Der Geheime Orden
näher zu sich heran. Als Dalton an seiner Seite war, legte er die Hand auf Daltons Brust und sagte: »Keine weiteren Fragen, Dalty. Ich versuche, euch beide zu beschützen und die Fehler auszubügeln, die ihr bereits gemacht habt. Tut genau das, was ich euch gesagt habe, und erzählt es keiner Seele, nicht einmal deinem Vater. Gib mir dein Wort, Dalty.«
Dalton bekreuzigte sich. »Du hast mein Wort.«
Dann schaute Onkel Randolph in meine Richtung und sagte: »Ich muss mich ein paar Minuten allein mit Spencer unterhalten.«
Dalton und ich sahen uns an. »Du möchtest unter vier Augen mit Spencer sprechen?«, fragte Dalton.
Onkel Randolph nickte bestimmt.
Dalton zuckte mit den Schultern, bevor er schnell den Raum verließ und die Türen hinter sich schloss.
»Komm näher«, sagte Onkel Randolph. »Meine Stimme wird müde.«
Ich näherte mich dem alten Mann, setzte mich auf die Bettkante und steckte die Hände unter die Oberschenkel, damit er nicht sah, wie sie zitterten. Dann schaute ich in seine Augen. Sie waren groß und wässerig und von einem so blassen Blau, dass sie beinahe durchsichtig wirkten, und um die Pupillen waren trübe weiße Ringe, wie oft bei alten Leuten.
»Du bist in großer Gefahr, Spencer«, sagte er. »Halte die Augen und Ohren offen und denk gut nach, bevor du etwas entscheidest.«
Ich beobachtete, wie er ein paar Mal so flach atmete, dass seine Brust unter den dicken Decken sich kaum zu heben schien.
Dann sagte er: »Hüte dich vor falschen Propheten, die sich dir im Schafspelz nähern, denn es sind reißende Wölfe darunter. Du bist eine Bedrohung für ihre Geheimnisse.«
»Wieso ich?«
»Weil du anders bist als die anderen. Entscheide weise und vertraue nur wenigen. Du kannst es schaffen.«
»Was sind ihre Geheimnisse?«, fragte ich.
Der alte Mann ergriff meine Hand mit dem letzten Rest seiner schwindenden Kräfte. Er legte einen zitternden Finger auf meine Lippen und sagte: »Es ist keine Zeit mehr. Fahrt zur Bank und tut, was ich gesagt habe. Du bleibst im Auto, denn sie werden euch vielleicht beobachten. Erzähl Dalton nicht, was ich dir erzählt habe. Es ist zu seinem eigenen Besten.« Er deutete auf die Tür.
Ich erhob mich von seinem Bett und ging langsam durch den Raum. Bevor ich die Tür öffnete, drehte ich mich noch einmal zu ihm um. Er sah immer noch alt und gebrechlich aus, aber jetzt war ihm eine gewisse Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Erwirkte entspannt.
Im Flur stieß ich auf Dalton. Er hatte sich von Muriel bereits eine Einkaufstasche geben lassen. Schweigend eilten wir aus der Burg. Erst als wir das Anwesen verlassen und sich die Tore hinter uns geschlossen hatten, ergriff Dalton das Wort.
»Was hat er gesagt?«, fragte er.
»Er hat nur phantasiert.«
»Hat er etwas über das Schließfach gesagt?«
»Nur, dass wir seine Anweisungen genauestens befolgen sollten.«
»Ich würde meinen Hals darauf verwetten, dass dieses Buch die Geheimnisse enthält«, sagte Dalton. »Deswegen wollte er nicht, dass wir es öffnen.«
»Du hast ihm dein Wort gegeben, dass du es nicht öffnen wirst«, sagte ich.
»Aber er hat nicht gesagt, dass wir den Titel nicht lesen dürfen.«
»Wenn denn einer draufsteht. Diese Geschichte macht mich ganz nervös. Hast du die Angst in seiner Stimme gehört?«
»Er weiß, dass wir nahe dran sind«, sagte Dalton. »Er beschützt ihre Geheimnisse mit den letzten Kräften, die er noch aufbringen kann.«
Dalton fuhr auf eine Tankstelle und ließ sich den Weg zur Union State Bank in Tarrytown beschreiben. Den Rest der Strecke legten wir unter dem lähmenden Eindruck unserer Ängste schweigend zurück. Ich musste an Moss Sampson denken, an Erasmus Abbott und an den Iren, der im Charles River trieb.
Und schließlich an den Gesichtsausdruck von Onkel Randolph, als er sagte, dass er uns beide zu beschützen versuche. Alles an dieser Unterhaltung, von der Mimik bis zum Klang seiner Stimme, ließ mir kalte Schauer über den Rücken laufen.
Wir fuhren auf den leeren Parkplatz der Union State Bank, einem kleinen Backsteingebäude, das auf einer ovalen Rasenfläche stand, umgeben von hohen Kiefern. Die Bank sah zunächst geschlossen aus, doch als wir näher kamen, bemerkten wir die Lichter hinter den getönten Türen. Dalton parkte hinter dem Gebäude und sagte mir, ich solle warten. Ich beobachtete, wie er durch die Tür verschwand, und stellte mir vor, wie er nach Mr. Tippendale fragte.
Nachdem anschließend dreißig Minuten lang nichts
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