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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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welche Aufgaben ihr übernehmt, darüber reden wir morgen mit Barabbas. Waffen werden wir euch später zuteilen. Damit hat es keine Eile.« Er zeigte ihnen noch, wo er seinen Schlafplatz hatte und wo sie es sich bequem machen konnten, und dann setzten sie sich mit ihm an eines der Kochfeuer und teilten ihre erste Mahlzeit mit den Aufständischen.
    In dieser ersten Nacht im Versteck der Zeloten konnte Jona lange nicht einschlafen. Wach lag er auf seinem harten Lager und starrte mit klopfendem Herzen in die Dunkelheit der Höhle. Er spürte, dass auch Timon neben ihm keinen Schlaf finden konnte, weil ihm vermutlich ebenso viel durch den Kopf ging wie ihm.
    Und als hätte Timon seine geheimsten Gedanken erraten, flüsterte er ihm plötzlich zu: »Jetzt gehören wir zu den Zeloten!... Auf was haben wir uns da bloß eingelassen?«
    Jona schluckte. »Ich... ich weiß es auch nicht«, raunte er zurück und wollte noch hinzufügen, dass er hoffte, ihren Entschluss nicht schon bald bitter zu bereuen. Aber diese Angst wagte er nicht auszusprechen.

5
    Schneller als angenommen wurde das Zusammenleben mit den Zeloten in den Bergen zwischen Jericho und Jerusalem für sie zum gut organisierten Alltag mit all seinen vertrauten wie ermüdenden Wiederholungen. Schon nach wenigen Wochen gehörten dazu sogar die vielfältigen Gefahren, die ein solches Leben mit sich brachte. Ein Leben am Abgrund, und das in mehr als einer Hinsicht.
    Die größte Gefahr drohte ihnen dabei nicht von römischen Spähern oder Patrouillen, sondern von der Lage ihres Verstecks, dem Wetter und ihrer eigenen Unachtsamkeit. Der Hochsommer geißelte das Land mit sengender Hitze und ihr täglicher Wasserbedarf war enorm. Barabbas bestand darauf, dass sich in der Zisterne stets genug Wasser befand, um im Notfall mehrere Tage in der Höhle aushalten zu können, ohne in jene Schlucht hinuntersteigen zu müssen, wo sich die nächste Quelle befand. Und das bedeutete, dass täglich mindestens zwei Dutzend prall gefüllte Wasserschläuche heraufgeschafft werden mussten.
    Diese mühseligen Klettertouren, die schon im hellen Licht des Tages große Trittsicherheit und Aufmerksamkeit erforderten, fanden jedoch im Schutz der Dunkelheit statt, zumal ihnen dann auch die Hitze nicht so zusetzte. In den ganz frühen, noch dunklen Morgenstunden brach eine meist zehn- bis fünfzehnköpfige Gruppe zum Wasserholen auf. Jeder band sich zwei Wasserschläuche auf den Rücken. Und noch bevor die ersten Strahlen der Morgensonne nach den Bergspitzen griffen, kehrten die Männer nach fast dreistündigem Ab- und Aufsteigen wieder in das hoch gelegene Versteck zurück.
    Auch Jona und Timon mussten jeden zweiten Tag an solch einem nächtlichen »Versorgungsausflug« teilnehmen, wie Barabbas diese gefährlichen Kletterpartien nannte. Sie hätten es in der ersten Woche nie für möglich gehalten, dass sie schon bald mit schwerer Last auf dem Rücken über die Schwindel erregenden, schmalen Felsgrate steigen und die steilen Leitern erklimmen würden, ohne dass die Angst ihnen den Magen zusammenkrampfte und den Schweiß aus allen Poren trieb. Doch das Gelände mit all seinen Gefahren wurde ihnen mit den Wochen und Monaten so vertraut, dass es jeden Schrecken für sie verlor und sie meinten, den Weg jetzt sogar mit verbundenen Augen allein zurücklegen zu können.
    Bis auf die Wachposten verbrachten die Zeloten den größten Teil des Tages in den hinteren Gewölben der Höhle, wo der Fels für kühlere Temperaturen sorgte und sie so einigermaßen vor der glühenden Hitze des Sommers schützte, die auf dem Bergland lastete. Wenn die Männer nicht schliefen, vertrieben sie sich die Zeit mit allerlei Beschäftigungen, zu denen in erster Linie die Pflege von Kleidung, Schuhwerk und Waffen zählte. Würfel- und Kartenspiele erfreuten sich besonders großer Beliebtheit unter den Zeloten, obwohl diese Spiele nicht selten zu Streit und manchmal sogar zu Prügeleien führten.
    Es wurde auch viel über die politische Lage des Landes geredet und wie man das Volk wohl am besten dazu bewegen könne, sich geschlossen gegen die römische Besatzungsmacht zu erheben und sie aus dem Land zu vertreiben. Dies führte häufig zu hitzigen Diskussionen, bei denen sich Bileam und Barabbas über die erfolgversprechendste Vorgehensweise in die Haare gerieten. Bileam trat dafür ein, vorerst von weiteren Überfällen abzusehen, Kontakte zu anderen Zelotengruppen im Land herzustellen und im Geheimen eine schlagkräftige

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