Der geheime Stern
dass er sie verstand. Aber nach und nach begann er, die vielen Schichten aufzudecken, die sie ausmachten. Und er wusste, dass sie noch in dieser Nacht miteinander schlafen würden.
Er sah, wie sie aus dem Haus trat, in einem knallblauen, trägerlosen und ziemlich kurzen Kleid. Er sah die endlos langen Beine, das schwarze Haar, das ihr seidig über die Schulter fiel. Er fragte sich, ob ihr Anblick jeden Mann bis ins Mark erschütterte oder ob nur er so empfänglich für ihre Reize war. Als ihm klar wurde, dass ihm beide Antworten nicht gefallen würden, ließ er die Frage fallen und stieg aus.
Ihr atemberaubendes Gesicht erstrahlte. “Ich dachte schon, du würdest es nicht mehr schaffen.” Sie lief auf ihn zu, hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen und fuhr fort: “Ich bin froh, mich geirrt zu haben.”
“Ich sagte doch, dass ich anrufe, falls ich es nicht schaffe.”
“Ja, das sagtest du.” Sie fühlte eine seltsame Erleichterung. Lächelnd strich sie den Kragen seines Jacketts glatt. “Wir fahren nach Georgetown. Sollen wir meinen Wagen nehmen oder deinen?”
“Ich fahre.” Nachdem sie sicherlich einen Kommentar über ihr Aussehen erwartete, zog er es vor zu schweigen. Er öffnete ihr die Beifahrertür.
Sie glitt auf den Sitz und zog ihre langen Beine nach. Er wollte sie anfassen, dort, wo der Saum ihres kurzen Kleides ihre Schenkel liebkoste, wo die Haut so weich schien wie Satin.
Er warf die Tür zu, lief um sein Auto herum und setzte sich hinters Lenkrad. “Wo in Georgetown?”, war alles, was er fragte.
Sie betraten ein imposantes altes Haus mit hohen Decken und schweren antiken Möbeln. Helles Licht strahlte auf wichtige Menschen herab, Menschen mit Geld und Einfluss, unter deren teure Parfums sich der Duft von Macht mischte.
Grace gehörte hierher, wie Seth feststellte. Sie verschmolz mit der Menge in dem Moment, in dem sie durch die Tür schritt und die Gastgeberin begrüßte.
Und trotzdem fiel sie aus dem Rahmen. Inmitten der schwarzen Anzüge und der blassen Pastellfarben wirkte sie wie eine strahlend blaue Flamme, an der man sich zu leicht die Finger verbrennen konnte.
Wie die Diamanten, dachte er. Einzigartig, kraftvoll, unwiderstehlich.
“Lieutenant Buchanan?”
Seth wandte den Kopf und entdeckte einen kleinen glatzköpfigen Mann, der wie ein Boxer gebaut und teuer gekleidet war. “Ganz recht. Mr. Rossi, richtig? Strafverteidiger für all jene, die genug Geld in der Tasche haben.”
Rossi kicherte. “Ich dachte doch, dass ich Sie kenne. Ich habe Sie ein paarmal vor Gericht gesehen. Sie sind ein harter Knochen. Ich war immer der Ansicht, Tremaine wäre freigesprochen worden, wenn ich nur in der Lage gewesen wäre, Sie ins Wanken zu bringen.”
“Tremaine war schuldig.”
“Schuldig wie die Sünde”, stimmte Rossi bereitwillig zu, “aber ich hätte das Gericht überzeugen können.” Seth lauschte höflich, wie Rossi den Prozess wieder aufrollte.
Am anderen Ende des Raumes nahm Grace sich ein Glas vom Tablett eines vorbeieilenden Kellners und hörte mit einem Ohr zu, wie die Gastgeberin den neuesten Tratsch verbreitete. Sie wusste genau, wann sie zu kichern oder eine Augenbraue zu heben hatte, wann sie die Lippen schürzen oder einen interessierten Kommentar abgeben musste. Reine Routine.
Dabei wollte sie am liebsten verschwinden, wollte Seth den dunklen Anzug herunterreißen, ihn überall berühren. Heiße Lust breitete sich in ihr aus, und der Champagner war nicht gerade dazu angetan, Abkühlung zu verschaffen.
“Meine liebe Sarah.”
“Gregor! Wie schön, dich zu sehen.”
Grace trat von einem Bein aufs andere, nippte an ihrem Glas und lächelte dem schlanken dunklen Mann mit der sahnig weichen Stimme zu, der sich galant vor der Gastgeberin verbeugte. Er musste aus dem Mittelmeerraum stammen, entschied sie aufgrund seines Charmes und seines Akzentes. Über fünfzig, aber noch sehr fit.
“Sie sehen reizend aus heute Abend”, bemerkte er, noch immer leicht gebeugt. “Ihre Gastfreundschaft ist wie immer unvergleichlich. Und die Gäste erst!” Er richtete seine lächelnden silberblauen Augen auf Grace. “Fantastisch.”
“Gregor.” Sarah lächelte geschmeichelt, dann wandte sie sich an Grace. “Ich glaube, Sie haben Gregor noch nicht kennengelernt, Grace. Er ist verboten charmant, also seien Sie vorsichtig. Botschafter DeVane, darf ich Ihnen Grace Fontaine, eine liebe Freundin, vorstellen?”
“Es ist mir eine Ehre.” Er hob Graces Hand, seine Lippen waren
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