Der Gelbe Nebel
Gesundheit und Wohlbefinden. Erst dann packte er mit seiner gewaltigen
Faust den Wagen, der sofort wie angewurzelt stillstand. Die Nacht war so
finster, daß man den Morgen abwarten mußte, bevor man irgendeinen
Beschluß faßte. Die Besatzung verging fast vor Ungeduld, bis das fahle
Morgenlicht den Nebel durchstieß. Charlie sagte, man müsse sich bis zu
einem trockenen Plätzchen durchschlagen. Es habe wenig Sinn, den von
Arachna errichteten Damm zu zerstören, denn das würde zu viel kostbare
Zeit in Anspruch nehmen. Die Krähe wurde auf Kundschaft ausgesandt. In
einer halben Stunde kam sie mit der Meldung zurück, sie habe ein flaches
Ufer erspäht, auf das man den Wagen leicht hinaufziehen könnte.
Der Kapitän hatte aus der Stadt Seile mitgenommen, die jetzt gut zustatten
kamen. Er warf ein Seilende den Holzköpfen zu, die es an Deichsel und
Räder anbanden. Tilli-Willi stampfte, den Wagen hinter sich ziehend,
klatschend durch das Wasser. Die Krähe flog voraus und wies den Weg.
„Land, Land!“ riefen die Insassen des Wagens, wie einst die Matrosen des
Christophor Kolumbus. Die Holzköpfe mit Lan Pirot an der Spitze stiegen
durchnäßt, mit abgeblätterter Farbe und gar jämmerlich anzusehen aus dem
Wasser, doch ihre Kraft hatten sie sich bewahrt. Als alles wieder
hergerichtet war, brach man auf. Der kleine Trupp bewegte sich auf dem
Weg, den die Krähe ausgekundschaftet hatte.
„Ein gefährlicher Gegner, diese Hexe, sehr schlau und erfinderisch“, sagte
der Seemann kopfschüttelnd. „Würde gerne wissen, welche Überraschung
sie uns noch bereitet.“
Die Überraschung ließ auch nicht lange auf sich warten. Am Abend des
nächsten Tages, als die kleine Schar durch eine felsige Schlucht zog,
erbebte plötzlich die Erde, und von den Hängen wälzten sich große Steine.
Felsbrocken sprangen donnernd an Unebenheiten hoch und zerbarsten, und
gewaltige Splitter flogen mit Kanonenkugelgeschwindigkeit dahin.
Mit einer Wendigkeit, die man ihm nicht zugetraut hätte, schützte TilliWilli den Wagen. Den gewaltigen Schild vorstreckend, bog und wand er
seinen mächtigen Leib nach allen Seiten, um die Schläge der fliegenden
Steine aufzufangen. Das Bombardement dauerte einige Minuten. In dieser
Zeit parierte der junge eiserne Ritter gut ein Dutzend Geschosse, die den
Wagen hätten zertrümmern und seine Insassen in Brei verwandeln können.
Die Steine schlugen krachend gegen den Schild, und der Lärm drohte, die
Insassen der fahrbaren Festung taub zu machen. Nur dem Geschick und der
Findigkeit Tilli-Willis hatte man es zu verdanken, daß man noch glimpflich
davonkam. Ein Rad des Wagens war zertrümmert, ein Holzkopf namens
Algen hatte einen Arm verloren, und der Schild Tilli-Willis hatte mehrere
tiefe Einbeulungen. Das Rad wurde ausgewechselt (Charlie hatte mehrere
Ersatzräder mitgenommen), dem Holzkopf Algen wurde ein neuer Arm
eingesetzt, und die Schar verließ eilig den gefährlichen Ort. Als der Wagen
aus der Schlucht herauskam, sahen seine Insassen im Nebel hoch oben
Arachna, die zitternd ihr blaues Gewand an sich preßte und davonflog.
„Allem Anschein nach hat Ramina den Kampfauftrag nicht erfüllt“, sagte
der Scheuch. „Die Hexe fliegt auf ihrem Teppich, folglich haben die Mäuse
ihn nicht aufgefressen.“ „Das ist wohl nicht so einfach“, seufzte Charlie
Black. „Ich hoffe, sie dösen nicht und warten den passenden Augenblick
ab.“ Schon bei der ersten Rast kam dem Scheuch der Gedanke, TilliWilli
für den Opfermut, den er bei der Abwehr des Überfalls von Arachna
gezeigt hatte, einen Orden zu verleihen. Der weise Strohmann führte immer
einen Vorrat von Orden mit, die Faramant, der Versorgungschef,
aufbewahrte. Allerdings mußte man dem jungen Riesen lange erklären, was
ein Orden ist und wofür man ihn bekommt. Als er schließlich begriffen
hatte, fragte er: „Hat Papa Charlie auch einen Orden? Nach dem, was mir
Lestar von seinen Heldentaten erzählt hat, muß er- bei allen Stürmen der
südlichen Breiten! - einen Haufen Orden haben.“
Verdutzt schlug sich der Scheuch mit der Hand auf den Kopf. Hätte der
Herrscher des Smaragdenlandes erröten können, er wäre bei dieser
treuherzigen Frage bestimmt puterrot geworden.
„Oh, ich Grobian, ich Esel!“ schrie der Scheuch und zog die Stecknadeln,
die beim Schlag auf den Kopf in seine Hand eingedrungen waren, heraus.
„Warum ist es mir nicht eingefallen? Bei seinem ersten Besuch hat der
Riese von
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