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Der geheime Garten

Der geheime Garten

Titel: Der geheime Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Hodgson Burnett
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Schiff nach England zu ihrem Onkel, Mr. Archibald Craven, der in dem Herrenhaus Misselthwaite wohnte, fahren würde, wirkte Marys Gesicht wie versteinert. Sie schaute wortlos vor sich hin. Mrs. Crawford versuchte freundlich zu sein und wollte Mary küssen. Mary drehte ihr Gesicht weg und blieb abweisend, auch als Mrs. Crawford ihr wohlwollend auf die Schulter klopfte.
    »Sie ist noch schrecklich kindlich und hilflos«, sagte Mrs. Crawford nachher voll Mitleid. »Und dabei war ihre Mutter so ein hübsches Geschöpf; sie hatte eine reizende Wesensart. Mary dagegen hat eine unfreundliche Art, wie ich es noch nie bei einem Kind erlebt habe. Die Kinder nennen sie trotzige Mary . Das ist natürlich sehr ungezogen von ihnen, aber ich kann es verstehen.«
    »Vielleicht wäre Mary liebenswürdiger geworden, wenn ihre Mutter ihr reizendes Gesicht und ihre reizende Art häufiger im Kinderzimmer gezeigt hätte«, sagte Mr. Crawford.
    »Ich glaube, sie hat das Kind kaum jemals richtig angeschaut«, seufzte Mrs. Crawford. »Nachdem ihre Ayah tot war, hat sich keiner um das kleine Ding gekümmert. Denk nur, die Diener liefen weg, und Mary blieb allein in dem verlassenen Bungalow zurück. Oberst McGrew sagte, er sei vor Schreck fast umgefallen, als er die Tür öffnete und das Kind mitten im Raum stehen sah.«
    Mary machte die lange Reise nach England unter der Obhut der Frau eines Leutnants, die ihre Kinder in ein Internat bringen wollte. Die Dame war sehr mit ihren eigenen Kindern, einem Jungen und einem Mädchen, beschäftigt und froh, als sie das ihr anvertraute Kind einer Frau übergeben konnte, die Mr. Archibald Craven nach London geschickt hatte, um sie dort zu treffen. Die Frau hieß Mrs. Medlock und war Haushälterin im Herrenhaus Misselthwaite. Sie war eine kräftige Frau mit sehr roten Backen und scharfen blauen Augen. Sie trug ein rotes Kleid und einen schwarzen Seidenmantel mit Jettfransen, dazu eine schwarze Haube mit purpurnen Samtblumen, die aufrecht standen und zitterten, sobald Mrs. Medlock den Kopf bewegte. Mary mochte sie überhaupt nicht leiden, aber da sie eigentlich nie jemand leiden konnte, war das weiter nicht bemerkenswert. Außerdem war es ziemlich klar, daß Mrs. Medlock ihrerseits nicht viel von Mary hielt.
    »Du meine Güte! Was für ein jämmerliches kleines Ding«, sagte sie, »und dabei soll ihre Mutter eine solche Schönheit gewesen sein. Sie hat nicht viel davon abbekommen, nicht wahr, Madam?«
    »Vielleicht wird es besser, wenn sie älter ist«, sagte gutherzig die Frau des Leutnants. »Wenn sie nur nicht so gelb aussähe und so unfreundlich dreinschaute! Ihre Gesichtszüge sind eigentlich fein. Kinder ändern sich oft schnell.« »Da müßte sie sich allerdings sehr verändern«, sagte Mrs. Medlock. »Ich könnte nicht sagen, wie sich ein Kind ausgerechnet in unserem Herrenhaus zum Guten ändern sollte.«
    Die Frauen dachten, daß Mary nicht zuhörte, weil sie in dem Hotelzimmer, in dem sie sich trafen, ein wenig abseits am Fenster stand. Sie beobachtete die vorbeifahrenden Autobusse und Droschken und besah die Menschen. Trotzdem hörte sie gut zu und überlegte, wie ihr Onkel und das Herrenhaus, das dazu gehörte, wohl sein mochten. Was für ein Haus war das, und was für ein Mensch war er? Was war das eigentlich — ein Buckel? Sie hatte noch nie einen gesehen. Vielleicht gab es das nicht in Indien.

    Seit sie bei fremden Leuten lebte und ihre Ayah nicht mehr hatte, fühlte sie sich einsam und hegte seltsame Gedanken, die sie früher nie gehabt hatte. Sie begann sich darüber zu wundern, warum sie nie wirklich zu jemand gehört hatte, auch als ihre Mutter und ihr Vater noch lebten. Andere Kinder hatten Vater und Mutter. Sie selbst war eigentlich nie irgendeines Menschen kleines Mädchen gewesen. Sie hatte Diener gehabt und Nahrung und Kleidung, aber niemand hatte sich etwas aus ihr gemacht. Sie wußte nicht, daß sie ein unsympathisches Kind war. Sie meinte, daß die anderen Leute unangenehm waren.
    Sie fand, Mrs. Medlock mit ihrem hochroten Gesicht und ihrer schwarzen Haube sei die unangenehmste Person, die sie je gesehen hatte.
    Als sie am nächsten Tag zu ihrer Reise nach Yorkshire aufbrachen, ging Mary mit hocherhobenem Kopf über den Bahnsteig und hielt sich so weit wie möglich von Mrs. Medlock entfernt. Sie wollte nicht, daß man glaubte, sie gehöre zu dieser Frau. Der Gedanke, jemand könnte annehmen, sie wäre Mrs. Medlocks Töchterchen, machte sie wütend.
    Aber Mrs. Medlock ließ

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