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Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Titel: Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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erzählte, desto mehr spürte er, wie sehr es ihm ein Bedürfnis war, darüber zu sprechen. Er wollte die Ereignisse zurückholen, zumindest einen Schatten davon; er wollte, was er wußte, mit diesem klugen, doch unbeteiligten Gelehrten teilen, der bald wieder durch Barrys Museumsportale entschwinden würde. Es kam nicht oft vor, daß ein Fall ihn so sehr beschäftigte, daß er das Bedürfnis nach dieser Art von Klärung verspürte.
    »Ich dachte, er ist ein Verwandter, sein Anwalt, was weiß ich. Er war im Sitzen erschossen worden, mitten in die Stirn, und eine Haarsträhne – langes, wirres Haar – verdeckte die Wunde. Das allein war schon unheimlich genug. Aber es kam mehr dazu. Ich habe oft genug Leichen von Leuten gesehen, die auf der Stelle tot waren, aber noch nie eine, bei der weder ein Begreifen des kommenden Todes noch dessen kleinste Wirkung zu sehen war. Aber so war es bei Ploss. Man hatte ihn nicht aus dem Hinterhalt erschossen – das wäre in diesem Ausguck unmöglich gewesen. Zumindest einen Sekundenbruchteil lang muß er die tödliche Waffe gesehen haben, die auf seinen Kopf gerichtet war. Aber was immer das an Muskelanspannung hervorrief, verschwand im Tode wieder. Die Hände hielt er locker gefaltet im Schoß. Die Miene könnte man als ein wenig ratlos beschreiben, aber ich hatte den Eindruck, daß es sein übliches Gesicht war. Und dann sein Blick …«
    Hetherton rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Helfen Ihnen diese« – er zögerte – »kuriosen Umstände bei der – bei der Rekonstruktion des Verbrechens?«
    »Nein.« Appleby sagte es ohne zu zögern. »Nicht im mindesten. Freund oder Feind, Fremder oder Bekannter: es könnte jeder gewesen sein, der sich vor Ploss hinstellte und den Schuß abgab. Der merkwürdige Umstand, daß er es anscheinend nicht bemerkte, hilft mir zur Aufklärung überhaupt nichts. Es ist einfach nur etwas, das den Fall noch rätselhafter macht. Da saß er nun in seiner stillen und allem Anschein nach so sicheren Klause, und unten lag die Landschaft in schönstem Frieden, beschienen von der Abendsonne. Nur dort oben, mit den Chilterns im Rücken, spürte man den ersten Hauch eines kühlen Nachtwinds. Wie ein Kommentar, wie eine Frage erhob sich dieser Lufthauch und fuhr ihm ins Haar.«
    Sie schwiegen. Hetherton sah Appleby nachdenklich an. »Und was meinten Sie vorhin«, fragte er schließlich, »zu seinem Blick?«
    »Natürlich begriff ich schnell, daß es der Blick eines Toten war. Seltsam verschwommen. Im einen Moment war ich sicher, daß er etwas oder jemanden auf der anderen Seite dieser kleinen verglasten Plattform angesehen hatte. Aber im nächsten Moment kam es mir ganz anders vor.« Appleby überlegte. »Für meine Begriffe war sein Blick in dieser letzten Sekunde nicht auf etwas im Hochsitz gerichtet, und auch nicht auf den Garten unmittelbar darunter. Ich denke« – Appleby griff nach der Rechnung –, »ich denke, sein Blick galt etwas anderem als diesem englischen Idyll; er hatte den Kopf gehoben und beobachtete etwas in weiter Ferne.«
    Appleby erhob sich. »Wozu nur dies eine noch hinzuzufügen wäre: ›Und das war seltsam, denn schließlich geschah es mitten in der Nacht.‹ Ploss wurde gegen Mitternacht erschossen, in der Nacht von Freitag auf Samstag. Da kann er nicht viel im Dunkeln gesehen haben.«
    Hetherton stieß einen Seufzer aus, erhob sich und holte eine Münze hervor. »Ein faszinierendes Rätsel«, sagte er. »Ich wünschte, mir fiele etwas dazu ein.« Und als finde er den Gedanken, daß er etwas zur Aufklärung beitragen könnte, extravagant, lächelte er sein Gelehrtenlächeln.

Kapitel 3
    Es hatte mit einem Gedicht zu tun
    Das kleine griechische Restaurant in der Coptic Street hatte in einem Fenster einen Obststand en miniature eingerichtet; ein Stück die Straße hinunter hatte eine Teestube für Damen neue Vorhänge bekommen, was vielleicht auf einen Besitzerwechsel schließen ließ. Die kleinen Dinge, die uns Orientierung in der Welt geben, dachte Appleby, verändern sich auf ihre sympathische Art und erinnern uns daran, daß auch wir nicht jünger werden. Nur die Großstadt als solche ändert sich nie. Ihr Wachsen, ihr Vergehen vollzieht sich nicht in unseren Sphären, sondern im Zeitmaß der Geologie. Oder doch nicht? Auf der anderen Straßenseite stand ein junger Soldat in Uniform vor dem Schaufenster eines Antiquariats und war ganz in die Lektüre von etwas versunken, das wie ein italienisches Meßbuch aussah. An der

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