Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
verriet ihr, dass Sigibert im Begriff war einzuschlafen.
„Schlaf noch nicht“, begann sie leise. „Was sind das für Gerüchte, die über meine Schwester im Umlauf sind?“
„Was?“ Er schreckte auf.
„Meine Schwester, was ist mit ihr?“
Er grunzte abwehrend. „Morgen, lass uns morgen darüber reden.“
„Jetzt.“ Sie kniff ihn in die Brust.
Sigibert seufzte. „Dieser Hof ist wie eine offene Kloake. Alles zieht sofort stinkend seine Kreise. Was hast du gehört?“
„Sag du es mir!“ Würde er ihr eingestehen, dass er hinter ihrem Rücken Verbindung zum Hof von Toledo aufgenommen hatte? Würde er Gailswintha zu seiner Nebenfrau machen, ohne sie, Brunichild, vorher zu fragen? Aber warum hätte er das tun sollen? Er kannte ja ihre Meinung. Wenn er sich jetzt herausredete, konnte sie nichts mehr gegen diesen Plan unternehmen. Sie würde machtlos zusehen müssen, wie Gailswintha ihren Platz einnahm.
Sigibert knurrte nur. Brunichild warf die Bettdecke von sich und machte Anstalten aufzustehen.
„Wohin willst du?“
„Ich habe das Gefühl, bei dir nicht mehr lange erwünscht zu sein. Deshalb gehe ich, bevor du mich hinauswirfst.“
Mit einem Griff zog er sie zurück und drückte sie in die Kissen. „Was für eine Teufelei ist das?“
„Ich habe dich etwas gefragt!“, schrie sie und biss ihm in die Hand.
Jetzt schrie auch er und packte sie noch fester. Um ihrer Herr zu werden, legte er sich mit seinem ganzen Gewicht auf sie. „Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist. Bist du verrückt geworden?“, knurrte er.
„Ich habe dich nach Gailswintha gefragt. Sie ist meine Schwester -, soll ich nicht erfahren, was du mit ihr vorhast?“
Pures Erstaunen breitete sich in Sigiberts Miene aus. Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich?“ Dann erhellte sich sein Gesicht unversehens. „Du bist eifersüchtig! Du bist tatsächlich eifersüchtig! Das ist gut! Jetzt brauche ich mir keine Sorgen mehr um dich und mich zu machen.“ Er lachte laut.
Brunichild konnte sich nicht bewegen, sie konnte ihn weder treten noch kratzen, sie war ganz und gar hilflos in ihrem Zorn. Und dann zwängte er sich zwischen ihre Beine, anscheinend hatte ihm das Gerangel eingeheizt. Voller Wut musste sie es ertragen, dass er unverzüglich zur Sache kam. Erst nach einigen Stößen antwortete er.
„Wie es ausschaut, werde nicht ich deine Schwester heiraten. Ich gebe zu, dass ich es erwogen habe, aber Chilperich ist mir zuvorgekommen. Heißt es wenigstens. Noch sind es nur Gerüchte. Aber seine Unterhändler sind in Toledo aufgetaucht.“
„Chilperich!“, stieß Brunichild erstaunt hervor.
„Ja, Chilperich. Ich hätte es wissen oder ahnen müssen. Er macht mir alles nach, dieser ränkesüchtige, ewig neidische Tollkopf. Wenn das Gerücht stimmt, wirst du deine Schwester wiedersehen. Das wolltest du doch.“
Brunichild schlang die Arme um Sigibert, und eine grenzenlose Erleichterung durchflutete sie, die erst in haltlosem Gekicher und dann in Leidenschaft überging. Und darin trennte sie und ihr Gatte nichts mehr.
16
Aletha war für längere Zeit heimgekehrt. Brunichild selbst hatte sie mit der strengen Anweisung weggeschickt, sich um ihr Kind und ihren Mann zu kümmern. Sie hatte ihr ins Gewissen geredet, von neuem Feuer und Sendungsbewusstsein durchdrungen. Vorher aber hatte Aletha die Edelsteine an die königliche Kämmerei verkauft. Der Verkauf war über Gogo abgewickelt worden, und es war ein hübscher Gewinn dabei herausgekommen. Neben dem Geld brachte sie den Auftrag mit, mehr von den Kostbarkeiten zu besorgen, denn es gab jetzt einen erhöhten Bedarf daran bei Hof.
Wittiges war über diese Neuigkeiten recht erfreut. Aletha brachte aber auch die Aufforderung mit, sich umgehend in Reims einzufinden, weil Gogo und Sigibert ihn sprechen wollten. Das war weniger angenehm. Längst hielt sich Wittiges lieber auf seinem Gut als bei Hof auf, obwohl ihn das Leben dort durchaus noch reizte. In der Kampfkunst war er inzwischen so weit fortgeschritten, dass ihn Gogo zum Lehrer für den Nachwuchs, die Nutriti , bestellte. Das Unterrichten machte ihm sogar Spaß. Chramm, der kleine Bruder seines alten Feindes Ingomer, war einer seiner eifrigsten und liebenswürdigsten Schüler, aber auch einer der unbegabtesten. Dafür konnte er nichts, seine Behinderung machte ihn fast völlig untauglich.
Bevor Wittiges nach Reims aufbrach, erlebte er eine Überraschung. In der Nacht kam Aletha von sich aus zu ihm ins Bett. Er hatte sich
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