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Der geheime Brief

Der geheime Brief

Titel: Der geheime Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Ernestam
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für ein Jahr hinzukommen, mit der Möglichkeit einer Verlängerung, und sie sorgen für alles. Wohnung, Reisen, was auch immer. Gutes Gehalt. Außerdem baut Dubai ein vorbildliches Gesundheitssystem auf. Anita wird dort mit ihren Kenntnissen in Biologie und Chemie leicht Arbeit finden. «
    »Arbeit zu finden war noch nie ein Problem. Wenn sich nicht vorher alles klärt, klärt es sich vor Ort.« Bei Anita hörte sich das alles sehr einfach an. »Ich arbeite gern als Lehrerin«, sagte sie dann. »Aber eine solche Möglichkeit abzulehnen wäre dumm. Man muss mitnehmen, was man kriegen kann.«
    »Entschuldigt mich.«
    Inga stand auf und ging zur Toilette, noch immer die eine Faust um die Serviette geballt. Dann überlegte sie es sich anders und ging zum Ausgang. Sie stieß die Tür auf, lief ein Stück die Straße entlang und suchte Zuflucht in einem Hauseingang. Der Regen lief unter ihren Kragen.
    Es ging nicht um Dubai oder Niklas’ Pläne oder die Behauptung, man müsse alles mitnehmen oder könne jederzeit und überall Arbeit finden. Sondern um alles. Der Schmerz über den Verlust nicht nur ihres Mannes, sondern auch ihres Mutes. Dass sie jemand geworden war, der in einem Sommerhaus saß und sich mit Belanglosigkeiten beschäftigte.
    »Hassema ne Zigarette?«

    Die Kleider des Mannes waren schmutzig, seine wenigen verbliebenen Zähne verfärbt.
    »Geld für’n Kaffee?«
    Wieder schüttelte sie den Kopf.
    »Weinssu?«
    Sie gab keine Antwort. Der Mann verschwand, aber der Alkoholgestank hing noch immer in der Luft. Dann stand er mit zwei Tassen Kaffee vor ihr. Sie stammten aus dem Laden nebenan. Sie streckte die Hände aus, nahm die Tasse mit beiden Händen und trank vorsichtig. Und fühlte sich belebt.
    »Milch?«
    Der Mann suchte in seinen Taschen und zog eine Portionspackung hervor. Sie stellte die Tasse auf den Boden und goss die Milch hinein. Als sie sich wieder aufrichtete, sah sie, dass der Mann gegenüber trank, als ob er seit langem nichts Warmes mehr bekommen hätte. Seine Finger waren rot gefroren, auf der Wange hatte er eine entzündete Wunde. Vielleicht hatte es so angefangen. Vielleicht war auch dieser Mann aus einem Restaurant gestürzt und hatte sich in einen Hauseingang gestellt, um nie wieder in die Normalität zurückzukehren. Sie schuldete ihm eine Erklärung.
    »Mein Mann ist tot.«
    Der Fremde nickte langsam.
    »Wie war der’n so, dein Mann?«
    »Er war immer für mich da.«
    Dann hörte sie Schritte und merkte zugleich, dass sie durchnässt war. Ihr zerlumpter Kaffeepartner verschwand, ehe sie ihm danken konnte. Als Niklas sie zurück zum Restaurant zog, war sie zu allem bereit. Sie kam ihm zuvor.
    »Können wir jetzt nach Hause fahren?«
    »Ja«, sagte er nach einer Weile. »Jetzt können wir nach Hause fahren.«

     
    Sie döste auf dem Heimweg ein. Sie war überzeugt gewesen, dass auch Anita nach Marstrand fahren wollte. Zu ihrer Überraschung hielt ihr Anita die Hand hin und sagte, dass sie in Göteborg übernachten würde. Ihre Mutter brauche Hilfe bei der Buchführung. Aber später wollte sie nach Marstrand kommen, und dann würden sie sich sicher wiedersehen. Anita umarmte sie, das Mitgefühl in ihren Augen war echt. Dann war sie verschwunden.
    Niklas hatte die Sitzheizung eingestellt, ihr Rücken erwärmte sich. Im Hintergrund ertönte die schöne Geigenmusik, die sie schon bei Niklas gehört hatte. Er fuhr konzentriert und ziemlich schnell. Ab und zu sah er zu ihr herüber.
    »Warum hast du nicht erzählt, dass du nach Dubai gehen willst?«
    »Es ergab sich nicht die richtige Gelegenheit.«
    »Was verstehst du unter der richtigen Gelegenheit?«
    »Wir haben doch über andere, wichtigere Dinge gesprochen. «
    »Dass du ins Ausland umziehen willst, ist ja wohl auch wichtig? «
    »Nicht umziehen. Ich spiele mit dem Gedanken, einen Projektauftrag zu übernehmen. Für einen begrenzten Zeitraum. «
    »Bei Anita hat sich das aber nicht so angehört. Oder bei dem, was du heute Abend gesagt hast.«
    »Aber so ist es jedenfalls. Ich habe noch nichts unterschrieben. «
    »Du scheinst Zweifel zu haben.«
    Regentropfen tanzten im Licht der Autoscheinwerfer.
    »Habe ich nicht. Aber ich muss vorher noch allerlei organisieren. Das Haus muss vermietet werden, und ich muss eine Lösung für meinen Vater finden. Er ist ja längst nicht so rüstig
wie Anitas Mutter. Die spielt sogar mit dem Gedanken, sich auch für eine Weile in Dubai niederzulassen.«
    »Bei euch?«
    »Nein, nein. In einer eigenen

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