Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
Vom Netzwerk:
zurück.
    „Oh, Sie scheinen, was Getränke betrifft, ein Fachmann zu sein“, bemerkte jetzt ein Passagier, der auf einem Barhocker saß und sich nach dem Juwelier aus Düsseldorf umdrehte. Er hatte ganz dicke Brillengläser und trug einen ziemlich altmodischen Anzug mit einer genauso altmodischen Krawatte. „Die White Lady ist wohl Ihre Spezialität?“
    „Zwei Jigger Gin, ein Jigger Zitronensaft und etwas Cointreau“, antwortete Herr Schmidt. „So jedenfalls hab’ ich’s mein Leben lang zubereitet.“
    „Sehr interessant“, meinte der Passagier mit den dicken Gläsern in seiner Brille. „Ich heiße Latenser und muß mich entschuldigen. Ich hätte Sie bestimmt nicht angesprochen, wenn ich heute nicht schon etwas zuviel getrunken hätte.“ Tatsächlich mußte sich Herr Latenser jetzt am Bartisch festhalten.
    „Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben“, entgegnete der Düsseldorfer Juwelier ein wenig frostig, und dann rief er: „Hallo Steward, wo bleibt meine White Lady?“
    „Manche Leute haben eine ganz besondere Begabung, sich selbst jeden Spaß zu verderben“, bemerkte Herr Finkbeiner und umgab sich dabei wieder einmal mit einer Rauchwolke aus seiner Zigarre.
    Die zwei Berliner Familien machten ein paar Schritte nach links und dann wieder ein paar Schritte nach rechts. Dabei blickten sie in all die neuen Gesichter und hörten so ziemlich alle Sprachen, die es gibt.
    Dicht an einer der beiden Tanzflächen ließen sich jetzt die Herren Wilkinson und Prunelle in zwei Sessel fallen. Kurz darauf schlenderte Mr. Palmer, dessen Name nicht in der Passagierliste stand, zu ihnen hinüber. Er war fast einen Kopf größer als die übrigen Passagiere und rauchte immer noch seine Pfeife. Als jetzt ein lautes und donnerndes Lachen zu hören war, blickte er sich um.
    Dieses Lachen gehörte Mrs. Fuller, die gerade von ihrem Neffen an den Tischen vorbeigeschoben wurde. Sie hatte einen tiefen Baß, wenn sie sprach oder lachte. Ihre kleinen Augen waren überall und blitzten vergnügt.
    Als der junge Prinz mit dem Bürstenhaarschnitt und mit dem Rollstuhl an Peter und Ulli vorbeikam, trafen sich die Blicke der drei Jungen für einen Moment. Sie schätzten sich ab und überlegten, was sie voneinander halten sollten.
    Schließlich wandte sich der Junge in dem dunkelblauen Samtanzug wieder ab und schob seine Tante, die sich inzwischen von ihrem Lachanfall erholt hatte, hinüber zu den Herren an der Tanzfläche.
    „In Berlin hätten wir uns schon lange aufs Ohr gehauen“, meinte Herr Wagner nach einer Weile.
    „Stimmt, das hatte ich fast vergessen“, bemerkte Herr Finkbeiner. „Wir haben ja sechs Stunden im Flugzeug liegengelassen.“
    „Aber bevor wir ins Bett gehen, machen wir noch ein paar Schritte an Deck“, schlug die Frau des Apothekers vor. „Zu Hause geht’s nach dem Essen auch immer noch einmal um den Block oder für ein paar Minuten in den Savigny-Park.“
    Als sie dann vom Lift zur Treppe gingen, lief wieder einmal ein ganz feines Zittern durch das Schiff, und der Fußboden schien sich zu bewegen. Die Herren Finkbeiner und Wagner stießen mit den Schultern gegeneinander und entschuldigten sich anschließend.
    „Immer eine Hand fürs Schiff 4 , sagten Peter und Ulli gleichzeitig. Und dann berichteten die beiden Jungens, was sie von Mister Hobbs gelernt hatten.
    „Es wäre sehr freundlich“, bemerkte Herr Finkbeiner, „wenn eure Warnungen in Zukunft weniger Verspätung hätten!“
    Der Mond war immer noch so blaß wie vor zwei Stunden, und auch die Lichter des Schiffes spiegelten sich noch im Meer. Nur der Wind war stärker geworden und trieb jetzt Wellen vor sich her.
    Die Finkbeiners und die Wagners blickten noch eine Weile in die Nacht hinaus. Darauf fuhren sie zum A-Deck und holten vor den Kabinen ihre Schlüssel aus den Taschen. Sie wünschten sich gegenseitig einen guten Schlaf und lagen eine Viertelstunde später in ihren Betten.
    „Ein ganz dufter Typ“, meinte Peter noch. Er sprach von dem Jungen mit dem Bürstenhaarschnitt.
    „Wir werden dem Knaben auf den Zahn fühlen“, sagte Ulli und knipste das Licht aus.
    Nach einer Weile schlug eine Schranktür auf und klappte wieder zu. Die Zahnputzgläser klirrten leise, und die Dose mit der Sonnencreme rutschte hin und her.
    „Ich wünsche eine gesegnete Nachtruhe“, gähnte Peter Finkbeiner und zog sich die Bettdecke über die Ohren.
    „Desgleichen“, murmelte Ulli und rollte sich zusammen wie ein Igel.
    Auch die Finkbeiners

Weitere Kostenlose Bücher