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Der Gefundene Junge

Der Gefundene Junge

Titel: Der Gefundene Junge Kostenlos Bücher Online Lesen
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aufhören zu sein, bis ich mir vorstelle, dass du wieder heraufkommst.«
    Hap starrte ihn an und fragte sich, ob einer von ihnen den Verstand verloren hatte. »Lord Umber, ich verspreche Ihnen, dass ich weiterexistiere, wenn ich nach unten gehe. Ich werde nicht verschwinden.«
    Umber schniefte. »Das ist nur, was ich glaube , dass du denkst.«
    Â»Nein, es ist wahr«, sagte Hap. »Sehen Sie her, ich tue es.« Er ging über die Terrasse, holte oben an der Treppe tief Luft und ging hinunter, bis Umber ihn nicht mehr sehen konnte.

24
    Â»Ich bin die Treppe hinuntergegangen«, sagte Hap einen Augenblick später, als er auf die Terrasse zurückkam, »und war die ganze Zeit über da. Ich habe nicht aufgehört zu existieren.«
    Umber zuckte die Achseln. »Und ich würde mir vorstellen, dass du genau das sagst.«
    Hap schüttelte den Kopf. Wenn Umber dieser Theorie unbedingt glauben wollte, hatte es keinen Sinn, mit ihm zu diskutieren. »Warum probieren Sie den Kaffee denn nicht?«
    Umber sah die Kanne aus halb geöffneten Augen an, nahm sie und goss die dampfende schwarze Flüssigkeit in seinen Becher. Ohne sich die Mühe zu machen, Milch dazuzugeben, hob er den Becher an die Lippen, nahm lustlos einen Schluck und stellte ihn wieder hin. »So, jetzt habe ich ihn probiert.« Sein Blick kehrte zu einem beliebigen Punkt am Nachmittagshimmel zurück.
    Hap verzog den Mund. »Ich habe darüber nachgedacht, was Smudge gesagt hat, Lord Umber. Über die Fädenzieher und wie sie das Schicksal beeinflussen. Und dann fiel mir dieser merkwürdige Lichtfaden wieder ein, den ich gesehen habe. Meinen Sie, diese beiden Dinge hängen irgendwie zusammen?«
    An Stelle einer Antwort gab Umber nur ein Grunzen von sich.
    Hap seufzte und fragte sich, ob es irgendetwas gab, womit er Umbers Enthusiasmus wieder entfachen konnte. »Ich lese gerade Ihre Bücher«, sagte er schließlich.
    Umber reagierte nicht, doch Hap ließ sich nicht entmutigen. »Sie sind faszinierend. Ich verstehe jetzt, warum Sie sie für andere zugänglich machen wollen. Dafür ist Ihre neue Druckerpresse doch gedacht, oder? Damit Sie Kopien davon herstellen können und jeder Ihr Wissen nachlesen kann.« Während er auf Umbers Antwort wartete, ertönte hinter ihm ein missbilligendes Schnauben.
    Â»Habe ich dir nicht gesagt, du sollst Lord Umber in Ruhe lassen?«, fragte Lady Truden. Sie stand mit verschränkten Armen auf dem oberen Treppenabsatz und trommelte mit den Fingern auf ihre Ellbogen. Sie hatte sich offenbar leise angeschlichen, denn sonst hätte er ihre Schritte gehört. Wahrscheinlich hatte sie ihn bei Umber erwischen wollen, um ihn ausschimpfen zu können.
    Hap sah in der Hoffnung auf Beistand zu Umber hin. Doch Umber war immer noch tief in Gedanken. Er hatte ein Blatt vom Baum abgerissen und zerpflückte es in winzige Fetzen.
    Â»Ich wollte nur helfen«, verteidigte sich Hap.
    Lady Truden zeigte mit dem Finger zur Treppe.
    Hap ballte die Hände zu Fäusten und verließ die Terrasse.
    Im Gehen hörte er noch, wie Lady Truden Umber anfuhr: »Sie haben den Tee, den ich gemacht habe, ja nicht einmal angerührt. Wie soll es Ihnen da besser gehen? Und was ist mit dem Essen? Wollen Sie sich etwa zu Tode hungern?«
    Von da an machte Lady Truden es sich zur Aufgabe, jede Sekunde darüber Bescheid zu wissen, wo Hap war, und ihn daran zu hindern, Umber zu sehen. In den folgenden Tagen musste Hap also andere Wege finden, sich die Zeit zu vertreiben.
    Zuerst widmete er sich die meisten Stunden des Tages der Lektüre von Umbers Büchern. Er las von Riesen, Ogern, Kobolden, Gnomen, Feen, Elfen, Hexen, Zauberern, Giftschlangen und anderen Dingen, die schwer zu glauben waren. Doch nicht ein einziges Mal las er von Menschen mit grünen Augen oder ungewöhnlichen Fähigkeiten, die den seinen ähnelten.
    Ein Junge, der niemals schläft, hat viel Zeit, und so suchte er sich bald andere Beschäftigungen. Er beobachtete den namenlosen Fischer und seine Frau, die in der Burgruine von Petraportus wohnten: Jeden Morgen warfen sie im Hafenbecken ihre Netze aus, jeden Nachmittag ruderten sie ihr winziges Boot zur Fontäne, um Trinkwasser zu holen, und jeden Abend machten sie ein Feuer aus Treibholz. Er wünschte, er würde ihre Namen und ihre Geschichte kennen. Balfour sagte, sie seien vor Jahren mit einem klapprigen Kahn in den Hafen

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