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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Esel geritten kam und sich in Begleitung von einer kleinen Gruppe Männer und Frauen befand.
    Es war Jesus!
    Jona musste sofort an die Schriftstelle im Buch Sacharja 62 denken, die jeder fromme Jude kannte. Denn da wurde vom Einzug des Königs in Jerusalem auf einem Esel gesprochen, den man seit vielen Generationen mit dem ersehnten Messias gleichsetzte.
    Jona zählte die Männer, die Jesus folgten. Es waren die zwölf Jünger. Kein anderer war mehr bei ihnen. Dazu kamen nur noch einige wenige getreue Frauen.
    Der Jubel der Menschen, die den Weg des Nazoräers säumten und ihm zuwinkten, wurde lauter und schwoll fast zu einem Jubel an. Jona zog sich nun von der Außentreppe zurück, eilte durch das Tor in den Hof der Heiden und wartete in der Säulenhalle nahe des Ostportals, aber doch in sicherer Entfernung davon, auf das Eintreffen des Nazoräers und seiner arg geschrumpften Gefolgschaft. Er betete, dass der Besuch des Predigers auf dem Tempelberg einen guten Ausgang nahm, auf dass er in seinem Bericht Jesu Gesetzestreue und fromme Andacht vor dem Heiligtum bescheinigen konnte. Dann würde ihm ein wahrer Mühlstein von der Seele fallen.
    Aber zu seinem Entsetzen nahmen die Dinge einen völlig anderen Verlauf. Denn kaum hatte Jesus den Hof der Heiden betreten und einen Blick auf die vielen Händler und Geldwechsler geworfen, die sich überall breit machten und deren schwunghafter Handel den Hof wie einen belebten Markt erscheinen ließ, als ihm die Zornesröte ins Gesicht stieg. Und ehe die Pilger und vor allem die Geschäftemacher wussten, wie ihnen geschah, hatte Jesus mehrere Stricke ergriffen, sie zu einer provisorische Geißel zusammengebunden und begann damit, die Verkaufsstände und Tische der Wechsler umzustoßen und die Männer aus dem Hof zu treiben. 21 »Es steht geschrieben: ›Mein Haus soll ein Bethaus für alle Völker sein!‹ Ihr aber macht es zu einer Räuberhöhle!«, rief er, außer sich vor Zorn. »Schafft eure Waren und euer Wuchergeld hinweg!... Wie könnt ihr es wagen, das Haus meines Vaters zu einem Marktplatz zu machen?« Immer wieder schwang er die Geißel, fegte hier Münzen von einem Tisch und dort Backwaren und Heilsalben in den Dreck.
    Die Händler spritzten erschrocken auseinander, als wäre der Blitz zwischen ihnen eingeschlagen.
    »Herr!«, rief einer der verdutzt zusehenden Pilger. »Warum tust du das, Rabbi?… Was ist das für ein Zeichen, das du uns damit geben willst?«
    Jesus wandte sich an die Menge, die sich an diesem Teil des Hofs der Heiden zusammendrängte und das Geschehen für viele andere auf dem weiträumigen Gelände verdeckte. »Brecht diesen Tempel ab!«, rief er ihnen zu. »Und in drei Tagen will ich ihn wiedererrichten!«
    Es war, als würde die Menge ob dieser ungeheuren Anmaßung, die eine klare Lästerung darstellte, wie ein einziger Mann sprachlos nach Atem ringen. Sogar die Jünger standen wie erstarrt.
    Dann rief jemand, mehr ungläubig als höhnisch: »Sechsundvierzig Jahre ist an diesem Tepel gebaut worden und er ist noch immer nicht fertig! Und du willst ihn in drei Tagen wieder aufbauen? Wer bist du, dass du so etwas zu sagen wagst?«
    Jesus erhielt keine Gelegenheit, ihm darauf eine Antwort zu geben. Denn inzwischen drängten sich Tempeldiener, von den empörten Händlern und Geldwechslern herbeigerufen, durch die Menge. Einer von ihnen entriss Jesus die Geißel. Dann drängten sie den Nazoräer grob von den umgestoßenen Tischen und Ständen zurück und zwangen ihn, den Tempelbezirk umgehend zu verlassen, um weiteren Aufruhr zu unterbinden. Die Jünger, von dem Geschehen nicht weniger schockiert, widersetzten sich den Tempeldienern nicht und begleiteten ihren Rabbi zum Osttor hinaus, durch das sie erst vor wenigen Minuten gekommen waren.
    Jona war bleich wie eine frisch gekalkte Wand geworden, als er mit angesehen hatte, wie Jesus in seinem unbändigen Zorn über die Händler und Geldwechsler hergefallen war. Wie sehr hatte er doch gehofft, Zeuge eines demütig frommen Tempelbesuchs des Nazoräers zu werden, um sein letztes Papyrusblatt nur mit der Beschreibung einer tadellosen Gesetzestreue und Frömmigkeit füllen zu können. Und nun hatte Jesus die Ordnung auf dem Tempelplatz, die doch von der hohen Priesterschaft so bestimmt worden war, nicht nur mit Worten, sondern sogar tätlich angegriffen! Und dann auch noch diese wahnwitzige Behauptung, man solle den Tempel niederreißen und er werde ihn in drei Tagen wiedererrichten! Mit solchen

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