Der Gefundene Junge
Eure Hoheit. Und darf ich Euch meinen neuen â¦Â«
»Aber wen haben wir denn da?«, unterbrach Galbus ihn und packte Hap bei den Schultern. »Du lieber Himmel, jetzt seht euch diese Augen an! Du bist der Junge, über den alle reden!«
»Ich ⦠ja, das kann sein«, sagte Hap und wünschte sich, er hätte mit den Schweinen den Saal verlassen.
Galbusâ Atem roch nach Wein. »Ist es wahr, dass du so hoch springen kannst? Bitte, zeig es mir! Zeig es uns allen!«
»Eure Hoheit«, sagte Umber schnell, »was Hap getan hat, geschah in groÃer Panik, und er könnte diese GroÃtat ganz gewissnicht wiederholen. Wenn Ihr gestattet â seid Ihr bereit für das erste Geschenk, das ich heute Abend für Euch arrangiert habe?«
»Aber natürlich!«, rief Galbus, lieà Hap los und klatschte in die Hände.
Umber sah zu den Musikern auf der anderen Seite des Raums. Der Dirigent hatte auf das Zeichen gewartet, das Umber ihm nun gab: Er tippte sich mit zwei Fingern an die Nase. Der Dirigent nickte und unterdrückte ein Grinsen. Dann rief er den Gästen zu: »Ein Geschenk für Eure Majestät Prinz Galbus: neue Musik !« Die Leute beeilten sich, ihre Gespräche zu beenden, während der Dirigent sich zu seinen Musikern umwandte und die Arme hob. Er bewegte seine Hände durch die Luft, die letzten Tuscheleien verstummten und die Musik setzte ein.
Zuerst erklang ein Cello und spielte eine so schlichte Tonfolge, dass einige aus der Menge sich verstohlen ansahen und mit den Achseln zuckten, als wollten sie sagen: »Ist das alles?« Dann stimmten die Violinen ein und wiederholten die Melodie. Hap sah, dass einige ihre Köpfe drehten, um besser hören zu können. Das Lied wurde immer komplexer und feierlicher, und die Leute waren so still, dass ein Maler seine Leinwand hätte aufstellen und die Szene festhalten können. Hap sah zu Galbus hin, der beide Hände auf sein Herz drückte, als wollte er es davor bewahren, zu zerflieÃen. Plötzlich wurde Hap etwas klar: Musik war eine Art von Magie und konnte einen mächtigen Zauber entfalten.
Umber beugte sich zu Haps Ohr hin und sagte leise: »Kannst du dir vorstellen, dass dieses Stück dort, wo ich herkomme, so bekannt war, dass viele es abgedroschen fanden?«
Als die Musik den Höhepunkt ihrer komplizierten Schönheiterreicht hatte, wurde die Melodie wieder einfacher, wie ein Schwarm Vögel, der langsam in den Schlaf sank. Ein Instrument nach dem anderen verstummte, bis die letzte Note eine so tiefe Stille hinterlieÃ, dass man nicht mal mehr jemanden atmen hörte.
Es blieb so lange still, dass der Dirigent sich nervös umschaute, unsicher, ob die Musik vielleicht nicht gefallen hatte. Aber die Gäste lächelten alle Galbus an, der wie benommen dastand. Als der Prinz aus seiner Verzückung erwachte, schnappte er laut nach Luft, riss die Hände hoch und klatschte wie verrückt. Die anderen stimmten in seinen Applaus ein, bis das Klatschen und Rufen sich zu einem donnernden Getöse steigerte.
»Umber! Umber!«, rief Galbus, ergriff Umbers Hand und schüttelte seinen Arm vom Handgelenk bis zur Schulter. »Das war bis jetzt das Schönste! GroÃartig!«
»Ich habe es Euch gewidmet, mein lieber Prinz, und auch wenn der Komponist schon lange tot ist, bin ich sicher, es hätte ihn erfreut, dass es so ein begeistertes neues Publikum gefunden hat«, sagte Umber.
»Was ist das für ein Stück? Und wer war der Komponist? Ich muss seinen Namen wissen!«
»Das war der Kanon in D-Dur, Hoheit. Und der Name des Komponisten lautet Johann Pachelbel.« Umber gab dem Dirigenten einen Wink, und die Musiker setzten den lebhaften Walzer fort, den sie zuvor unterbrochen hatten. »Ich habe noch ein Geschenk für Euch, mein Prinz. Soll ich es Euch jetzt gleich überreichen?«
Galbusâ Augen wurden riesengroÃ, als er das Geschenk sah, das Hap in der Hand hielt. Er schnappte sich das Präsent und riss das Papier ab. Eine kleine, aufklappbare Kiste kam zum Vorschein; der Prinz schob den Riegel zurück und öffnete sie. Hap erkannte, dass es sich um dieselbe Holzkiste handelte, die Umber überreicht bekommen hatte, als sie in Kurahaven angekommen waren, und es lag auch noch dieselbe orangefarbene Flasche mit dem langen Hals darin. Galbus kicherte, als er sie aus dem Stroh zog. »Ist es das, wofür ich es
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