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Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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einer Kopfbewegung die Haare zurückwarf, die ihm in die Stirn hingen, sah er es: das blinde rechte Auge.
    Unvermittelt ging Ingomer mit dem blanken Schwert auf Wittiges los, aber Dux Gogo hob sofort die Hand. „Steck das Schwert weg!“
    Der Franke gehorchte augenblicklich.
    Dann wandte sich Gogo auf Fränkisch an Wittiges und musterte ihn abschätzend. „Du kannst gut mit dem Stock fechten. Von wem hast du das gelernt?“
    „Von den Hirten meines Vaters“, antwortete Wittiges in derselben Sprache. Ingomer fluchte.
    „Er ist ein westgotischer Bauer“, giftete Falco. „Ein Bauernbengel, der einen Edlen anzugreifen wagt. Er hat mir den Arm gebrochen.“
    „Sieht mir nicht so aus - und wenn, dann bist du selbst schuld“, beschied ihn Gogo ungerührt. „Wenn sich zwei erfahrene Krieger nicht einmal gegen einen Jungen mit einem Stock wehren können, haben sie jeden Hieb verdient, den sie einstecken mussten. Verschwindet! Auf der Stelle!“
    Falco drehte sich noch einmal um, als er und sein Kumpan am Fluss entlang auf ihre Pferde zugingen und drohte unmissverständlich mit der Faust. Wittiges wusste, was die Geste bedeutete: Er hatte nun zwei Feinde unter den Franken. Alle Kränkungen und Blessuren, die sie ihm verdankten, würden sie ihm heimzahlen, wenn er nicht aufpasste.
    „Und nun zu dir“, blaffte Gogo, „wie heißt du? Wer bist du?“
    Wittiges war versucht, ihn zu fragen, was ihn das anginge, entschied aber anders. Hier ist doch endlich einmal jemand von Rang, dachte er sarkastisch, der mir seine Aufmerksamkeit schenkt.
    „Ich heiße Wittiges. Mein Vater hat lange im Palast gedient, bevor er sich auf sein Landgut zurückzog.“ Noch während er sprach, nahm Gogo die Zügel straffer, wendete wortlos das Pferd und ritt am Fluss entlang hinter den anderen her. Unversehens war Wittiges allein. Plötzlich kam ihm der Kampf wie ein Spuk vor, und die Wunde am Bein schmerzte wieder heftig. Das Blut lief ihm immer noch am Schenkel hinab, und eine gewisse Schwäche gewann die Oberhand. Was hatte er sich da bloß eingehandelt? Wofür und vor allem für wen? Der Sklave war wie die anderen verschwunden. Wütend auf sich selbst humpelte Wittiges auf das Gebüsch zu, wo er Bauto gelassen hatte und las unterwegs seinen Mantel auf.
    Der Sklavenjunge hockte vor dem Hengst im Gras, wimmerte und wiegte sich wie unter Qualen hin und her. Memme, dachte Wittiges angewidert und pfiff leise nach Bauto. Aber der Hengst, sonst überaus gehorsam, trat nur unruhig von einem Fuß auf den anderen und schnaubte leise. Der Zügel hing lose im Geäst, er hätte ihn mitschleifen können, aber Bauto mochte nicht über den Jungen hinwegsteigen.
    Wittiges hatte nicht die Absicht, sich noch länger mit diesem Weichling zu beschäftigen, dem er letztlich die Beinwunde und zwei klaffende Risse in seiner zweiten Tunika verdankte. Nun besaß er kein einziges anständiges Gewand mehr. Wahrscheinlich hätten die beiden Franken an dem Jungen nur ihren Mut gekühlt und ihn dann in Ruhe gelassen. Es wäre sicher nichts Ernsthaftes geschehen, wenn er, Wittiges, sich nicht eingemischt hätte. Verdrossen starrte er auf die Jammergestalt hinab.
    „An deiner Stelle würde ich mich auf die Strümpfe machen. Geh nach Hause.“
    Der Junge hob den Kopf. Seine Wangen waren nass von Tränen und auf einer Seite lief Blut aus einem hässlichen Schnitt und mischte sich mit den Tränen. Wittiges wehrte sich gegen das aufkommende Mitleid.
    „Hast du gehört? Du kannst dich verdrücken. Ich glaub nicht, dass dir die Franken irgendwo auflauern. Du bist ein Palastsklave, oder nicht?“
    Der Junge nickte. „Du bist verletzt“, sagte er mit seltsam hoher Stimme und wies auf Wittiges Bein. Blut quoll unter dem Saum der Tunika hervor.
    „Nur ein Kratzer“, wehrte Wittiges brüsk ab und fragte sich, wann sich dieser Wicht endlich trollte. „Nicht der Rede wert.“ Hatte der Junge vor Angst geschissen und sich das Gewand befleckt und blieb deshalb hocken? „Kannst du nicht aufstehen?“
    „Doch.“ Jetzt erhob sich der Sklave ungelenk. Zu Wittiges Überraschung war dieser nur wenig kleiner als er selbst, aber außerordentlich schmächtig. Der hohen Stimme nach ein Eunuch. Die Franken hatten das gewusst. Woher? Kannten sie ihn? Kastration hatte die Kirche seit Langem verboten, sie kam nur noch als Strafe vor. Eine der gemeinsten, die sich Wittiges vorstellen konnte. Was hatte der Junge verbrochen? Noch immer liefen ihm die Tränen die Wangen hinab. Wittiges konnte

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