Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
schließlich in versöhnlicherem Ton. „Spielst du ein Instrument?“
„Ich spiele sie alle: Flöte, Leier, Zither, und ich brauche dazu die volle Beweglichkeit der Hände. Ich bin nicht der Erste, den eine solch ernste Verletzung zugrunde gerichtet hat. Vielleicht tauge ich noch für Jahrmärkte, aber dem Anspruch des Königs werde ich nicht mehr genügen.“
Allmächtiger! Einer von Athanagilds Hofmusikern hockte auf Bautos Rücken! Nun endlich ahnte Wittiges, was für eine Katastrophe das gebrochene Handgelenk für Alexander bedeutete.
„Dein Pferd ...“, murmelte Alexander das Thema wechselnd. Jetzt, da er seine Befürchtungen ausgesprochen hatte, versiegte der Tränenstrom, und auch die Stimme nahm an Festigkeit zu. Eine hohe, seltsam flache Stimme. „Auf einem solchen Pferd hab ich noch nie gesessen. Es ist ...“
„Du brauchst mir über Bauto nichts zu erzählen, was ich nicht schon weiß“, winkte Wittiges ab. Allmählich überkam ihn wieder Schwäche, daher wollte er Alexander jetzt schleunigst loswerden und sich in sein Quartier zurückziehen. Es wurde Zeit, dass er sich um seine eigenen Blessuren kümmerte. „Wir sind da.“
Wie sich herausstellte, bewohnte Alexander im dritten Stock eines der Hauptgebäude ein geräumiges Zimmer, von dem eine offen stehende Tür in einen mit Marmor ausgekleideten Baderaum führte.
Eine wahrhaft noble Unterkunft. Außerdem verfügte der Musiker über einen eigenen Diener. Philipp. Er schickte den etwa zehn Jahre alten Jungen sofort los, einen Arzt herbeizuholen. Mit einer einladenden Geste deutete Alexander auf das breite, mit Kissen und weichen bunten Wolldecken bedeckte Bett.
„Leg dich hin“, bat er. „Du musst völlig erschöpft sein. Du heißt Wittiges, nicht wahr? Ich hab zumindest einen Teil deiner Unterhaltung mit den Franken mitbekommen und deinen Namen gehört. Möchtest du etwas essen?“
Wittiges schüttelte den Kopf. „Ich denke, du kommst jetzt ohne mich zurecht. Ich muss mich um Bauto kümmern, er steht noch unten im Hof, wie du weißt.“ Auf einmal schwankte er und fiel in tiefe Bewusstlosigkeit.
4
Das Mädchen blieb an der Tür stehen. Sie war doch kleiner und schmächtiger als Athanagild vermutet hatte. Und überdies enttäuschend unscheinbar. Die schöne Erregung, die ihn beim Anblick des im Hof herumtollenden Mädchens befallen hatte, drohte sich zu verflüchtigen. Über die Schulter der Kleinen lugte Cniva ins Zimmer.
„Soll sie hierbleiben?“, fragte der Eunuch in säuerlichem Ton. Athanagild las ihm vom Gesicht ab, was er dachte. Cniva hoffte, dass der König es sich anders überlegte. Der Mann ließ es am nötigen Respekt und der geforderten Demut fehlen. Das wurmte Athanagild. Vielleicht sollte er den Hofmeister seines Amtes entheben und durch einen jüngeren Mann ersetzen, der weder unangemessene Fragen stellte noch mit seiner Miene Kritik ausdrückte. Lässig winkte er, die Tür zu schließen und ihn mit dem Mädchen allein zu lassen.
Die Kleine zögerte, näher zu treten.
„Komm nur“, sagte er freundlich, „komm her und hab keine Angst.“ Er lächelte, und dann geschah ein kleines Wunder.
Mit den ersten Schritten ins Zimmer hinein entfaltete die junge Sklavin alle Anmut, die ihn vorher bezaubert hatte. Ja, jede Bewegung hatte etwas betörend Sinnliches, dass dem Mädchen nicht bewusst sein konnte, dafür war es zu jung. Ein ungeschliffener Edelstein, eine Kostbarkeit. Und so unscheinbar war die Kleine gar nicht. Die großen dunklen Augen in dem herzförmigen Gesichtchen wurden von langen gebogenen Wimpern beschattet, und das braune Haar fiel in dichten Locken über die Schultern. Der Mund war klein, aber die vollen roten Lippen hatten einen wunderbaren Schwung. In zwei, drei Jahren würde dieses Kind zu einer Schönheit herangereift sein. Noch war es ein unschuldiges Versprechen auf köstliche Wonnen. Bei diesem Gedanke stellte sich die Erregung wieder ein. Er würde sich Zeit lassen, ein wenig zumindest.
Mit elegantem Schwung erhob er sich und bot der Kleinen seinen Sessel an. Sie schüttelte verschüchtert den Kopf. Ja, natürlich, sie war zu gut erzogen, um sich zu setzen, solange er selbst noch stand.
„Wir sind ganz unter uns“, sagte er mit einem Augenzwinkern und schob sie auf den Sitz. „Ich hab dich unten im Hof gesehen. Macht es dir Spaß, dich um die Kinder zu kümmern? Ist das deine Aufgabe?“ Cniva hatte ihm etwas über die Sklavin erzählt, aber das hatte er schon vergessen. Mit dem
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