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Der geheime Garten

Der geheime Garten

Titel: Der geheime Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Hodgson Burnett
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mit Robin plauderte, benutzte er immer die Rotkehlchensprache. Drum fand Robin es weiter nicht schlimm, wenn der Junge mit den Menschen ein seltsames Kauderwelsch sprach. Das Rotkehlchen dachte, Dickon spreche so mit Menschen, weil sie die Vogelsprache nicht verstanden.
    In dem Maße, als sich Robin und sein Weibchen an die drei Kinder gewöhnten, legte sich Ruhe über das Rotkehlchennest. Und die Tatsache, daß die Brut so sicher verwahrt war, als läge sie in einer Felsenhöhle verborgen, machte das Brüten zu einer angenehmen Beschäftigung, besonders wenn man dabei alle die seltsamen Dinge beobachten konnte, die im Garten vor sich gingen. An regnerischen Tagen empfand Robins Frauchen sogar Langeweile, weil niemand in den Garten kam. Daß Colin und Mary sich bei Regenwetter auch langweilten, konnte man nicht behaupten. Als eines Morgens der Regen in Strömen vom Himmel fiel, war Colin zuerst recht ungeduldig. Er mußte ja, um nicht aufzufallen, auf dem Sofa sitzenbleiben und durfte nicht umherlaufen. Zum Glück hatte Mary wieder einen guten Einfall.
    »Colin«, sagte sie mit geheimnisvoller Miene, »weißt du eigentlich, wie viele Zimmer in diesem Hause sind?«
    »Ungefähr tausend, vermute ich«, antwortete er.
    »Es gibt ungefähr hundert, die kein Mensch benutzt. An einem Regentag habe ich einmal nachgeforscht und mir so viele angeschaut, wie ich nur wollte. Niemand weiß davon, obwohl mich Mrs. Medlock beinah ertappt hätte. Ich verirrte mich, und als ich umkehren wollte, war ich plötzlich am Ende des Flurs, an dem dein Zimmer liegt. Damals hörte ich dich zum zweitenmal schreien.«
    Colin sprang vom Sofa auf.
    »Hundert Zimmer, in die keiner geht?« fragte er, »das klingt so aufregend wie die Geschichte vom geheimen Garten. Ich schlage vor, wir gehen los und schauen sie uns an. Du könntest meinen Rollstuhl schieben, und niemand würde wissen, wo wir sind.«
    »Genau das dachte ich auch«, sagte Mary. »Keiner würde wagen, uns zu folgen. Es gibt da übrigens Gänge, in denen du ruhig ein bißchen gehen könntest. In diesen Teil des Hauses kommt praktisch nie jemand, es würde also kaum auffallen, wenn du aufstehst. Wir könnten sogar unsere Freiübungen machen. Und auch ein indisches Zimmer gibt es. Drin steht ein Wandschrank mit vielen Elefanten aus Elfenbein. Das Haus hat alle möglichen Sorten von Zimmern.«
    »Klingle bitte«, sagte Colin.
    Als die Schwester kam, gab er ihr seine Befehle.
    »Ich möchte meinen Rollstuhl haben«, sagte er. »Miß Mary und ich möchten uns den Teil des Hauses ansehen, der nicht benutzt wird. John kann mich bis zur Gemäldegalerie fahren, weil da ein paar Stufen sind. Dann kann er verschwinden und soll uns allein lassen, bis ich nach ihm schicke.«
    Von diesem Morgen an verloren alle Regentage ihre Schrecken. Als der Diener den Rollstuhl bis zur Gemäldegalerie gefahren und die Kinder allein gelassen hatte, sahen Colin und Mary sich entzückt an. Mary vergewisserte sich, ob John sich tatsächlich entfernt hatte, dann stand Colin auf.
    »Ich laufe jetzt von einem Ende der Galerie bis zum anderen. Dann werde ich springen, und dann schlage ich vor, daß wir Bob Haworths Freiübungen machen.«
    All dies taten sie und noch vieles andere. Sie betrachteten die Gemäldegalerie und stießen auf das Bild des kleinen Mädchens im grünen Brokat, mit dem Papagei auf dem Finger.
    »Alle diese Leute hier«, sagte Colin, »müssen Verwandte von mir sein. Das Mädchen mit dem Papagei ist sicher eine UrUrUr-Großmutter von mir. Sie sieht ein bißchen aus wie du, Mary. Eigentlich nicht so, wie du jetzt bist, aber so, wie du ausgesehen hast, als du hierher kamst. Jetzt bist du kräftiger und viel schöner.«
    »Das gilt auch für dich«, sagte Mary, und beide lachten in unausgesprochenem Einvernehmen.
    Sie gingen in das indische Zimmer und spielten mit den Elfenbeinelefanten. Sie fanden auch das Zimmer mit den rosenfarbenen Brokatvorhängen. Da war noch das Kissen, in welchem die Maus ihre Jungen versteckt hatte. Jetzt war das Nest leer. Die Kinder sahen sich viele Räume an und machten noch mehr Entdeckungen als Mary auf ihrem ersten Erkundungsgang. Sie fanden Korridore und Treppen und alte Bilder, die ihnen gefielen. Von manchen alten Gegenständen wußten sie nicht, wozu sie gebraucht worden waren. Es war ein spannender, unterhaltsamer Morgen. Das Gefühl, in einem Haus umherzuwandern, in dem sich noch viele andere Menschen aufhielten, die trotzdem meilenweit von ihnen entfernt zu sein

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