Der Geheimcode
verschlüsselt
Mein Vater hatte endlich das Bewusstsein wiedererlangt. Natürlich war ich froh darüber, aber seine letzten Worte an diesem Tag gingen mir einfach nicht aus dem Kopf. »Gold ist nicht wichtig, Arty«, hatte er gesagt. »Und Macht ebenso wenig. Alles, was wir brauchen, haben wir hier: uns drei.«
War es möglich, dass die Magie meinen Vater verwandelt hatte? Ich musste es herausfinden. Ich musste allein mit ihm sprechen. Also ließ ich mich um drei Uhr früh am nächsten Morgen von Butler in dem gemieteten Mercedes zum Universitätskrankenhaus von Helsinki bringen.
Vater war noch wach und las bei Lampenschein ›Krieg und Frieden‹. »Nicht gerade zum Lachen«, bemerkte er.
Wieder ein Scherz. Ich versuchte zu lächeln, doch meine Gesichtsmuskeln wollten mir nicht so recht gehorchen.
Vater klappte das Buch zu. »Ich habe schon auf dich gewartet, Arty. Wir müssen reden. Es gibt ein paar Dinge, die geklärt werden müssen.«
Ich stand steif am Fuß des Bettes. »Ja, Vater. Da hast du Recht.«
In Vaters Lächeln lag ein Hauch von Traurigkeit. »Wie förmlich du bist. Aber das war ich meinem Vater gegenüber früher auch. Manchmal denke ich, er hat mich überhaupt nicht gekannt, und ich mache mir Sorgen, dass es bei uns genauso werden könnte. Deshalb möchte ich, dass wir miteinander reden, aber nicht über Bankkonten oder Aktien oder Firmenübernahmen. Ich will nicht über das Geschäft reden, sondern über dich.«
So etwas hatte ich befürchtet. »Über mich? Du bist doch jetzt das Wichtigste, Vater.«
»Vielleicht, aber ich werde erst dann glücklich sein, wenn deine Mutter ihre Sorgen los ist.«
»Welche Sorgen?«, fragte ich, als wüsste ich nicht, was er meinte.
»Spiel nicht den Unschuldigen, Artemis. Ich habe ein paar von meinen Polizeikontakten in Europa angerufen. Anscheinend bist du während meiner Abwesenheit recht aktiv gewesen. Überaus aktiv.«
Ich zuckte die Achseln, unsicher, ob dies als Kritik oder als Lob gemeint war.
»Vor nicht allzu langer Zeit wäre ich von deinen Geniestreichen noch sehr beeindruckt gewesen. So viel Kühnheit, mit nur dreizehn Jahren. Doch jetzt sage ich dir als dein Vater: Das muss anders werden, Arty. Du musst dir deine Kindheit zurückerobern. Es ist mein Wunsch, und ebenso der deiner Mutter, dass du nach den Ferien wieder in die Schule gehst und die Familiengeschäfte mir überlässt.«
»Aber Vater!«
»Vertrau mir, Arty. Ich bin schon sehr viel länger im Geschäft als du. Ich habe deiner Mutter versprochen, dass die Fowls von jetzt an keine krummen Sachen mehr machen. Und zwar alle Fowls. Ich habe noch einmal eine Chance bekommen, und ich werde sie nicht aus Habgier verschwenden. Wir sind jetzt eine Familie. Eine richtige Familie. Von nun an wird der Name Fowl für Ehre und Ehrenhaftigkeit stehen. Einverstanden?«
»Einverstanden«, sagte ich und schlug in seine Hand ein.
Aber was sollte jetzt aus meinem Treffen mit dem Amerikaner Jon Spiro werden? Ich beschloss, den Plan weiterzuverfolgen. Ein allerletztes Abenteuer, dann konnten die Fowls meinetwegen eine richtige Familie werden. Schließlich würde Butler mich begleiten. Was sollte schon schief gehen?
Fowl Manor
Butler öffnete die Augen. Er war zu Hause. Artemis saß schlafend im Sessel neben dem Bett. Der Junge sah aus, als wäre er hundert Jahre alt. Nicht überraschend, nach allem, was er durchgemacht hatte. Dieses Leben war jetzt vorbei, für immer.
»Hallo, jemand da?«, fragte der Leibwächter.
Artemis wachte sofort auf. »Butler, Sie sind wieder bei uns!«
Mühsam stützte Butler sich auf den Ellbogen. »Ich bin selbst überrascht. Ich hatte nicht damit gerechnet, Sie oder irgendjemand sonst je wiederzusehen.«
Artemis schenkte ihm ein Glas Wasser aus dem Krug neben dem Bett ein. »Hier, alter Freund. Ruhen Sie sich aus.«
Butler trank langsam. Er war müde, doch es war mehr als das. Er kannte von früher die Erschöpfung nach einem Kampf, aber dies ging tiefer. »Artemis, was ist passiert? Ich müsste eigentlich tot sein. Und selbst wenn ich wie durch ein Wunder nicht tot bin, müsste ich heftige Schmerzen haben.«
Artemis trat ans Fenster und blickte hinaus auf das Anwesen. »Blunt hat Sie erschossen. Die Wunde war tödlich, und da Holly nicht da war, um Ihnen zu helfen, habe ich Sie eingefroren, bis sie kam.«
Butler schüttelte den Kopf. »Kryogenie? Auf die Idee kommt nur Artemis Fowl. Sie haben einen der Gefrierschränke für den Fisch genommen,
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