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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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seinem Hirtenstab von seinem Rastplatz hochgezogen und schulterte gerade seinen prallen Wasserschlauch.
    Gerschon zögerte kurz, dann rief er: »Wartet!«
    Unwillig furchte Timon die Stirn. »Was ist denn jetzt noch?«
    »Mein Leben war keine Hand voll Dreck mehr wert, als ihr auf mich gestoßen seid. Ihr hättet mich einfach dort liegen lassen können. Ich denke, ich bin euch mehr als nur ein paar Worte des Dankes schuldig.«
    »Bin wirklich gespannt, womit du uns nun beglücken willst«, sagte Timon.
    »Mit dem Angebot, dass ihr bei mir und meinen Kameraden jederzeit willkommen sein werdet, wenn es für euch mal eng wird«, antwortete Gerschon geheimnisvoll.
    »Wer deine Kameraden sind, das können wir uns schon denken«, sagte Timon. »Aber wie kommst du darauf, dass es für uns einmal eng werden könnte?«
    »Weil ihr als Schuldsklaven auf der Flucht seid«, sagte ihnen Gerschon ruhig auf den Kopf zu. »Ich habe an jenem Abend vor drei Tagen nicht geschlafen, sondern nur die Augen zugehabt und eurem Gespräch sehr aufmerksam gelauscht. Ja, ich weiß, dass ihr von eurem Herrn, einem gewissen Berechja, weggelaufen seid und dass man nach euch sucht.«
    Jona und Timon erschraken.
    Beruhigend hob Gerschon die Hand. »Keine Angst, euer Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben. Ich bin verschwiegen. Von mir wird niemand etwas davon erfahren!«, versprach er hastig. »Ich habe genug eigene Gründe, dem Gesetz aus dem Weg zu gehen. Und in den Tagen mit euch habe ich aus euren Gesprächen deutlich genug entnommen, dass auch ihr keine Freunde der Römer und ihrer Verbündeten seid.«
    »Das sind wir in der Tat nicht«, sagte Jona mit wachsamer Zurückhaltung. Der Schreck, dass Gerschon ihr Geheimnis kannte, saß ihm noch immer in den Gliedern.
    »Was sind das für Kameraden, bei denen wir angeblich immer willkommen sind?«, wollte Timon nun wissen.
    »Wir haben uns dem Widerstand gegen die Römer verschrieben und hier in den Bergen unsere Verstecke. Ich werde auch nicht die Siedlung aufsuchen, sondern zu meinen Kameraden zurückkehren. Sie werden sich schon fragen, wo ich bleibe, da ich von meinem Botendienst doch schon längst hätte zurück sein müssen«, vertraute er ihnen an.
    »Ihr seid also Zeloten!«, folgerte Jona überrascht, der Gerschon für einen gewöhnlichen Räuber gehalten hatte. Zeloten nannten sich jene radikalen patriotischen Juden, die sich geschworen hatten, die Römer mit Gewalt aus ihrem Land zu vertreiben. Es wurde viel über sie im Volk geredet, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand und mit Leuten, denen man vertraute. Die Widerständler hatten sich zu gut bewaffneten, eigenständig operierenden Banden zusammengeschlossen, die sich in den unwegsamen Schluchten des judäischen Berglandes erfolgreich versteckt hielten und der römischen Besatzungsmacht immer wieder durch Überfälle auf Patrouillen, Transporte und Lager zusetzten. Zwar fügten sie der überwältigenden Militärmacht damit nur unbedeutende Nadelstiche zu. Aber es waren oft doch recht empfindliche und vor allem ehrverletzende Nadelstiche, sprach es sich in der Bevölkerung doch schnell herum, wenn die Zeloten den verhassten Römern wieder einmal eine schmähliche, wenn auch nur winzige Niederlage zugefügt hatten. Denn wie man sich erzählte, verletzte nichts den Stolz und die Selbstherrlichkeit des Präfekten Pontius Pilatus mehr, als wenn ihm bewaffnete Juden die Stirn boten, seine Soldaten überfielen und danach auch noch scheinbar spurlos in den Bergen verschwanden. Und wann immer es seinen Soldaten durch glückliche Umstände gelang, doch einmal eine Gruppe von Zeloten zu stellen, und er sie zur Abschreckung vor den Städten ans Kreuz nageln ließ, es taten sich immer wieder neue Aufständische zusammen und führten an anderem Ort den Kampf aus dem Hinterhalt der Berge fort.
    »Ja, wir sind Zeloten, und wir zählen gut zwei Dutzend Mann«, erklärte Gerschon stolz. »Wenn ihr also einmal nicht wisst, wohin ihr sollt, und Schutz braucht, kommt zu uns!«
    »Na klar, da rufen wir einfach mal ›Gerschon, komm heraus und bring uns zu deinen Zeloten!‹ in die Wadis hinein!«, sagte Timon ironisch.
    Gerschon grinste. »Keine Sorge, ich sage euch schon, wie ihr mich und meine Freunde finden könnt. Also hört genau hin, damit ihr es nicht vergesst«, sagte er und beschrieb ihnen nun den Weg. Er beschrieb ihnen jedoch nicht, wie sie in das Versteck der Zeloten gelangten, sondern wo sie in der Nähe warten und auf welche Art sie ihn und

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