Der geheime Auftrag des Jona von Judaea
Spähkommando?«, rief Barabbas ihm ungläubig zu.
Gareb schüttelte den Kopf, wischte sich mit einem Zipfel seines Kopftuches den Schweiß vom Gesicht und rang nach Atem. Von seinem weit unterhalb liegenden Wachposten so schnell wie möglich herauf ins Versteck zu klettern, hatte ihn sichtlich angestrengt. »Nein, eine Patrouille kann es nicht sein. Es sind zehn Soldaten, die für ein Suchkommando viel zu leicht bewaffnet sind!«, berichtete er, während die Männer ihn umringten. »Außerdem sind sie mit einem offenbar recht schwer beladenen Pferdewagen unterwegs. Wie es aussieht, schlagen sie im Akazienhain des Wadi ihr Nachtlager auf.«
»Was will eine römische Abteilung mit einem schweren Fuhrwerk im Wadi Ajin?«, rätselte Gerschon. »Das Wadi geht doch in eine völlig unwegsame Schlucht über!«
»Jaftah meint, die Soldaten müssen mit dem Gelände nicht vertraut und oben am Hammelkopf falsch abgebogen sein«, teilte ihnen Gareb mit. »Er vermutet, dass sie aus Norden oder Westen kommen und wohl nach Jerusalem unterwegs sind.«
Gerschon grinste schadenfroh. »Ja, wenn man sich nicht auskennt, am Hammelkopf nicht aufpasst und den breiten Sandweg, der da genau nach Süden führt, für die Landstraße nach Jerusalem hält, geht man in die Irre und landet schließlich in der Sackgasse vom Wadi Ajin.«
»Und es sind nur zehn leicht bewaffnete Soldaten?«, vergewisserte sich Barabbas.
Gareb nickte. »Keine Bogenschützen, keine schweren Rüstungen und Waffen. Nichts, was auf reguläre Kampftruppen deuten würde. Und der Wagen ist eindeutig mit Fässern beladen. Sieht alles nach einem gewöhnlichen Transportkommando aus, das sich in unser Revier verirrt hat. Ich glaube nicht, dass die Römer wissen, dass es dort unten eine kleine Quelle gibt. Dann wären sie wohl kaum an der Wasserstelle vorbeigezogen, sondern hätten dort ihr Lager aufgeschlagen, statt fast eine halbe Meile oberhalb davon bei den Akazien und Krüppelbüschen Halt zu machen.«
Barabbas blickte in die Runde seiner Kameraden und verkündete mit einem grimmigen Lächeln: »Männer, es sieht so aus, als wäre das Glück endlich mal wieder auf unserer Seite. Das ist die Gelegenheit, auf die wir schon lange gewartet haben!«, verkündete er. »Ich sage euch, wir erteilen den verfluchten Römern mal wieder eine blutige Lektion und zeigen ihnen, wie willkommen sie in unserem Land sind!«
Die Zeloten beantworteten die Aufforderung ihres Anführers, die römischen Soldaten zu überfallen, mit stürmischer Begeisterung. Endlich zeigte sich das Glück auf ihrer Seite! Die letzten Streifzüge hatten nämlich so wenig eingebracht, dass sich Barabbas gezwungen gesehen hatte, ihre letzten Ersparnisse zusammenzukratzen und ein Kommando von fünf Mann zu einer Siedlung bei Jericho zu schicken, um ihre arg zusammengeschrumpften Vorräte wieder aufzufüllen. Denn auch bei karger Lebensweise bedurfte es einiges, um zwei Dutzend Männer bei Kräften und bei Laune zu halten. Und jetzt stand neben der Rache an den Römern endlich mal wieder reiche Beute in Aussicht!
Die Einzigen, die nicht in diesen Jubel mit einstimmten, waren Jona und Timon. Verstohlen warfen sie sich erschrockene Blicke zu und mussten sich sehr zusammenreißen, um sich ihre Bestürzung nicht anmerken zu lassen. Denn sie wussten sofort, was ihnen nun bevorstand.
»Bis ins Wadi Ajin hinunter brauchen wir eine gute Stunde«, sagte Barabbas mit einem Blick auf die tief stehende Sonne. »Dann ist es schon Nacht, die beste Zeit für einen Überfall. Uns fehlen zwar fünf Männer, aber mit zehn ahnungslosen Soldaten werden wir auch so fertig. Denen werden wir zeigen, wozu Zeloten fähig sind! Also, holt eure Waffen, Männer! Und nehmt eure Wasserschläuche mit. Das ist eine gute Gelegenheit, sie unten an der Quelle aufzufüllen! Und dann nichts wie los!«
»Und was jetzt?«, raunte Jona seinem Freund zu, während sich die Versammlung auflöste und jeder zurück in die Höhle lief, um seine Waffen zu holen.
»Wäre wohl besser gewesen, wir hätten uns schon vor Tagen abgesetzt«, gab Timon leise zurück. »Denn jetzt sitzen wir in der Falle. Wenn wir uns weigern mitzumachen, ist unser Leben vermutlich keine Fingerspitze Mehl mehr wert!«
Augenblicke später winkte Barabbas sie zu sich. »So, jetzt könnt ihr beweisen, was ihr taugt!«, rief er ihnen fröhlich zu und drückte Timon ein Schwert in die Hand. »Du kannst schon ganz ordentlich mit so einer Klinge umgehen, wie die Übungen mit Gerschon
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