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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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Dalton betrieb keinen Hochschulsport, aber ich wette, wenn er gewollt hätte, dann hätte er es auch gekonnt. Er war groß gewachsen, kräftig und wagemutig, Eigenschaften, die ihn zu einem gefürchteten Football- oder Lacrossespieler gemacht hätten. Nur einem Sport hatte er abgeschworen: Tennis. Sein Vater – der »Kaiser«, wie er ihn nannte – hatte für Harvard Tennis gespielt, und Dalton hasste alles, was mit seinem Vater zu tun hatte, einschließlich des berühmten Familiennamens, den er von ihm geerbt hatte.
    Aus irgendeinem Grund musste ich an die seltsame Einladung denken, die ich am Morgen erhalten hatte. Wenn jemand wusste, was sie bedeutete, dann war es Dalton Winthrop, einer der reinblütigsten Harvardianer, die man sich vorstellen konnte. Er stammt aus einer Familie, die bereits um 1600 in der Gegend ansässig war – vier Jahrzehnte, bevor diese verdammte Hochschule ihre Gründungsurkunde bekommen hatte.
    »Hast du schon mal von einem Delphic Club gehört?«, fragte ich ihn.
    »Sagtest du gerade Delphic?«, fragte Dalton.
    »Ja, weißt du etwas darüber?«
    Er zögerte einen Augenblick, bevor er sagte: »Mehr als genug, aber warum interessiert dich auf einmal der Delphic?«
    »Sie haben mich für nächsten Montagabend zu einer Cocktailparty eingeladen.«
    »Willst du mich verarschen? Der Delphic hat dich zu einer Cocktailparty eingeladen?«
    »Ich hab die Einladung heute Morgen gefunden, als ich zur Vorlesung wollte«, sagte ich. »Irgendjemand scheint sie letzte Nacht oder heute früh unter meiner Tür hindurchgeschoben zu haben. Es war kein Poststempel drauf.«
    »Nichts für ungut, Spencer, aber mach dir keine allzu großen Hoffnungen«, sagte er. »Da treibt wahrscheinlich jemand einen Scherz mit dir. Der Delphic ist der geheimniskrämerischste aller endgültigen Clubs hier auf dem Campus.«
    »Was ist ein endgültiger Club?«, fragte ich.
    »Eine Geheimgesellschaft«, antwortete er. »Wie die Skulls and Bones in Yale. Aber hier in Harvard heißen sie endgültige Clubs, und ihre Mitglieder gehören zu den mächtigsten Männern der Welt. Sie hüten einige der größten Geheimnisse der Nation.«
    »Und warum sollten gerade die mich zu einer Cocktailparty einladen?«
    »Eben. Wo ist die Einladung?«
    »In meinem Rucksack.«
    »Hol sie raus und sag mir, ob du irgendwo Fackeln siehst.«
    Ich fand den kleinen Umschlag zwischen zwei Lehrbüchern. »Ja, auf der Rückseite vom Umschlag sind drei Fackeln«, sagte ich.
    »Und was ist mit dem Briefpapier?«
    »Da auch.«
    »Wieviele?«
    »Drei.«
    »Welche Farbe?«
    »Dunkelblau.«
    »Sitzt die mittlere Fackel höher oder tiefer als die beiden anderen?«
    »Tiefer.«
    »So weit, so gut«, sagte Dalton. »Nimm jetzt das Briefpapier aus dem Umschlag, dreh es um und halte es gegen das Licht. Sag mir, was du siehst, wenn du die Fackeln betrachtest.«
    Ich befolgte Daltons Anweisungen, nahm vorsichtig den Schirm von einer der teuren Porzellanlampen, die Percy in unserem gemeinsamen Raum aufgestellt hatte, und hielt die Einladung direkt vor die nackte Glühbirne. »Da ist ein dünner Kreis, und darin sind die Initialen JPM«, sagte ich. »Aber man sieht es nur, wenn man ganz nah ans Licht geht.«
    »Großer Gott, Spence, dann ist es echt!«, rief er durchs Telefon. »Der Delphic hat dich in diesem Jahr zum Kandidaten ausgewählt. Ich glaub’s einfach nicht. Wann war noch gleich diese Party?«
    Es kam selten vor, dass Daltons Stimme eine solche Erregungsstufe erreichte. Nur wenige Dinge brachten ihn so in Fahrt, und sie hatten in der Regel etwas mit Nahrung oder mit Frauen zu tun. Seine Eindringlichkeit war mit Händen zu greifen.
    »Nächsten Montag um sieben«, sagte ich. »Irgendwo in der Brattle Street.«
    »Ja, das könnte gut sein«, sagte er. »Da oben gibt’s eine Menge alte Herrenhäuser. Vermutlich die Villa eines graduierten Mitglieds.«
    »Was hat das alles zu bedeuten?«, fragte ich.
    »Zu viel, um es am Telefon zu erklären«, sagte er. »Aber es bedeutet auf jeden Fall, dass wir nur vier Tage Zeit haben, dich auf die wahrscheinlich wichtigste Party deines Lebens vorzubereiten.«

2
     
    Alles am Eliot House war großspurig. Es war nicht bloß eines der Häuser am Fluss, es war das Haus am Fluss und stand auffällig an einer der geschäftigsten Kreuzungen Harvards, an der Ecke Memorial Drive/John F. Kennedy Street. Es wäre wahrscheinlich einfacher, Ihnen die Prominenz von Eliot House zu erklären, würde man Ihnen irgendeine Hochglanzbroschüre

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