Der Geist des Highlanders
»Jedenfalls als ich ihm in meiner Zeit begegnete.«
Victoria nickte zufrieden. »Es hätte mich auch überrascht, wenn es anders gewesen wäre.«
»Vielen Dank«, warf Thomas lachend ein. »Aber es stimmt alles. Obwohl ich Iolanthe als Gespenst kannte - und liebte -, erkannte sie mich nicht, als ich ihr in ihrer Zeit begegnete. Und sie mochte mich tatsächlich nicht, als sie mich kennenlernte.« Er streichelte seiner Frau über die Haare. »Aber vielleicht erinnerte sie sich schließlich auf irgendeine Weise an all die Jahre ihres anderen Lebens, und alles kam zu einem guten Ende.«
»Die Arme«, murmelte Victoria.
Iolanthe MacLeod McKinnon war ein Gespenst im Schloss gewesen. Thomas McKinnon war in die Vergangenheit gereist, hatte sie vor ihrem frühen Tod bewahrt und sie als Lebende mit in die Zukunft gebracht. Und wenn Iolanthe gerettet worden war, dann konnte das auch bei Connor funktionieren. Er könnte mit ins einundzwanzigste Jahrhundert kommen. Aber das konnte nur eine einzige Person bewirken.
Und diese Person war sie.
Victoria sah Connor an.
Er erwiderte ihren Blick, dann stand er auf und verbeugte sich vor Thomas.
»Habt Dank. Weitere Einzelheiten sind nicht nötig.«
»Nein, da habt Ihr recht.«
»Ich will sie aber hören!«, rief Victoria. »Wie soll ich es denn sonst bewerkstelligen, wenn ich nicht weiß, wie Thomas es gemacht hat?«
»Ich habe nicht vor, das zuzulassen«, sagte Connor mit fester Stimme.
»Aber ...«
»Wie stellst du dir das vor, Frau? Glaubst du, ich lasse dich durch die Jahrhunderte zurück in eine Zeit stolpern, deren Sprache du nicht sprichst und in der du dir nicht zu helfen weißt? Das wäre der reinste Wahnsinn!«
»Ich könnte es aber schaffen«, sagte sie eigensinnig. » Granny habe ich schließlich auch zurückgebracht, oder etwa nicht? Ich kann es schaffen!«
»Du kannst es nicht, und du wirst es auch nicht.«
Victoria runzelte die Stirn. »Wie bitte?«
Connor beugte sich vor und blickte sie finster an. »Ich verbiete es dir.«
Thomas stieß einen leisen Pfiff aus und erhob sich. »Io, wir sollten besser das Weite suchen, bevor das Feuerwerk losgeht.«
Victoria war es nur recht, dass sie gingen. Sie funkelte Connor wütend an. »Du kannst mich nicht aufhalten.«
»Ach nein?«, fragte er sehr leise und sehr gefährlich.
Sie erwiderte seinen Blick einen Augenblick lang, dann wich sie zurück. »Es ist schon Mittag. Ich habe Hunger.«
Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Du wirst es nicht tun«, sagte er mit gepresster Stimme.
Victoria wollte schon den Mund aufmachen, besann sich jedoch und blickte ihn schweigend an. Sie betrachtete sein schönes Gesicht und staunte insgeheim darüber, dass dieser Mann, der Jahrhunderte gebraucht hatte, um die Liebe zu finden, ausgerechnet sie erwählt hatte.
Er stand ganz still da, die Lippen fest zusammengepresst. Schließlich ließ er die Hände sinken und trat ebenfalls einen Schritt zurück. Er verzog das Gesicht zu einem Lächeln.
Oder zu etwas, was er für ein Lächeln hielt.
»Ich möchte nicht, dass du es tust«, sagte er. »Connor ...« Er wandte sich ab. »Nein, Victoria.«
Schweigend blickte sie auf seinen breiten Rücken, dann seufzte sie. »Ich gehe jetzt etwas essen. Und dann setze ich mich hin und lerne Gälisch. Weil ich dich liebe.«
Er bewegte sich nicht, sagte keinen Ton und gab durch nichts zu erkennen, dass er sie gehört hatte.
Aber er musste doch wissen, dass er sie nicht von ihrem Vorhaben abbringen konnte.
Victoria verließ das Wohnzimmer und eilte zur Küche. Dort saß das übliche Trio und leistete Thomas Gesellschaft, der für seine Frau eine gesunde Mahlzeit zubereitete. Fröhlich redeten alle durcheinander.
Auf Gälisch, wie der Zufall es wollte.
Victoria begrüßte alle herzlich, nahm sich etwas zu essen -obwohl sie bestimmt keinen Bissen herunterbekommen würde - und setzte sich zu den drei Gespenstern an den Tisch.
»Ich werde Connor retten«, verkündete sie.
Sie blickten sie verständnislos an.
»Ihr wisst schon«, sagte sie ungeduldig, »so wie Thomas Iolanthe gerettet hat.«
Fulbert keuchte auf. Hugh riss den Mund auf und gab unartikulierte Schreckenslaute von sich. Ambrose schien nicht überrascht zu sein. Thomas drehte sich vom Herd um und lächelte sie an.
»Nun«, sagte er gedehnt, »du hast ja schon Erfahrung mit Zeitreisen.«
»Ja, genau«, erwiderte sie.
Aber innerlich bebte sie bei ihren eigenen Worten. Es war eine Sache, an einen Ort zu gehen, an
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