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Der geheime Brief

Der geheime Brief

Titel: Der geheime Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Ernestam
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vielen Reisejahren nach Hause kommen. Und hier war sie offenbar immer wieder im Krankenhaus. «
    »Es ist ja logisch, dass man von einem solchen Leben krank wird.«
    »Ja, wirklich. Solveig will versuchen, die Telefonnummern von Leas Angehörigen zu besorgen, falls mich das interessiert. Denn es sieht so aus, als ob Lea den Brief an meine Großmutter geschrieben hätte. Lea war dafür bekannt, nie ein Blatt vor den Mund zu nehmen Sie hatte keinen Kontakt zu unserer Familie. Aber offenbar wussten viele meiner Verwandten, wer sie war.«
    »Interessiert dich das?«
    »Ich weiß nur, dass dieser Brief dafür gesorgt hat, dass ich wenigstens für kurze Zeit nicht an Mårten gedacht habe. Vielleicht hab ich durch den Brief erkannt, dass ich nur sehr wenig über meine nächsten Angehörigen weiß. Meine Familiengeschichte
hat quasi ein Ende genommen, als mein Vater krank wurde und sich unsere Familie nicht mehr auf Marstrand getroffen hat. Nach der Scheidung meiner Eltern natürlich.«
    Niklas füllte die Gläser.
    »Der Familie kann man nicht entkommen«, sagte er.
    »Wie meinst du das?«
    »Dass wir unserer Familie nicht entkommen können. Wenn wir Probleme mit Freunden, Kollegen oder Nachbarn haben, können wir den Kontakt abbrechen. Das ist nicht immer angenehm und wünschenswert, aber möglich. Aber versuch mal, mit deiner Verwandtschaft zu brechen.«
    »Du scheinst sehr viel darüber nachgedacht zu haben.«
    Niklas spielte zerstreut mit dem Salzstreuer.
    »Du kennst meinen Vater und weißt, ich hätte mir keinen besseren wünschen können. Und mit meiner Mutter verstand ich mich auch gut. Aber ich habe es bei anderen gesehen.«
    »Anita?«
    »Ja, unter anderem. Sie war erst sechs Jahre alt, als sich ihr Vater absetzte. Da sie ein Einzelkind ist, stehen sie und ihre Mutter sich sehr nahe. Die Mutter hat eine Boutique, in der Anita praktisch aufgewachsen ist. Das hat alles gut geklappt. Anitas Mutter sieht sehr jung aus. Man könnte die beiden für Schwestern halten, manchmal benehmen sie sich auch so. Sie telefonieren jeden Tag miteinander. Manchmal mehrfach.«
    »Wie findest du das?«
    »Gelegentlich stört es mich. Auch wenn ich Anitas Mutter gern mag. Sie ist immer fröhlich und ungeheuer tatkräftig. Anita ist auch ein bisschen so. Ungeheuer energisch manchmal. Keine von ihnen würde aus Angst irgendetwas unterlassen.«
    »Sie scheinen stark zu sein.« Sie wollte nicht neidisch wirken, weil diese Anita offenbar mit allen Problemen fertigwurde. »Ist es ernst?«

    »Du meinst, ob ich sie liebe?« Niklas’ Stimme klang ein wenig neckisch.
    »Ob du sie mehr liebst als deine anderen … nein, verzeih, das war nicht so gemeint. Ich wollte nur wissen, ob das hier halten wird. Lange.«
    Niklas stand auf und legte eine neue Musik ein. Saxophon in weicher Jazzabfüllung. Irgendwann hatte er gesagt, er wolle auf seiner Geige Jazz spielen.
    »Wie soll man das wissen? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wenn nicht, hat es eben nicht sein sollen.«
    Sie schwiegen eine Weile. Dann redeten sie gleichzeitig drauflos.
    »Willst du Kaffee?«
    »Soll ich ein paar Papiere aus dem Karton holen?«
    Stuhlbeine schrammten über den Boden. Sie lief in die Diele und bemerkte erneut den schönen Mantel. Sie selbst hatte sich nie für Niklas schön gemacht. Auch jetzt nicht. Sie trug einen italienischen Pullover, den sie in einem Regal im Sommerhaus gefunden hatte. Die Haare fielen unordentlich über den Rücken. Nicht einmal eine Andeutung von Schminke. Gute Freunde wie Niklas hatten sie ohnehin in jedem erdenklichen Zustand gesehen. Am einen Tag für ein Fest herausstaffiert, am Tag danach verschlafen.
    Als sie mit den Papieren und dem Briefumschlag in der Hand zurückkam, hatte Niklas eine Messingkanne auf den Tisch gestellt. Es duftete nach Kardamom und Safran.
    »Wie geht es eigentlich Peter?«
    »Erstaunlich gut. So sieht es jedenfalls aus. Vielleicht will er mich schonen und spricht deshalb nicht darüber, wie traurig er ist. Als ich beschloss, hierherzufahren, war er so beunruhigt, dass er nachkommen wollte. Das habe ich ihm natürlich ausgeredet. Er muss sein eigenes Leben leben können. Es war hart
genug für ihn, seinen Vater zu verlieren. Er soll nicht auch noch meine Trauer tragen müssen. Aber es geht ihm wirklich gut. Er fühlt sich wohl in Umeå. Er hat da oben viele Verwandte meiner Mutter getroffen, die ich seit der Beerdigung nicht mehr gesehen habe. Apropos Verwandtschaft.«
    »Und deine Mutter?«
    »Louise und ich

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