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Der Geheimcode

Der Geheimcode

Titel: Der Geheimcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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hatte sein Vermögen eingefroren, und nun arbeitete er auf Provisionsbasis für die Chicagoer Mafia. Und Spatz Antonelli war nicht gerade für seine Großzügigkeit bekannt. Natürlich hätte Mo auch aus Chicago verschwinden und wieder nach L.A. zurückkehren können, aber dort wartete eine Spezialeinheit der Polizei auf ihn. Im Grunde gab es für ihn überhaupt kein sicheres Versteck, weder auf der Erde noch in ihrem Innern, denn Mo Digence war in Wirklichkeit Mulch Diggums, ein kleptomanischer Zwerg, der von der ZUP gesucht wurde.
    Mulch war ein Höhlenzwerg, der beschlossen hatte, dass das Leben in den Minen nichts für ihn war, und der deswegen seine Spezialtalente anderweitig zum Einsatz gebracht hatte. Vorzugsweise, indem er Menschenwesen um ihre Wertgegenstände erleichterte und diese dann auf dem unterirdischen Schwarzmarkt verkaufte. Fremde Häuser ohne Einladung zu betreten bedeutete natürlich, seine Magie zu verlieren, aber das war Mulch egal. Zwerge besaßen ohnehin nur eingeschränkt magische Kräfte, und ihm war immer schlecht geworden vom Verzaubern.
    Zwerge haben körperliche Voraussetzungen, die sie zu idealen Einbrechern machen. Sie können ihre Kinnlade aushaken und mehrere Kilo Erde pro Sekunde hinunterschlingen. Die Erde wird, von allen verwertbaren Mineralien befreit, am anderen Ende wieder ausgestoßen. Außerdem haben sie die Fähigkeit entwickelt, durch ihre Poren Flüssigkeit aufzunehmen. Eine Eigenschaft, die bei Tunneleinbrüchen sehr hilfreich sein kann, die zudem aus ihren Poren variable Saugnäpfe gemacht hat, überaus nützliche Werkzeuge für einen Einbrecher. Und zu guter Letzt ist Zwergenhaar ein Gespinst lebender Antennen, ähnlich den Barthaaren einer Katze, die vielseitig einsetzbar sind, zum Beispiel zum Käferfangen oder dazu, Tunnelwände mithilfe von Ultraschall abzutasten.
    Mulch war ein aufsteigender Stern in der Unterwelt von Erdland gewesen, bis seine Akte Commander Julius Root in die Hände gefallen war. Von da an hatte Mulch über dreihundert Jahre lang immer wieder im Gefängnis gesessen. Derzeit war er auf der Flucht, weil er einige Barren von Holly Shorts Geiselgold gestohlen hatte. Er war also auch unter Seinesgleichen nicht mehr sicher. So gab sich Mulch gezwungenermaßen als Menschenwesen aus und nahm jeden Job an, den die Mafia in Chicago ihm anvertraute.
    Es war nicht ganz ungefährlich, sich unter die Menschen zu mischen. Natürlich fiel seine Größe jedem auf, der zufällig nach unten schaute. Doch Mulch entdeckte bald, dass die Oberirdischen immer einen Grund fanden, jemandem zu misstrauen - sei es wegen der Größe, dem Gewicht, der Hautfarbe, oder der Religionszugehörigkeit. Da war es fast sicherer, in einer Weise andersartig zu sein. Mulchs größeres Problem war die Sonne. Zwerge sind extrem lichtempfindlich und bekommen bereits nach drei Minuten einen Sonnenbrand. Zum Glück bedeutete Mulchs Job meistens Nachtarbeit; wenn er jedoch einmal bei Tageslicht unterwegs sein musste, achtete er sorgfältig darauf, dass jeder Quadratzentimeter unbedeckter Haut mit einem langhaftenden Sunblocker eingerieben war.
    Mulch hatte eine Souterrainwohnung in einem Sandsteinhaus gemietet. Das Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts gebaute Haus war ziemlich heruntergekommen, aber das war dem Zwerg gerade recht. Er riss im Schlafzimmer die Dielen heraus und kippte zwei Tonnen Erdreich und Dünger auf das vergammelte Fundament. Da die Wände bereits feucht und mit Schimmel überzogen waren, brauchte er daran nichts mehr zu ändern. Innerhalb weniger Stunden wimmelte es in dem Zimmer nur so von Insekten. Mulch legte sich in seine Grube und fing mit den Barthaaren Kakerlaken. Trautes Heim, Glück allein. Die Wohnung sah nicht nur fast wie eine Tunnelhöhle aus, sondern für den Fall, dass die ZUP ihn aufspürte, konnte er im Handumdrehen fünfzig Meter unter der Erde sein.
    In den darauf folgenden Tagen sollte Mulch noch bedauern, dass er nicht diesen Weg gewählt hatte, als er plötzlich unterwarteten Besuch erhielt.
    Es klopfte an der Tür. Mulch krabbelte aus seinem Tunnelbett und warf einen Blick auf den Überwachungsbildschirm. Carla Frazetti prüfte im Messingtürklopfer den Sitz ihrer Frisur.
    Die Patentochter vom Boss? Höchstpersönlich? Das musste ein wichtiger Job sein. Vielleicht würde die Provision ausreichen, sich in einen anderen Bundesstaat abzusetzen. Er war jetzt seit fast drei Monaten in Chicago, und es war nur eine Frage der Zeit, bis die ZUP ihn

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