Der geheime Stern
warm und weich. “Entzückend.”
“Botschafter?” Grace schlüpfte mit Leichtigkeit in ihre Rolle. “Ich dachte immer, Botschafter wären alt und behäbig. Jedenfalls waren es die, die ich bisher getroffen habe.”
“Ich lasse Sie einen Moment mit Grace allein, Gregor, und kümmere mich um meine Gäste.”
“Ich befinde mich in den besten Händen.” Nur zögernd ließ er Graces Hand los. “Besteht da vielleicht eine Verbindung zu Niles Fontaine?”
“Ja, er ist mein Onkel.”
“Ah. Ich hatte das Vergnügen, Ihren Onkel und seine charmante Frau vor ein paar Jahren auf Capri kennenzulernen. Wir haben ein gemeinsames Hobby. Münzen.”
“Ja, Onkel Niles besitzt eine recht ansehnliche Sammlung. Er ist ganz verrückt danach.” Grace strich sich das Haar zurück und entblößte dabei eine nackte Schulter. “Woher kommen Sie, Botschafter DeVane?”
“Nennen Sie mich Gregor, bitte. Und vielleicht erlauben Sie mir, Grace zu Ihnen zu sagen?”
“Aber natürlich.” Sie strahlte ihn an.
“Ich bezweifle, dass Sie von meinem kleinen Land schon einmal gehört haben. Wir sind nur ein kleiner Punkt auf der Landkarte, hauptsächlich bekannt für unser Olivenöl und unseren Wein.”
“Terresa?”
“Es schmeichelt mir, dass eine so schöne Frau mein schlichtes Heimatland kennt.”
“Eine wunderschöne Insel. Ich war vor zwei Jahren einmal dort, und es hat mir sehr gefallen. Terresa ist ein kleines Juwel, steile Klippen im Westen, üppige Weinberge im Osten und wunderschöne Stände mit Sand so fein wie Puderzucker.”
“Sie müssen versprechen, wiederzukommen und mir zu erlauben, Ihnen das Land auf meine Weise zu zeigen. Ich besitze eine kleine Villa im Westen, der Ausblick ist fantastisch.”
“Das würde ich nur zu gern sehen. Es muss schwer für Sie sein, den Sommer im schwülen Washington zu verbringen, wenn Sie stattdessen die wunderbare Seeluft auf Terresa genießen könnten.”
“Das ist überhaupt nicht schwer. Zumindest im Moment nicht.” Er strich mit einem Daumen über ihr Handgelenk. “Ich finde die Schätze Ihres Landes zunehmend anziehend. Vielleicht hätten Sie Lust, einmal mit mir auszugehen. Mögen Sie die Oper?”
“Sehr.”
“Dann müssen Sie mir erlauben, Sie zu begleiten. Vielleicht …” Er brach ab, kaum merklich blitzte Verärgerung in seinen Augen auf, als Seth neben ihn trat.
“Botschafter Gregor DeVane aus Terresa, darf ich Ihnen Lieutenant Seth Buchanan vorstellen?”
“Sie sind beim Militär.” DeVane streckte ihm die Hand hin.
“Bei der Polizei”, entgegnete Seth knapp. Ihm gefiel dieser Mann überhaupt nicht. Als er Grace mit DeVane beobachtet hatte, hatte er kurz den Impuls gespürt, nach seiner Waffe zu greifen. Aber nicht etwa nach der Pistole, sondern tiefer an seiner Seite. Dorthin, wo ein Mann sein Schwert tragen würde.
“Ah, bei der Polizei.” DeVane blinzelte überrascht, obwohl er bereits ein komplettes Dossier über Seth Buchanan besaß. “Wie faszinierend. Bitte verzeihen Sie mir, wenn ich sage, dass ich hoffe, niemals Ihre Leistung in Anspruch nehmen zu müssen.” Elegant nahm DeVane ein Glas von einem Tablett, reichte es Seth und nahm sich dann selbst eines. “Vielleicht sollten wir auf das Verbrechen trinken. Ohne das Verbrechen wären Sie schließlich … nun, überflüssig.”
Seth musterte ihn. Er spürte ein unangenehmes Erkennen und eine tiefe Feindseligkeit, als sich ihre Blicke ineinander verhakten. Blaues Silber und dunkles Gold. “Ich trinke lieber auf die Gerechtigkeit.”
“Selbstverständlich. Trinken wir auf die Waage der Justitia und darauf, dass sie immer im Gleichgewicht bleibt.” Gregor leerte sein Glas. “Und jetzt entschuldigen Sie mich, Lieutenant, ich muss den Gastgeber begrüßen. Grace!” Er küsste erneut Graces Hand. “Ich bin zutiefst beeindruckt von Ihrer Schönheit.”
“Es war schön, Sie kennenzulernen, Gregor.”
“Ich hoffe, wir sehen uns wieder.” Er sah ihr tief in die Augen. “Sehr bald schon.”
Kaum hatte er sich umgedreht, begann Grace zu erschauern. Der letzte lange Blick des Botschafters war geradezu besitzergreifend gewesen. “Was für ein merkwürdiger Mann. Und so charmant”, murmelte sie.
Wut jagte durch Seths Körper. Er spürte das Bedürfnis zu kämpfen. “Lässt du dich immer von merkwürdigen Männern in aller Öffentlichkeit anschmachten?”
Es war kindisch, doch Grace verspürte eine gewisse Genugtuung. “Natürlich. Besser, als mich unter vier Augen
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