Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geheime Brief

Der geheime Brief

Titel: Der geheime Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Ernestam
Vom Netzwerk:
dann einige Säcke in einem Schuppen in Hafennähe verstaut. Das geschah nachts und war nicht ungefährlich. Im Fall ihrer Entdeckung hätten sie gesagt, sie transportierten die Ware auf Befehl von ehrsamen Kaufleuten. Dann hatten sie gewartet und beobachtet, aber noch immer schien niemand zu reagieren. Nach einer Weile hatten sie auch den Rest geholt, und jetzt war das ganze Lager verlegt worden. Jakob und die anderen spürten, dass sie auf einem Vermögen saßen, aber sie hatten keine Ahnung, wie sie die Ware zu Geld machen könnten und wer das übernehmen sollte.
    Langsam zog er eine Handvoll Bohnen hervor und legte sie auf den Tisch. Da lagen sie, glänzend und fett wie Kakerlakenrücken, und erinnerten an andere Zeiten. Lea holte die Kaffeemühle und mahlte sie. Sie setzte den Kessel auf. Bald blubberte er auf dem Herd und verbreitete Kaffeeduft in der Kammer.
Andächtig goss sie die kostbaren Tropfen ein, und wir, die wir bei Signe echte Ware gekostet hatten, wussten, dass der Trank von höchster Qualität war.
    Lea schien nachzudenken.
    »Es gibt neben der Fabrik einen Schuppen, wo Leder und anderes Material gestapelt werden«, sagte sie. »Wir könnten die Kaffeesäcke dort unterbringen und es vertrauenswürdigen Personen stecken, damit sie dort Kaffee holen und bezahlen können. Die Waren dorthin zu bringen kann doch wohl nicht schwer sein?«
    Jakob meinte, einer seiner Bekannten könnte einen Pferdewagen organisieren. Sie transportierten ihre Kisten und Säcke oft durch die ganze Stadt, auch nachts.
    Lea nickte und strich sich über das Muttermal auf ihrer Wange.
    »Ich kann mit Ruben sprechen«, sagte sie. »Er kennt Carl Ottos geschäftliche Kontakte. Sie treffen sich ab und zu auf ein Glas nach Vertragsunterzeichnungen. Außerdem weiß er oder kann herausfinden, wo Carl Otto Lebensmittel und Brennholz eintauscht. Wenn wir ihn das Gerücht verbreiten lassen, werden wir bald mehr als genug Kunden haben. Der Schuppen liegt so geschützt, dass wir unbehelligt den Verkauf aufziehen können. Die Leute fragen jetzt sowieso nicht mehr als unbedingt nötig.«
    Jakob schaute sie überrascht an und fragte, woher sie diesen Geschäftssinn habe. Er hatte ja begriffen, dass sie in der Fabrik befördert worden war, aber das hier? Lea antwortete, hier sei die Rede von gesundem Menschenverstand. Er habe eine Frage gestellt. Sei es da so seltsam, dass sie, als Frau, eine Antwort und einen Vorschlag gehabt habe? Jakob wehrte ab, beteuerte, echten Respekt vor der Intelligenz von Frauen zu haben, und schlug vor, mit seinen Arbeitskollegen zu sprechen. Man dürfe
das Glück im Hafen nicht allzu lange herausfordern. Aber wie würde sie eine Entdeckung vermeiden? Würde der Fabrikant die Säcke nicht bemerken?
    Lea antwortete, dass Carl Otto nicht sehr oft in den Schuppen ging und die Säcke natürlich nicht lange dort bleiben würden. Die Suche nach einem Aufseher solle Jakob ihr überlassen.
    Ich saß daneben und fand, wir hörten uns an, als ob wir wirklich in den Schwarzmarkthandel einsteigen wollten. Ob das nicht eine Nummer zu groß für uns wäre? Jakob wandte sich mir zu und erzählte, ohne dass ich gefragt hatte, dass er auf die Art das Geld für den Rollstuhl und die Schreibmaschine zusammengebracht hätte. Er hatte mit einigen Kollegen Waren beiseitegeschafft und verkauft, und das ohne schlechtes Gewissen. Man musste den Schwächeren helfen, so einfach war das. Wer könnte anderen einen Schluck Kaffee missgönnen, und sei es zu hohen Preisen? Es wurde immer schwerer, Schnaps zu besorgen, und auch, wenn er selbst keinen trank, gab es doch arme und elende Teufel genug, die eine Stärkung brauchten, und Hoffmanns Tropfen waren ein schlechter Ersatz. Muckefuck verursachte außerdem Magenprobleme und Blutarmut. Außerdem, sagte Jakob, habe zumindest er vor, seinen Verdienst zu einem guten Zweck zu nutzen. Das Schmuggelgeld solle in ein barmherziges Werk einfließen.
    Lea nickte und meinte, endlich rede er wie eine Frau, da könne noch etwas aus ihm werden. Dann schickte sie ihn in den Hafen und bat ihn, sofort mit seinen Kollegen zu sprechen. Er stand auf, küsste mich auf die Wange und verschwand. Mir blieb Leas Grinsen.
    »Bist du so klug gewesen, wie ich dir geraten habe?«
    »Es ist nicht so, wie du glaubst.«
    »Und was glaube ich?«
    Lea fing an, sich auszuziehen. Ich sah weiße Haut, die Rundung
des Bauches und die Brüste, die, das war mir klar, jeden um den Verstand bringen könnten. Aber als ich mein Leibchen

Weitere Kostenlose Bücher