Der Geist des Highlanders
Jahre vergangen waren.
Victoria war mit Thomas und Iolanthe im Auto gefahren; Connor hatte sich in gemütlicherem Tempo mit dem Trio aus dem Boar’s Head auf den Weg gemacht. Sogar Fulbert hatte es angesichts der landschaftlichen Schönheit auf der Reise die Sprache verschlagen. Schottland im Sommer war eben mit nichts zu vergleichen.
Und als Drittes belastete es ihn zuzusehn, wie Victoria versuchte, sich in eine mittelalterliche Kriegerbraut zu verwandeln.
Bei allen Heiligen, es würde ihr nie gelingen.
Und das lag nicht an den Gegebenheiten. Das Schloss der MacLeods war absolut spektakulär, und auch die Umgebung war reizvoll. Das Anwesen selbst wies alle erdenklichen modernen Annehmlichkeiten auf, sodass man sich nach einem harten Trainingstag angemessen ausruhen konnte. Beim Garten gab es einen großen Platz für Kampfübungen, und
das Gelände war weitläufig genug für ausgedehnte Ausritte. Jamie schien eine umfangreiche Verwandtschaft aus dem Mittelalter um sich geschart zu haben, die nur zu gerne bereit war, Victoria alles Erforderliche beizubringen.
Trotz ihres Enthusiasmus’ machte sich Victoria jedoch leider nicht besonders gut. Sie sprach zwar schon besser Gälisch, aber ihre Fähigkeiten, einen Mann mit etwas anderem als ihrer scharfen Zunge in seine Schranken zu weisen, waren nicht besonders ausgeprägt.
»Nun?«
Connor zuckte leicht zusammen. Thomas McKinnon stand neben ihm. »Nun was?«
»Ich glaube, ich weiß, was Ihr denkt«, sagte Thomas.
Und er sagte es auf Gälisch. Connor wunderte sich darüber. »Warum sprecht Ihr meine Muttersprache so gut?«
»Es ist eine Gabe«, erwiderte Thomas bescheiden.
»Und warum verfügt Eure Schwester nicht darüber?«
»Sie lernt die Sprache doch erst seit einem Monat. Gebt ihr Zeit.«
»Sie hat keine Zeit«, sagte Connor grimmig.
Thomas lächelte plötzlich. »Mir ist etwas eingefallen. Könnte Vic nicht Jennifer als Dolmetscherin mitnehmen?«
»Bei allen Heiligen«, sagte Connor entsetzt. »Wollt Ihr, dass das Blut von zwei Eurer Schwestern an meinen Händen klebt?«
Thomas lachte. »Nein, ich denke, Vics Blut ist vollkommen ausreichend.« Er blickte zu Victoria, die gerade versuchte, Ian MacLeod mit einem Dolch zu erstechen und dabei vollkommen versagte. »Wir scheinen einige Probleme zu haben.«
Connor grunzte zustimmend.
»Vielleicht braucht sie ja ein größeres Schwert. Ich bin sicher, dass sie irgendwann einmal Fechtunterricht gehabt hat.« Er blickte Connor an. »Würde ein Frau mit einem langen Schwert sehr auffallen? Was meint Ihr?« »Jedem, der Augen im Kopf hat, fällt Eure Schwester auf. Ihre Schönheit wird die Männer von weit heranlocken. Und sie werden nicht mit den besten Absichten kommen. Es wäre schon ein Wunder, wenn sie meine Halle unversehrt betritt. Und wenn sie dann noch die Begegnung mit mir überlebt, ist ihr etwas gelungen, das bisher nur wenigen Sterblichen vergönnt war - seien es nun Frauen oder Männer.«
»Das klingt ja nicht gerade vielversprechend.«
»Habt Ihr jemals geglaubt, es würde einfach werden?«, rief Connor aus. »Habe ich nicht gesagt, es sei Wahnsinn? Habe ich mich nicht bemüht, sie davon abzuhalten?«
»Sie hört nicht gerne auf andere.«
»Sie hört überhaupt nicht auf andere.«
Thomas schüttelte den Kopf. »Sie muss Euch wirklich gern haben, wenn sie das alles auf sich nimmt.«
»Törichtes Weib«, murmelte Connor.
»Nun, sei es wie es ist. Sie ist fest entschlossen, und wenn Ihr sie schon nicht davon abhalten könnt, dann solltet Ihr sie wenigstens unterstützen.«
Connor verschränkte die Arme vor der Brust und machte ein finsteres Gesicht. Wenn er Victoria Hilfe anbot, dann würde es doch bedeuten, dass er ihre Entscheidung billigte.
Aber wenn er ihr nicht half, dann verurteilte er sie zu einem grausamen Schicksal in der Wildnis des mittelalterlichen Schottlands. Nur er konnte sie dort retten, war aber wahrscheinlich - und es ärgerte ihn, das zugeben zu müssen - zu beschränkt dazu.
Er stieß einen tiefen Seufzer aus und ergab sich in die Tatsache, dass er wohl nicht länger Herr seines Schicksals war.
»Nun gut«, sagte er, »ich werde ihr helfen.«
Thomas war zu klug, um zu lächeln. »Sie wird Euch dankbar sein.«
»Das heißt aber nicht, dass ich ihre Entscheidung billige oder ihren Plänen zustimme.«
»Davon bin ich auch nicht ausgegangen.« »Und, habt Ihr einen Vorschlag, wie ich vorgehen soll?«, knurrte Connor.
»Ein längeres Schwert und ein paar Einblicke in
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