Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
entschieden mehr, als es einbrachte. Die erste Ernte war bescheiden ausgefallen, sie reichte nicht einmal für die Grundsteuer, und da gab es noch die alten Steuerlasten, die nach und nach beglichen wurden. Und als sich eine Gelegenheit bot, einige Felder und ein großes Stück Wald aus Edwins ehemaligem Besitz zu erwerben, griff Wittiges zu.
Im Frühsommer wurde Brunichild wieder schwanger. Kaum hatte die Nachricht die Runde gemacht, unterrichtete Chilperich seine Brüder offiziell über die Verlobung mit ihrer Schwester. Er lud die gesamte Familie zur Hochzeit im September ein, die aber, als der Termin näher rückte, um einige Wochen verschoben wurde.
Anfang Oktober brachte Wittiges in Erfahrung, dass sich Chariberts Gesundheitszustand rapide verschlechtert und Chilperich eine Gesandtschaft auf den Weg geschickt hatte, um seine Braut abzuholen.
„Aletha, hast du sie gesehen?“ Brunichild war nicht zur Hochzeit gereist, Sigibert hatte es ihr eingedenk ihres letzten Besuchs in Soissons verboten, und sie hatte sich gefügt. Auch diese Schwangerschaft gestaltete sich mühsam. Ihr war fast immer übel, und sie fühlte sich dauerhaft matt. Deshalb hatte Sigibert die alljährliche Huldigungsreise durch die Provinzen so gut wie allein unternommen. Sie war ganz froh, dass er sie in ihrem unpässlichen Zustand so selten erlebte. Hoffentlich lohnte sich die Pein, und sie gebar endlich den ersehnten Sohn. Als Vertretung hatte sie Aletha in Wittiges’ Begleitung zur Hochzeit geschickt. Wittiges war sie noch immer wegen des Fohlens gram, das Bella im Frühjahr geworfen hatte, ein lächerlich kleines und hässliches Stutfohlen, dass sie ihm nur zu gern überlassen hatte.
„Ist sie glücklich?“, fuhr Brunichild eindringlich fort. Ist sie glücklich mit dem Mann, in den ich einmal so rasend verliebt gewesen war?, fügte sie im Stillen hinzu. Ihre Leidenschaft für Chilperich war endgültig vorbei. „Also, wie war’s auf der Hochzeit?“ Brunichild legte die Hände auf den gerundeten Bauch. Noch etwa vier Monate! Wie sollte sie die bloß durchstehen?
„Es war sehr feierlich“, begann Aletha zögernd. Sie musste ihre Erinnerungen ordnen. So viele Eindrücke und Begegnungen waren auf sie eingestürmt, wichtige, unwichtige, und solche, über die sie noch nachdenken wollte. Seit einigen Monaten äußerte sie seltener als vorher, was ihr gerade durch den Kopf schoss.
„Feierlich! Mein Gott! Natürlich war es feierlich, was denn sonst?“, stöhnte Brunichild unbeherrscht auf. Trotz der Kühle saßen sie im Garten, um die Schultern Tücher aus wunderbar weicher Wolle in leuchtendem Rot. Die Umschlagtücher stammten aus Casa alba . Aletha hatte sie weben lassen. Brunichilds Tuch war das erste Geschenk gewesen, das Aletha ihr gemacht hatte.
„Es gab eine Zeremonie in der Kirche. Mit Fässern voller Weihrauch und vier Bischöfen. Mehr hatten am Altar nicht Platz. Gailswintha ist zum römischen Glauben übergetreten, noch vor der Hochzeit. Fredegund hat’s mir erzählt.“ Audoveras ehemalige Kammerfrau war Alethas wichtigste Nachrichtenquelle. Es gab da etwas Neues, das Fredegund selbst betraf. Sie waren an einem Nachmittag durch den wundervollen Garten mit den vielen schattigen Plätzen, ausgedehnten Wasserbecken und ein paar antiken Statuen spaziert. Sie hatten ein kleines Mädchen bei sich gehabt.
„Hast du mit Gailswinth selbst gesprochen? Hast du ihr erklärt, warum ich nicht kommen konnte?“, unterbrach Brunichild Alethas Erinnerungen.
„Ja!“
„Was hat sie gesagt?“
„Gleich, ich wollte dir erst noch von der Hochzeit erzählen“, fuhr Aletha rasch fort. „Ich habe noch nie so eine Pracht gesehen! Wir haben von goldenen Tellern gegessen. Der Saal war mit Marmor ausgekleidet, ein riesiger Saal, der aber nicht alle Gäste fassen konnte. Chilperich, heißt es, hat jedem seiner Edlen Strafe angedroht, wenn er nicht zur Hochzeit erscheint! Die Familie war natürlich vollzählig anwesend.“ Aletha streifte Brunichild mit einem Blick. „Nun ja, fast vollzählig. Charibert ließ sich entschuldigen, aber mit ihm rechnete keiner. Wie lange es mit ihm wohl noch dauert?“
„Würdest du bitte auf das Wesentliche kommen?“, fragte Brunichild mit mühsamer Beherrschung.
Was war das Wesentliche?, grübelte Aletha. Dass Gailswintha aussah, als müsste sie unter ihrem Gewand ersticken? Es war aus schwerem Goldbrokat gefertigt und überreich mit Juwelen besetzt. Dazu trug die Braut ein Kopfband, das sich vor
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