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Der Gefundene Junge

Der Gefundene Junge

Titel: Der Gefundene Junge Kostenlos Bücher Online Lesen
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Tränen nahe.
    Balfour sprach mit geschlossenen Augen. »Umber würde niemals zulassen, dass wir den Jungen ausliefern, das kann ich dir versichern, Tru.«
    Lady Truden verschränkte die Hände. Ihre Knöchel wurden weiß. »Und wie sollen wir Lord Umber sonst retten?«
    Oates erhob seine Stimme: »Lasst mich gehen. Lasst mich versuchen, ihn zu retten.«
    Lady Truden schaute ihn missbilligend an. »Lies den Brief, du Dummkopf! Occo beobachtet uns. Wenn irgendjemand anders als der Junge kommt, bringt er Lord Umber um. Und er wird dich auf jeden Fall sehen – deshalb hat er ja Petraportus als Treffpunkt ausgewählt.«
    Hap blickte auf das Pergament. Lady Truden hatte Recht. Es gab keine andere Möglichkeit. Umber wurde in der bröckelnden Ruine von Petraportus festgehalten, in dem letzten Turm, der noch stand. An seiner Spitze konnte man einen schwachen Lichtschein erkennen. Es gab nur einen Weg dorthin, und zwar über den Damm aus Trümmern, der von der alten Burg bis zum Fuß von Aerie reichte. Vom Turm aus konnte man den gesamten Damm überblicken. Occo würde es sofort bemerken, wenn irgendjemand anders als Hap hinüberging. Und bei dem tobenden Unwetter konnte man niemanden mit einem Boot hinüberschmuggeln. Es war die perfekte Falle.
    Â»Ich muss gehen«, sagte Hap. »Eine andere Lösung gibt es nicht.« Balfour schlug langsam die Augen auf. Die anderen sahen ihn gebannt an. Lady Truden seufzte erleichtert auf und stützte sich auf den Tisch.
    Balfour schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Happenstance, du darfst nicht …«
    Â»Bitte, Balfour!« Hap erhob sich ebenfalls. »Ich bin noch nicht lange hier. Na ja, genau genommen bin ich noch nirgends besonders lange gewesen. Ich weiß nicht, wer ich bin oder warum ich hier bin. Aber ich weiß, dass Lord Umber wichtig ist. Ich habe gesehen, wie viel Gutes er getan hat. Ich bin mir sicher, dass die Welt ihn braucht. Das ist mehr, als ich über mich selbst sagen kann.«
    Sophie machte ein ersticktes Geräusch und stolperte die Treppe hinauf. Balfour sah aus, als wollte er etwas sagen, brachte aber nichts heraus.
    Â»Wer weiß«, sagte Hap. »Sobald Occo Lord Umber freigelassen hat, verhelfen mir vielleicht meine Beine zur Flucht.«
    Â»Das glaube ich kaum«, kommentierte Oates.
    Haps Mund wurde trocken. »Ich breche jetzt besser auf.«
    Â»Warte! Ich hole dir ein paar von Umbers Zauberflaschen«, sagte Balfour plötzlich. »Wie die, die er gegen den Tyrannenwurm eingesetzt hat und die er dem Prinzen gegeben hat. Vielleicht hast du damit eine Chance.«
    Â»Nein!«, schrie Lady Truden, »keine Tricks! Du riskierst das Leben von Lord Umber, du alter Schwachkopf!«
    Â»Und du versuchst, das von Hap zu opfern!«, antwortete Balfour. Hap hatte ihn noch nie so wütend gesehen. »Er nimmt die Flaschen mit, Tru, ob es dir gefällt oder nicht!«
    Lady Truden stieß ein frustriertes Geräusch aus. »Was macht das schon noch? Es ist sowieso hoffnungslos. Wer sagt uns, dass der Junge nicht sofort davonrennt, wenn er draußen ist, um seine eigene Haut zu retten?«
    Balfour warf Lady Truden einen eisigen Blick zu. Sie verschränkte die Arme und wandte sich ab.
    Â»Ich fürchte, Sie müssen mir einfach vertrauen«, sagte Hap zu ihrem Rücken.
    In einer Ecke im Erdgeschoss befand sich eine kleine Eichentür mit Eisenbeschlägen. Lady Truden hatte den Schlüssel dazu, und Oates drückte sie auf. Dahinter öffnete sich ein kurzer Tunnel durch das Felsgestein. Er mündete außerhalb von Aerie, an einer steilen Treppe zum Fuß des Felsens und zum Damm nach Petraportus.
    Hap sah sich noch einmal um, bevor er loszog. »Auf Wiedersehen.« Lady Truden wandte sich ab, Oates drückte seine Schulter und Balfour umarmte ihn. Hap holte tief Luft und trat in den Tunnel hinaus. Doch auf halbem Wege hörte er, wie Sophie seinen Namen rief, und hielt an. So laut hatte er sie noch nie ihre Stimme erheben hören.

28
    Hap trat in das heulende graue Unwetter hinaus und stieg die glatten, in den Felsen gemeißelten Treppenstufen hinunter. Die Stufen waren einen halben Meter breit und das herabströmende Regenwasser machte sie glitschig. Als Geländer diente lediglich eine Kette. Er hangelte sich mit beiden Händen an den kalten, nassen Kettengliedern entlang.
    Der Sturm fegte mit gleichbleibender Stärke durch

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