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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Armee aufzubauen, die es mit den Kohorten des Pontius Pilatus aufnehmen konnte.
    »Dummes Zeug! Dafür ist die Zeit noch längst nicht reif!«, hielt Barabbas ihm stets schroff entgegen. Er baute weiterhin auf den zermürbenden und demoralisierenden Kleinkrieg gegen die Römer und ihre Kollaborateure. Jeder von ihnen hatte seine Anhänger, wobei Barabbas jedoch die Mehrzahl der Männer auf seiner Seite wusste.
    »Bileam ist immer anderer Meinung als Barabbas, schon aus Prinzip«, sagte Gerschon in den ersten Tagen nach einem derartigen Streit abfällig. »Er kann es nicht verwinden, dass Barabbas ihn bei der Wahl zum Anführer glatt geschlagen hat. Irgendwann wird er ihn noch mal bis aufs Blut reizen, und dann wird der Streit nicht mehr mit Worten, sondern mit der blanken Klinge ausgetragen - und zwar ein für allemal!«
    Mit einer Mischung aus Bangen und Erregung nahmen Jona und Timon gegen Ende der dritten Woche an ihrem ersten bewaffneten Streifzug teil. Fünfzehn Mann stark, stiegen sie bei Nacht vom Berg. Zwei Späher liefen vorweg und vergewisserten sich, dass ihnen von nirgendwoher Gefahr drohte, während ihnen der Rest der Gruppe mit einem Abstand von gut einer Meile folgte.
    Ihr Ziel war an diesem Tag die berüchtigte Adummimsteige, was »Blutsteige« bedeutete. Dort wartete auf den Reisenden, der aus Jericho kam und der bergan führenden Landstraße nach Jerusalem folgte, der erste steile Aufstieg hinauf zu einer mit rotem Gestein bedeckten Höhe.
    Für die Dauer von einer knappen Stunde hielten sie jeden vorbeikommenden Reisenden an und verlangten von ihm einen gesalzenen Wegzoll. Dass sie ihre eigenen jüdischen Mitbürger unter Androhung von Waffengewalt zur Herausgabe von Geld und Waren pressten, bereitete keinem Zeloten Gewissensbisse. Nur wessen bittere Armut offensichtlich war, kam ungeschoren durch ihre Wegsperre.
    »Ich sehe euch an, dass ihr euch am liebsten uns anschließen und mit uns gegen die verfluchten Römer und ihre willigen Helfer kämpfen würdet, dass ihr aber Familien zu ernähren habt und daher nicht zu uns Zeloten stoßen könnt«, sagte Barabbas mit bissigem Spott zu zwei Händlern, die bei seiner Forderung, ihre Geldbeutel zu zücken, ganz blass im Gesicht wurden. »Und genauso deutlich sehe ich euch an, dass ihr nichts lieber tut, als unsere gemeinsame Sache wenigstens durch ein paar lumpige Denare zu unterstützen!… Also dann, nur keine falsche Scham, Freunde! Raus mit den Geldbeuteln, und lasst die Münzen klingen!«
    Wer sich mit Olivenöl, Trockenfrüchten, Datteln, Mehl, Salz und anderen Nahrungsmitteln freikaufen konnte, der kam immer etwas billiger davon. Stets kauften sie durchreisenden Händlern zusätzlich zum erpressten Teil noch Ware ab. Denn je mehr sie auf diese Weise schon an Lebensmitteln bekommen konnten, desto weniger brauchten sie anderswo zu organisieren, was stets lange, anstrengende Nachtmärsche zu fern gelegenen Dörfern nötig machte.
    »Abmarsch!«, befahl Barabbas schon nach einer knappen Stunde. Länger durften sie nicht bleiben, wenn sie das Risiko der Verfolgung durch römische Soldaten gering halten wollten.
    »Was für ein erhebendes Erlebnis, dabei gewesen zu sein, wie sieben harmlosen jüdischen Reisenden Wegzoll abgepresst wurde! Die Zöllner des Pontius Pilatus und Herodes Antipas können es bestimmt nicht besser!«, murmelte Timon spöttisch, als sie sich auf den Rückweg machten. »Wirklich ein tapferer Kampf, den wir todesmutige Zeloten heute gegen die römische Besatzungsmacht geführt haben! Wenn Pilatus davon erfährt, wird er vor Angst um seine Zukunft zittern - natürlich vorausgesetzt, seine Speichellecker wagen es überhaupt, ihm diese erschreckende Nachricht zu überbringen!«
    »Spektakulär war dieses Unternehmen wahrlich nicht«, stimmte Jona ihm zu. Insgeheim war er jedoch ganz froh, dass sich dieser bewaffnete Beutezug als eine Art von Wegelagerei herausgestellt hatte und dass er vor allem unblutig verlaufen war.
    Diese gelegentlichen Streifzüge, die ihrer Versorgung dienten und die sie in den nächsten Monaten an immer andere Orte führten, auch westlich von Jericho und sogar bis an den Jordan, erwiesen sich auch weiterhin als kampflose und unblutige Erpressungen von Wegezoll.
    Von einer dieser Unternehmungen in den letzten Tagen des Monats Ab 32 , zu der Jona und Timon nicht eingeteilt worden waren, kehrte Bileam nicht wieder zurück. Sein Leichnam lag irgendwo in einer Schlucht südlich von Jericho verscharrt. Es hatte auf

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