Der Geist des Highlanders
dem sie die Sprache wenigstens einigermaßen beherrschte, und dazu noch in Begleitung ihrer Schwester und einem einsneunzig großen Highlander. Aber sich ganz allein in eine Zeit zu begeben, von der sie keine Ahnung hatte, an einen Ort, an dem sie nichts verstehen würde, und dazu noch um einen Mann zu retten, der sich, wenn man Thomas glauben konnte, höchstwahrscheinlich nicht an sie erinnern würde, war etwas völlig anderes.
Er würde sie vielleicht noch nicht einmal leiden können.
»Es ist unmöglich«, flüsterte sie. Sie blickte ihren Bruder an. »Es ist tatsächlich unmöglich, oder?«
»Unmöglich ist ein großes Wort«, erwiderte Thomas und stellte einen Teller auf den Tisch. »Ich würde es nicht so leichtfertig gebrauchen.«
Victoria pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und blickte zur Decke. Sie konnte die Tränen nicht zurückhalten, sie rannen ihr über die Wangen, als sie Thomas wieder ansah.
»Ich kann mir keine Zukunft ohne ihn vorstellen«, sagte sie schließlich.
»Nun, meine Liebe, das ist doch eine bessere Ausgangslage«, sagte Ambrose zustimmend. »Connor ist mir in der letzten Zeit ebenfalls ans Herz gewachsen. Ich finde viele seiner Charakterzüge ganz bemerkenswert.«
»Ich auch«, entgegnete Victoria und fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen. Sie blickte zu Thomas. »Wirst du mir helfen? Oder musst du bald wieder nach Hause?«
»Wir können noch zwei Monate bleiben«, sagte Thomas. »Ich denke, du wirst recht bald nach Schottland fahren wollen. Jamie kann dir einen Crash-Kurs in mittelalterlichem Überlebenstraining geben. Sein Bruder und sein Vetter wohnen ganz in der Nähe. Du wirst ihre Unterstützung ebenfalls brauchen.«
»Das ist ja die reinste Karawane von Zeitreisenden«, sagte Victoria.
»Ja, so seltsam es auch klingen mag«, erwiderte Thomas.
»Oder kommen sie etwa alle aus derselben Zeit?«
»Kann schon sein.«
»Gut«, meinte Victoria und rieb sich die Hände. »Ich mache mir später eine ausführliche Liste von Dingen, die ich erledigen muss. Was schlagt ihr als nächsten Schritt vor?« »Gälischunterricht«, warf Ambrose ohne zu zögern ein. »Vielleicht könntest du auch lernen, mit dem Messer umzugehen, falls du auf einen Mann triffst, der dir nicht ritterlich begegnet.«
Fulbert schnaubte. »Messer, ja natürlich. Wichtig sind Geschichte, Sittenkunde, Lokalpolitik - wenn dir das nicht zu viel wird.«
»Und du solltest auch alles über Connor wissen«, fügte Thomas hinzu, »obwohl ich eher vermute, dass er nicht freiwillig damit herausrücken wird.«
Victoria seufzte. »Er wird sich überhaupt nicht an mich erinnern, oder? Angesichts der Tatsache, dass ich verhindern werde, dass er achthundert Jahre lang als Gespenst leben muss ...«
»Nun«, unterbrach Thomas sie lächelnd, »da scheiden sich die Geister. Wir werden uns auf dem Weg zu Jamie ausführlich über Erinnerungen an die Zukunft unterhalten.«
»Ich kann es kaum erwarten.«
»Du kannst später mit Iolanthe darüber sprechen. Jetzt rufe ich erst einmal Jamie an und frage ihn, ob er dir helfen kann. Im Allgemeinen nimmt er sich für solche Dinge gerne etwas Zeit. Wann willst du aufbrechen?«
»Fred kümmert sich darum, dass unsere Ausrüstung gepackt wird. Wenn Mrs Pruitt nichts dagegen hat, dass unsere Kostüme in ihrem Schuppen bleiben, dann muss ich mich damit auch erst befassen, wenn ich nach Amerika zurückfliege.« Sie überlegte. »Wahrscheinlich könnte ich übermorgen aufbrechen. Das wäre Montag«, sagte sie. »Oder vielleicht am Dienstag.«
»Dann nehmen wir den Dienstag«, erwiderte Thomas.
Victoria nickte.
Sie hatte auf einmal einen Kloß im Hals.
Sie würde es tun und hoffte, dass Connor seine Meinung änderte.
An die Alternativen mochte sie gar nicht denken.
Einige Stunden später ging sie zur Bibliothek, wobei sie darüber nachdachte, ob sie vielleicht der Aufgabe doch nicht gewachsen wäre.
Sie hatte den ganzen Nachmittag lang Gälisch geübt und gemerkt, wie mangelhaft ihre Kenntnisse waren. Sogar Thomas klang wie ein Muttersprachler - was schon an sich ärgerlich war. Nach zwei Stunden hatte sie darum gebeten, sich um den Bühnenabbau kümmern zu dürfen, eine Aufgabe, die sie normalerweise verabscheute.
Leider war alles viel zu schnell erledigt gewesen. Connor hatte sie den ganzen Nachmittag über nicht zu Gesicht bekommen.
Beim Abendessen hatte sie sich mit Ambrose und Thomas über Möglichkeiten der Verteidigung unterhalten, unterbrochen von
Weitere Kostenlose Bücher