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Der Gefundene Junge

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Titel: Der Gefundene Junge Kostenlos Bücher Online Lesen
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eingelaufen, hätten sich in der alten Burg angesiedelt und würden mit niemandem sprechen.
    Hap fügte sich in den Tagesablauf auf Aerie ein, so gut er konnte. Er ernannte sich selbst zu Balfours Küchenlehrling, denn es machte ihm Spaß, kochen zu lernen, und zugleich konnte er seinen bemerkenswerten Appetit auf diese Weise besser befriedigen. Balfour staunte angesichts der Portionen, die Hap wegputzen konnte.
    Auch mit Sophie verbrachte Hap viel Zeit. In einem Raum, der speziell ihrer Kunst vorbehalten war, sah er ihr dabei zu, wie sie Illustrationen für Umbers Bücher anfertigte. Vor Umbers Zeit waren Holzschnitte üblich gewesen, hatte sie ihm erklärt, doch Umber hatte ein neues Verfahren eingeführt, das weitaus detailliertere Ergebnisse brachte. Hap beobachtete sie bei der Arbeitan einer Druckgrafik des Tyrannenwurms. Sie hatte ihre Skizzen zur Orientierung an die Wand geheftet und zeichnete das Bild mit einem in ölige Tinte getauchten Pinsel auf ein glattes Stück Kalkstein. Als das erledigt war, behandelte sie den Stein mit einer Lösung, die Umber erfunden hatte. Sie erklärte Hap, dass dadurch die Stellen des Kalksteins, die nicht durch Öltinte geschützt waren, weggeätzt wurden. Danach würde sie den so behandelten Stein in eine Presse spannen und Drucke davon herstellen.
    Während Sophie arbeitete, wanderte Hap durchs Zimmer und sah sich ihre übrigen Skizzen und farbigen Vorstudien an. Sie erinnerten Hap an das Bild, das er in der Nacht gesehen hatte, als er an Lady Trudens Zimmer vorbeigeschlichen war. Da er sich nicht sicher war, ob er die Frage besser für sich behalten sollte, zögerte er, bevor er sie stellte. »Sophie, hast du jemals ein Porträt von Lord Umber gemalt?«
    Sophie rutschte der Pinsel aus der Hand und fiel zu Boden. »Was? Nein!« Sie hob den Pinsel auf und wischte ihn an ihrem Kittel ab. »Warum fragst du?«
    Â»Es ist nur, weil ich dieses Bild gesehen habe … Es war sehr gut, und ich habe mich gefragt, ob du es …«
    Â»Sie hat es dir gezeigt ?«
    Â»Lady Truden meinst du? Ähm … nicht direkt. Ihre Tür stand offen, und ich …«
    Â»Hap! Erwähne das nie wieder!« Sophie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Ja, das habe ich für sie gemalt. Ich wollte es nicht tun, ohne Lord Umber zu fragen, aber sie flehte mich an und nahm mir das Versprechen ab, niemandem davon zu erzählen. Sie würde fuchsteufelswild werden, wenn sie wüsste, dass du es gesehen hast. Gerade du .«
    Â»Aber warum wollte sie es denn überhaupt haben? Und warum wäre sie böse, wenn sie wüsste, dass ich es gesehen habe?«
    Â»Oh, Hap«, sagte Sophie. »Du wirkst in vielerlei Hinsicht so klug, aber was das angeht, bist du sehr begriffsstutzig. Siehst du denn nicht, was sie für Lord Umber empfindet?«
    Hap stand mit offenem Mund da. Das erklärt eine Menge , dachte er. Ihre kompromisslose Loyalität gegenüber Umber. Und ihren Beschützerinstinkt. »Aber warum hasst sie mich so sehr?«
    Sophie warf einen Blick zur Tür, bevor sie antwortete. »Als du hier angekommen bist, habe ich gehört, wie sie sich mit Balfour gestritten hat. Sie sagte, sie hätte ein schlechtes Gefühl, was dich angeht, und dass Lord Umber dir vorschnell vertrauen würde. Und seit uns dieser … Widerling angegriffen hat und es Verletzte gab, fühlt sie sich in ihrer Meinung bestätigt. Sie hat Angst, Lord Umber könnte deinetwegen etwas zustoßen.«
    Hap sank auf einen Stuhl. »Und jetzt, wo es Lord Umber nicht gut geht, gibt sie mir die Schuld.«
    Er sah Sophie an, die sich abwandte und auf ihre Unterlippe biss.
    Hap spürte eine brennende Feuchtigkeit in den Augenwinkeln. »Denken das alle? Dass ich Lord Umber das angetan habe?«
    Sophie setzte sich neben ihn. »Aber nein, Happenstance! Ganz und gar nicht. Mach dir keine Sorgen, es geht ihm sicher schon bald besser, und dann wird Lady Truden merken, dass sie dich falsch eingeschätzt hat. Sie ist gar nicht so übel, weißt du. Allerdings scheinst du die schlimmsten Seiten an ihr zum Vorschein zu bringen.« Sie zuckte die Achseln und lächelte ihn an. Hap lächelte zurück. Er war froh, dass sie sich in seiner Nähe wohlzufühlen begann. Sie sprach jetzt nicht mehr in diesem schüchternen Flüsterton. Ein oder zwei Mal sah sie ihm sogar in die Augen, bevor sie den Blick

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