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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Rührseligkeit. Sie verzeiht einem nun mal weder Fehler noch Missgeschicke.«
    »Heißt das, dass du ihn sich selbst überlassen willst? Wenn du das vorhast, kannst du auch ebenso gut zum Schwert oder zu deinem Messer greifen und ihm die Kehle durchschneiden. Und das wäre dann sogar noch ein gnädigerer und schnellerer Tod, als ihn hier langsam verdursten zu lassen!«, hielt Jona ihm vor.
    Timon kaute bedächtig auf einem Stück Brot und kratzte sich dabei am Hinterkopf. »Wir können ihm ja einen halb gefüllten Wasserschlauch und ein paar Fladen überlassen.«
    »Das würde seinen Tod nur etwas weiter hinausschieben. Denn ohne Hilfe kommt er mit seinem verletzten Fuß nie und nimmer auch nur in die Nähe der nächsten Siedlung. Und ich denke, das weißt du sogar besser als ich!«
    Es war schon zu dunkel, als dass Jona hätte sehen können, ob Timon wirklich errötete. Jedenfalls hörte er aus der Stimme seines Freundes so etwas wie Beschämung heraus, als dieser ihm nun antwortete: »Nein, du täuschst dich nicht. Wenn wir ihn hier zurücklassen, ganz gleich ob nun mit oder ohne Wasser, ist sein Schicksal besiegelt. Aber was sollen wir deiner Meinung denn tun, Jona?«
    »Liegt das nicht auf der Hand? Wir müssen ihm natürlich helfen und dafür sorgen, dass er es bis in die nächste Siedlung schafft. Unser Wasser wird notfalls auch für drei reichen, wenn wir es uns gut einteilen. Ob nun Räuber oder nicht, ich kann ihn nicht zum Tode verurteilen. Und genau das tun wir, wenn wir ihn hier zurücklassen!«
    »Immer mit dem Finger in die offene Wunde, die man auch Gewissen nennt, ja?« Timon gab einen Stoßseufzer von sich, der nach Resignation klang. »Ich habe befürchtet, dass du so etwas sagen würdest!«, gestand er. »Also gut, wir helfen ihm und nehmen ihn mit.«
    »Ich wusste doch, dass ich mich auf dich verlassen kann und auch du es nicht über dich bringst, ihn hier seinem Schicksal zu überlassen!«, sagte Jona erleichtert.
    »Aber glaub ja nicht, dass es so leicht sein wird!«, warnte Timon unwirsch. »Bis zur nächsten Siedlung am Rand der Jordansenke ist es noch ein ordentliches Stück. Wir hätten die Wüste morgen hinter uns lassen und am Jordan stehen können. Jetzt dürfen wir von Glück reden, wenn wir die Strecke in drei Tagen bewältigen! Und eins sage ich dir: Du wirst noch oft fluchen und dir so manches Mal wünschen, in dieser Stunde ein weniger weiches Herz gehabt zu haben!«

6
    Noch am selben Abend brannten sie mit Henochs Messer, das sie über dem Feuer zum Glühen brachten, die eitrige Wunde aus. Gerschon drängte sie dazu. Er hätte es schon längst getan, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre. Als sich die glühende Klinge in sein Fleisch brannte, raubte ihm der Schmerz das Bewusstsein.
    »Jetzt hat er eine gute Chance, nicht am Wundbrand zu sterben«, sagte Jona, dem der Geruch des verbrannten Fleisches auf den Magen schlug.
    »Es kann aber ebenso gut sein, dass wir uns die nächsten Tage damit abplagen, einen Todgeweihten durch die Wüste zu schleppen«, bemerkte Timon trocken.
    Sie zerschnitten Gerschons Proviantbeutel und verbanden seine Wunde mit den Stoffstreifen. Als er wieder zu sich kam, gaben sie ihm zu trinken und einen halben Brotfladen zu essen. Er murmelte einen verlegenen Dank und mied insbesondere Timons Blick.
    Am folgenden Morgen nahm Jona das Römerschwert an sich und kehrte damit an das Ufer des Toten Meers zurück, und zwar an jene Stelle, wo sie tags zuvor eine Menge Treibholz zwischen den Felsen am Strand liegen gesehen hatten. Es war ein anstrengender Marsch von einer guten Stunde, bis er endlich auf den gesplitterten Weidenbaum stieß, den das Hochwasser während der letzten Winterregen hinter einigen rund gewaschenen Felsbrocken abgelegt hatte. Er hieb mit dem Schwert einen langen, fast armdicken Ast vom Stamm. Dieser Ast wies eine Gabelung auf und gab zurechtgeschnitten eine ganz passable Krücke für Gerschon ab.
    Dann machten sie sich auf den Weg. Und zwar in quälend langsamem Tempo. Denn Gerschon vermochte auch mit der Krücke nur mühselig humpelnd voranzukommen. Zudem war sein Körper viel zu geschwächt, um für längere Zeit die Anstrengung durchhalten zu können.
    Schon auf ebenem Gelände mussten sie ihn immer wieder stützen und längere Rastpausen einlegen. Aber flach und leicht begehbar war der geringste Teil der Strecke, die vor ihnen lag. Die judäische Bergwüste legte ihnen immer wieder Geröllfelder, schroffe Hänge und ein zerklüftetes

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