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Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Titel: Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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er bald hier, bald dort, hatte mehrere zugleich aufgeschlagen. Sie werden sich an die Memoiren aus dem achtzehnten Jahrhundert erinnern, die mir auf dem Hochsitz aufgefallen waren. Der Schluß drängt sich auf …«
    Ganz und gar unerwartet pochte Hetherton mit dem Zeigefinger auf den Tisch. Für einen Menschen von seinen Manieren war eine solche Unterbrechung geradezu unerhört. Appleby hielt abrupt inne und sah ihn erwartungsvoll an.
    »Ich muß um Verzeihung bitten, mein Lieber.« Hetherton sagte es zerknirscht. »Aber mir ist etwas eingefallen. Bischof Sweetapple.«
    »Bischof Sweetapple?«
    »So ist es. Sehen Sie sich Plossens Namen in Großbuchstaben an. Woran erinnert Sie das?«
    Appleby warf einen Blick auf den Block. »Die Unterschrift eines Briefes«, sagte er ohne zu zögern. »Wie die Zeitungen sie bei Leserbriefen drucken. Vielleicht auch in einem Buch.«
    »Genau das. Ich muß unbewußt schon die ganze Zeit nach etwas gesucht haben, das ich vor kurzem gesehen hatte. Und das war es. Ein Brief von Ploss – wahrscheinlich im Literary Supplement  –, in dem er um Dokumente und Zeugnisse über Bischof Sweetapple bat. Ploss schrieb ein Buch.«
    Appleby schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, von Seiner Lordschaft habe ich noch nie gehört.«
    »Sweetapple war ein unbedeutender erastianscher Geistlicher mit literarischen Ambitionen, ein Freund Chesterfields und Beiträger zur World – dieses Milieu. Ich weiß kaum etwas über ihn. Eine Biographie ist zweifellos ein Desiderat.« Hetherton stockte. »Für Fachgelehrte auf diesem Feld«, schränkte er vorsichtig ein.
    »Zweifellos. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Ploss erschossen wurde, weil er Sweetapple auf der Spur war.«
    Hetherton schien sehr enttäuscht. »Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Aber …« Er runzelte die Stirn. »Ich habe das Gefühl, daß ich noch etwas anderes über ihn wußte.« Er sah noch einmal die Buchstaben auf dem Block an. »Daß ich den Namen Ploss vor kurzem noch anderswo gesehen habe. Vor sehr kurzem sogar … ich glaube, es hatte mit einem Gedicht zu tun.«
    »Mit einem Gedicht.«
    Hetherton seufzte. »Wie unwichtig das alles ist!« Er riß das Blatt vom Block und zerknüllte es. »Ja«, sagte er – er sagte es abschätzig und zugleich mit Überzeugung –, »es hatte mit einem Gedicht zu tun.«

Kapitel 4
    Sheila Grant hört sich Verse an
    Der Zug hielt – was manchmal vorkam – mitten auf der Forth-Brücke. Widerwillig ließ sich der wortkarge Mann aus seiner Ecke vernehmen. »Gedichte?« fragte er.
    Sheila Grant hörte ihn kaum. Sie hatte sich ganz ans Fenster gelehnt und versuchte soviel wie möglich von der Brücke zu sehen – zu sehen und sich zu erinnern. Hoch oben auf dem Mittelteil hatte es ein Häuschen gegeben. Ein Wachposten, hatte ihr Vater ihr erklärt. Und da sie doch wußte, daß Wachen vor großen Häusern auf und ab gehen, hatte sie sich gewundert, was einer von ihnen dort auf der Brücke machte: Wie konnte er denn da oben hin und her gehen, hoch über dem Firth of Forth?
    Das mußte 1917 gewesen sein – sie war knapp vier –, und es war ohnehin eine Zeit voller Rätsel gewesen. Es gab einen Fahrweg – sicher von Queensferry nach Cramond –, von dem aus man die Flotte sah, die schmalen langen Kriegsschiffe in ihrer bizarren Tarnbemalung. Dadurch würden sie unsichtbar, erzählten die Leute – und andere, die sich besser auskannten, sagten Nein, damit sähen sie nur wie andere Schiffe aus oder alle wie das gleiche Schiff. Eine verrückte Zeit, so verrückt wie die Muster dieser Bemalung, daran erinnerte sie sich, auch wenn es ihr schon so lange vergangen vorkam … Sheila sah an den sich verjüngenden Gitterträgern entlang nach unten – und traute ihren Augen nicht. Dort unten glitt lautlos ein kleines Kriegsschiff den Firth hinauf, in Tarnbemalung.
    »Gedichte?« fragte der wortkarge Mann heftig.
    Seitdem hatte sie im Ausland gelebt. Nur mit neunzehn noch einmal für einige Zeit in Edinburgh. Damals hatte sie mit einem jungen Mann, einem Freund der Familie, noch einmal den Ausflug auf dem Uferweg gemacht. Sie waren ausgestiegen, und er hatte sich ihr mit eindeutigen Absichten genähert. »Ich habe eine Decke im Wagen«, hatte er gesagt. Ein Ausdruck, der damals Mode gewesen war, eine Art Formel … Dann war sie wieder fort gewesen … Und nun wieder hier, und unten glitt ein Kriegsschiff, oder doch etwas in dieser Art, in Tarnbemalung vorbei.
    »Lese ich selten«, sagte der wortkarge

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