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Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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dem Amarina endgültig ihren Körper verlassen würde. Helene betrachtete die Szene aus dem Schutz des Dschungels heraus. Ihr Blick musste nicht lange wandern, ehe er die Freundin fand.
    Amarinas Körper lag auf einem Podest, das die Familie aus Baumstämmen und Seilen errichtet hatte. Darunter hatten die Männer einen Scheiterhaufen aufgeschichtet, doch er brannte noch nicht. Der weiße Rauch kam vielmehr von den Frauen, die das Podest umstanden und schwelende Äste grüner Blätter durch die Luft wedelten. Einige der Trauernden sangen, die meisten heulten oder jammerten, manche schrien sogar. Helenes Knie wurden schwach; sie lehnte sich mit dem Rücken an einen Baum und hielt sich mit den Händen am Stamm fest. Sie konnte den leblosen Körper der Freundin nur flüchtig erkennen, zu selten gaben die Schwaden den Blick darauf frei. Um das Gesicht zu sehen, stand sie viel zu weit entfernt. Mit einem Seufzer gab sie sich einen Ruck und trat zu den anderen auf die Lichtung hinaus.
    »Wie geht es dir, Cardinia?«
    Amarinas Tochter drehte sich um. Die helle Aschezeichnung auf ihren Wangen zeigte dunkle Spuren, wo sich die Tränen einen Weg gebahnt hatten. Helene nahm sie in den Arm und strich ihr übers Haar. Cardinia schluchzte leise. Sie standen für eine Weile unbewegt, dann hob Cardinia den Kopf und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, was die traditionelle Bemalung vollends ruinierte. Die Frauen lächelten einander zaghaft an.
    »Sie wusste, wann sie in die Geisterwelt geht. Sie hat alle besucht, damit sie sich für den Abschied bereitmachen«, erklärte Amarinas Tochter.
    Helene nickte. »Ja, sie kam auch zu mir.«
    »Es geht ihr gut, wo sie ist; und dennoch tut es so weh.« Cardinia machte eine Pause und sah Helene in die Augen. »Ich vermisse sie.«
    »Ich auch.« Helene zog Cardinias Kopf zu sich und streichelte ihr über den Rücken. Tränen lösten sich aus ihrem Augenwinkel und versickerten in Cardinias blauschwarzem Haar. Ein Stammesälterer trat zu ihnen und flüsterte Cardinia etwas ins Ohr. Sie nickte, und er entfernte sich.
    »Die Rauchzeremonie ist vorbei. Sie zünden jetzt das Feuer an«, sagte Cardinia, und ihre Stimme klang tonlos. »Weißt du, was die Alten sagen?« Sie blickte starr in Richtung des Podests; dort hatten drei alte Männer einen monotonen Singsang angestimmt. In ihren Händen hielten sie brennende Äste, die sie in den Scheiterhaufen steckten. Helene griff nach Cardinias Hand und drückte sie fest. »Sie sagen, unsere Mutter ist die Erde. Sie ist alles. Wenn du aus der Geisterwelt zurückkommst, kehrst du zu deiner Mutter zurück. Egal, ob als Mensch, Vogel, Känguru oder Baum. Wenn du einmal geboren bist, bist du Teil unserer Mutter.« Cardinias Finger verschränkten sich mit Helenes, als die Flammen aufloderten.
    »Ja, deine Mutter hat es mir einmal erzählt, als ich sehr verzweifelt war, und es hat mich oft getröstet.« Es fiel ihr schwer, den Namen der Freundin zu vermeiden. Obwohl das Gesetz der Orta, nach dem der Name eines Verstorbenen ein Jahr lang nicht mehr erwähnt werden durfte, für sie nicht galt, wollte sie das Tabu nicht brechen. Cardinia schniefte und wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab. Sie wirkte jetzt gar nicht mehr wie die gestandene Frau und Mutter, zu der ihre Schülerin von einst herangewachsen war.
    »Sie kommt wieder«, sagte Helene, nachdem sie gemeinsam zugesehen hatten, wie die Flammen an den langen Seiten des Holzgerüsts entlangzüngelten und heller aufloderten, bis sie sich zu einer einzigen hohen Flamme vereint hatten. Das Knacken des Holzes wurde lauter, übertönte schließlich das Prasseln des Feuers. Funken stoben in den Himmel und erloschen gleich wieder. Rußpartikel fielen vom Himmel, verlangsamten ihren Fall, um durch die laue Nachmittagsluft zu segeln und das Grün des Grases mit dunklen Punkten zu sprenkeln. Cardinia machte eine Bewegung, um den Ruß aus Helenes Haar zu streichen, doch Helene duckte sich unter ihrer Hand weg.
    »Nicht«, wehrte sie ab.
    »Hab ich was Falsches getan?«, fragte Cardinia erschrocken.
    »Nein, natürlich nicht, entschuldige.« Helene hielt kurz inne. »Ich muss gehen, es wird langsam dunkel.« Sie küsste Amarinas Tochter zum Abschied auf die Wange. Cardinia hielt sie am Arm fest.
    »Warte. Mein Sohn wird dich begleiten.«
    Helene lehnte das Angebot mit einer entschiedenen Kopfbewegung ab, hob die Hand zum Abschied und machte sich auf den Weg. Sie hätte blind zurückgefunden. Es war wirklich

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