Der Gefundene Junge
Blumenstrauà in der Hand, stell dir das vor â und bat darum, sie kennenlernen zu dürfen. Die Leute dachten, er hätte den Verstand verloren. Ich stand so nah dabei, wie ich mich traute, und beobachtete, wie sich die schwarze Tür öffnete und Umber eintrat. Da geht sie hin, meine gute Anstellung , sagte ich mir damals.
Vierzig Tage lang hörten wir nichts. Dann, wer hätte das gedacht, ging die schwarze Tür wieder auf und Umber kam herausspaziert. âºTurianas Herrschaft ist vorbeiâ¹, sagte er. Er hatte sieirgendwie gebrochen. Aber das war noch nicht alles: Alle Abgaben, die der König ihr über die Jahre gezahlt hatte, befanden sich noch auf Aerie und warteten darauf, wieder abgeholt zu werden.
Tyrian war so erfreut, dass sich Umber zur Belohnung etwas wünschen durfte. Umber wollte zweierlei. Das Erste gab der König ihm frohen Mutes, und das war Aerie. So wurde Umber der Herr über Aerie. Das Zweite bewilligte der König nur ungern. Umber bat ihn, Turiana am Leben zu lassen. Er versprach, sie auf Aerie sicher einzusperren. Der König stimmte schlieÃlich widerwillig zu, unter einer Bedingung: Wenn Turiana entkam, würde Umber mit seinem Leben dafür büÃen.«
Hap merkte auf. »Moment mal, wenn Turiana entkommt, muss Lord Umber sterben?«
»So lautet die Abmachung.« Das Feuer im Ofen loderte hell. Balfour schloss die Tür und wischte sich mit einem Tuch die Asche von den Händen.
»Aber du hast nicht erzählt, wie er Turiana besiegt hat«, sagte Hap.
Balfour sprach über seine Schulter hinweg, während er einen Topf aus dem Regal nahm und ihn auf den Herd stellte. »Wovon würdest du am wenigsten erwarten, dass es ein so von Hass zerfressenes Wesen wie Turiana besiegt?«
Hap lieà den Kopf in die Hände sinken. »Bitte, Balfour, mein Leben ist sowieso schon voller offener Fragen. Noch mehr ertrage ich nicht.«
»Na gut«, erwiderte Balfour kichernd. »Es war die Liebe, Hap. Die Liebe hat ihr den Garaus gemacht.«
Hap dachte, er hätte nicht richtig gehört. »Er ⦠sie ⦠was ?«
»Schwer zu glauben, wenn man Turiana heute sieht. Aber bedenke: Das war, bevor er sie ihrer Macht beraubte. Einer ihrer Zaubersprüche machte sie zu der schönsten Frau, die man sich vorstellen konnte. Und das war es, was Umber sah, als er an ihren Thron geführt wurde.«
»Also hat Lord Umber sich in sie verliebt?«
Balfour schnürte einen Sack auf und senkte eine Schaufel in die zartgrünen Bohnen darin. »Nein, andersherum, Hap. Es war Turiana, die sich in Umber verliebte. Allerdings nicht sofort. Zuerst sperrte sie ihn in einen Käfig, den sie neben ihren Thron stellte, wahrscheinlich in der Absicht, ihn dort sterben zu lassen. Ãber das, was danach passierte, weià ich nicht viel. Das ist auch etwas, worüber Umber nie spricht. Aber ich glaube, sie war immer faszinierter von Umber, je länger er bei ihr war. Sie hatte noch nie jemanden wie ihn getroffen â wer hat das schon? Und wenn man bedenkt, dass sie die Fähigkeit besitzt, in die Köpfe anderer hineinzuschauen, bin ich sicher, dass sie mehr über ihn erfahren hat, als irgendwer von uns über ihn weiÃ.
Die Wochen vergingen, und sie verliebte sich in ihn, jedenfalls soweit ein derart böses Wesen ein Gefühl wie Liebe überhaupt empfinden kann. Und ich glaube, Umber hat sie schlieÃlich davon überzeugt, dass er ihre Liebe erwiderte. Sie vertraute ihm und lieà ihn frei. Und in einem unaufmerksamen Moment nahm Umber ihr all die Sachen ab â die Ringe, Amulette und Talismane â, die ihr ihre dunkle Macht verliehen, und benutzte sie dazu, all ihre schrecklichen Kreaturen in die Höhlen unter Aerie zu verbannen. So wurde die Schlange ihrer Giftzähne beraubt.«
Hap nickte. »Er hat sie ausgetrickst.«
»Allerdings«, erwiderte Balfour. »Und ich glaube, er fühlt sich schlecht deswegen, obwohl sie es ja mehr als verdient hatte. Niemand übt gern Verrat an einem anderen Menschen. Und es ist durchaus möglich, dass er ihre Gefühle in einer abgemilderten Form erwidert hat. Turiana war nicht immer böse, weiÃt du â die dunkle Magie, die sie praktizierte, hat sie verdorben. Vielleicht hat Umber das Gute in ihr gesehen und gehofft, es wieder zum Vorschein bringen und sie so vor sich selbst retten zu können. Wenn du mich fragst, ist das
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