Der geheime Tunnel: Erotischer Krimi (Gay Erotic Mystery) (German Edition)
saubere Kleidung für mich bereitgelegt, als ich schlief – vielleicht Belinda.
Sie stand auf, als ich ins Esszimmer kam, und hielt mir das Kleinkind hin. Die Kleine krähte und streckte die Ärmchen aus, und ich sah mich genötigt, sie auf den Arm zu nehmen. Morgan strahlte.
»Mitch, Schatz«, sagte Belinda und küsste mich auf beide Wangen. »Wie schön, dich wiederzusehen. Ich hoffe, die Reise war nicht allzu schrecklich. Wir hörten, dass du in einem Tunnel stecken geblieben bist.« Sie erschauderte. »Was für ein Albtraum.«
Mehr hatten sie nicht gehört? Vielleicht waren die Nachrichten über Rhys’ Ermordung und die Festnahme am Bahnhof von Peterborough unterdrückt worden – fürs Erste zumindest.
»Oh, es ging. Ich hatte Mittel und Wege, um mir die Zeit zu vertreiben.«
»Das glaube ich gern«, sagte Morgan, der mich nur allzu gut kannte. »Komm schon, altes Haus. Frühstück. Wir warten schon seit Stunden auf dich, der Toast ist schon ganz weich geworden. Köchin!«, rief er.
»Harry, Liebling, nutze doch bitte die Klingel.«
»Oh, tut mir leid, altes Mädchen. Ich kann mich einfach nicht dran gewöhnen.« Er zog an der Klingelschnur an der Wand.
Das Baby machte Speichelblasen und grabschte mir mit klammen Händen im Gesicht herum.
»Und, Mitch«, fragte Belinda, »was sagst du zu deiner Patentochter?«
Natürlich! Aus diesem Grunde war ich ja hier. »Oh, sie ist absolut famos. Was für eine kleine Schönheit.« Ich hielt sie hoch, ließ sie ein paarmal auf und ab hüpfen und wurde zum Lohn mit Speichelregen bedacht.
»Gib sie mir«, sagte Belinda. »Ich sehe schon, du bist nicht an Kleinkinder gewöhnt.«
Ich rieb mir das Auge mit einer Serviette trocken. Das Baby fing an zu schreien.
»Was habe ich denn getan?«
»Gütiger Himmel, Mitch, man muss nichts groß tun, um die Kleinen zum Schreien zu bringen«, sagte Morgan. »Bei Kindern sollte man nie nach logischen Gründen suchen. Ich nehme sie, Liebling.« Er nahm ihr das Baby ab, das bald darauf wieder gluckste und lachte. Er schien sich mit dem Kind, das ihn eindeutig anhimmelte, durch und durch wohlzufühlen.
Belinda lächelte liebevoll. »Anscheinend hat Harry endlich jemanden gefunden, mit dem er es intellektuell aufnehmen kann, findest du nicht auch, Mitch?«
»Sieht ganz so aus.«
Die Köchin, die haargenau so wie die vielen Tanten aussah, die ich in Boston zurückgelassen hatte, tauchte mit verschränkten Armen im Türrahmen auf.
»Ah, Köchin«, sagte Belinda. »Mr. Mitchell ist auf, und wir sind bereit fürs Frühstück.«
»Das sehe ich.«
»Das ganze Programm, Mitch? Eier, Schinken, Würstchen, Toastbrot, gegrillte Tomaten, Pilze, hm?«
»Och, ich, nun …« Ich war so hungrig, dass ich alles genommen hätte, was die Köchin zaubern konnte, doch ihr Gesichtsausdruck machte mich ein wenig nervös.
»Mach dir keine Gedanken um die Köchin. Die beißt nicht, auch wenn sie so aussieht. Nicht wahr, Mrs. Sleightholme?«
»Ich weiß wirklich nicht, wieso ich mir Ihre Späße gefallen lasse«, sagte die formidable Mrs. Sleightholme, aber ich konnte sehen, dass Morgans fröhliche Art sie dahinschmelzen ließ – wie jeden. »Ich werde wohl noch was auftreiben können, auch wenn es schon spät ist.« Es war gerade mal halb neun, aber sie vermittelte mir das Gefühl, bis zum Mittag geschlafen zu haben.
»Gut gebrüllt. Also, zweimal komplettes Frühstück bitte. Belinda wird wie immer an einer trockenen Brotscheibe knabbern.«
»Einige von uns versuchen, nach Du-weißt-schon-was unsere Figur wiederzuerlangen«, sagte Belinda. »Du hast gut reden« – sie stach Morgan mit dem Finger in den Bauch – »du bekommst ausreichend Bewegung. Ich muss mich mit Windelwechseln begnügen.«
Morgan nahm ihre Hand, hielt sie sich vors Gesicht und küsste sie. Das Baby, das zwischen seinen Eltern steckte, gluckste vor Wonne. Dieses Ehepaar war ganz offenkundig sehr verliebt. Alle boshaften Hoffnungen und Gedanken in meinem Hinterkopf – dass Morgan mir tränenüberströmt beichten würde, die Heirat sei ein Fehler gewesen, er wolle nur mich – wurden auf einen Schlag zunichtegemacht. Das Telegramm von Vince fiel mir ein, und ich kam mir noch mehr wie ein Schuft vor.
Das Frühstück wurde serviert und abgeräumt, das Baby war bezaubernd und Belinda genauso nett, wie ich sie in Erinnerung hatte – die perfekte Gattin für meinen besten Freund, eine wundervolle Mutter und eine schöne Frau. C’est la vie .
Als der Tisch abgeräumt und
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