.«
    Ich glaube nicht, dass die Wand wirklich da ist, Hap. Sie soll dich nur daran hindern, dich an das zu erinnern, was davor passiert ist. Vielleicht hast du sie selbst dort aufgestellt oder jemand anders hat es getan. Aber du musst sie überwinden, wenn du mehr wissen willst .
    Â»Ich kann nicht«, sagte Hap. Irgendetwas kullerte über sein Gesicht, vielleicht ein Schweißtropfen, vielleicht eine Träne. Er spürte, wie Umber sein zitterndes Handgelenk umfasste.
    Doch, du kannst. Stell dir vor, wie die Wand zerbricht. Sorg dafür, dass sie es tut. Beginne mit einem winzigen Riss und lass ihn immer größer werden. Es ist deine Entscheidung, Hap. Niemand hat das Recht, deine Erinnerungen hinter einer Wand wegzuschließen.
    Hap atmete tief ein und hielt die Luft an. Er drückte seine Nase an die Wand, konzentrierte sich mit aller Macht auf den verformten Kreis in der Mitte und ignorierte die verschwommene dunkle Gestalt, die auf der anderen Seite wild mit den Armen ruderte. »Zerbrich«, sagte er. Er legte seine Hände rechts und links an den Kreis und drückte.
    Er hörte ein Geräusch in seinem Kopf: Tick. Tick . In der Mitte des Kreises erschien ein Riss; er vergrößerte sich zu einem Spalt und setzte sich in einer krummen, gezackten Linie fort. Die Kälte brannte auf seinen Händen, aber er ignorierte den Schmerz und drückte weiter. Seine Arme zitterten; die Kälte breitete sich durch seine Handgelenke und bis über die Ellbogen aus.
    Hap. Dein Arm wird ganz kalt. Ich glaube …
    Â»Warten Sie! Es funktioniert«, presste Hap durch seine klappernden Zähne. Der Spalt wurde größer, und das Geräusch in seinem Kopf wurde lauter. TICK. TICK. Die gezackte Linie verzweigte sich in Dutzende weitere, die sich strahlenförmig nach außen fortsetzten.
    Umber packte Hap bei den Schultern. Hap spürte es kaum, da seine Arme durch die aufsteigende Kälte taub geworden waren; sie umgab nun auch sein Herz.
    Hap, komm zurück. Ich zähle bis drei, dann wachst du auf!
    Â»Warten Sie!«, schrie Hap. »Sie bricht …«
    Eins! Zwei!
    Die Wand zerbrach.

15
    Hap hatte keine Ahnung, wie lange er schon schrie. Seine Kehle fühlte sich an, als stünde sie in Flammen.
    Nackte, grenzenlose Angst war in jede Pore seines Körpers gekrochen. Sie hatte ihn überwältigt, machte ihn blind und taub. Er schlug wild mit den Armen, trat um sich, warf den Kopf hin und her.
    Kräftige Arme lagen um seine Taille. Endlich drang Umbers Stimme zwischen den Schreien hindurch in sein Bewusstsein. »Happenstance! Sieh uns an! Mach die Augen

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