Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
einmal war ihm trotz der furchtbaren Sorge leicht zumute. Er küsste sie auf die blasse Wange. „Wenn ich ihn finde, musst du mir etwas versprechen“, murmelte er.
„Ich verspreche dir alles, was du willst“, sagte sie inbrünstig.
„Du wirst mir endlich sagen, wer sein Vater ist.“
Es war, als hätte er ihr sie geohrfeigt. Sie taumelte zurück. Ihr Mund öffnete sich, sie wurde noch bleicher als zuvor, und ihr Atem ging heftig. Wittiges wusste, dass seine Forderung einer näheren Erklärung bedurfte, sonst täte sich wieder ein tiefer Graben zwischen ihnen auf. Fast bereute er seine Worte, aber im tiefsten Innern wusste er, dass er die Forderung nicht zurücknehmen wollte. Irgendwann musste sie doch einmal reden und sich offenbaren. Sonst fänden sie nie zu der Verbundenheit, nach der er sich sehnte - und sie sicher auch.
Mit wenigen Schritten hatte er Bauto erreicht und schwang sich in den Sattel. Gehorsam fiel der Hengst in Galopp.
In der Mitte des Dorfes hatte sich eine große Gruppe von Menschen um Cniva geschart, und die Bewohner des Nachbardorfs eilten gerade von Alexander angeführt herbei, Frauen, Kinder und ein alter Mann.
„Wittiges!“ Alexander winkte und trieb sein Maultier an.
Rufe wurden laut. Die Leute erkannten den Gutsherrn und liefen auf Wittiges zu. Wie er bemerkte, hatten viele Fackeln und lange Stöcke dabei. Sie haben sich auf die Suche bei Nacht eingerichtet, erkannte er. Die Gesichter waren ernst, aber dennoch schienen die Dörfler froh, ihn bei sich zu wissen. Cniva, der wohl gerade dabei war, sie für die Suche einzuteilen, stand auf einmal allein da. Wittiges drängte sich zu ihm durch.
„Gut, das du da bist.“ Cniva klopfte Bauto den Hals. „Wir können jedes Paar Augen mehr gebrauchen.“ Er wandte sich zu den anderen um. „Stellt das Schwatzen ein und hört alle her! Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Dem konnte Wittiges nur beipflichten, aber Cniva hatte noch nicht begriffen, dass er nicht länger das Kommando führte.
Wittiges war nicht abgesessen. Er hob einen Arm, und augenblicklich trat Ruhe ein. Abschätzend musterte er seine Mannschaft. Seine Hoffnung richtete sich auf die jungen männlichen Sklaven, die am ehesten in der Lage waren, eine anstrengende nächtliche Suche durchzustehen. Aber er hütete sich, irgendjemanden fortzuschicken.
„Danke, Cniva.“ Er nickte dem ehemaligen Hofmeister knapp zu. „Danke, dass du alle zusammengeholt hast.“ Einen Moment wirkte Cniva verärgert, aber dann fügte er sich Wittiges Autorität.
Wittiges wollte gerade fortfahren, da näherten sich weitere Landleute, angeführt von Pontus und Theodo. Der Nachbar war mit Sigibert in den Krieg gezogen, daher war Wittiges sehr überrascht, ihn nun zu sehen. Allerdings trug Theodo einen Arm in der Schlinge, anscheinend hatte ihn eine Verletzung gezwungen, den Kampf an Sigiberts Seite vorerst aufzugeben.
„Ist es schlimm?“ Wittiges verschwendete keine Zeit mit einer langen Begrüßung. Pontus hatte er nur knapp zugenickt.
„Das hier?“ Theodo hob kurz den Arm mit der Schlinge. „Reden wir nicht darüber. Meine Beine sind in Ordnung und meine Augen auch.“
Wittiges war heilfroh über die Unterstützung, denn Theodo hatte offenbar sein gesamtes Gesinde mitgebracht.
Rasch waren die Helfer in Gruppen aufgeteilt und hatten abgesprochen, wie sie sich während der Suche mittels Pfiffen untereinander verständigen würden. Danach leerte sich der Platz in der Dorfmitte. Zum Glück schien der Mond, und die Fackeln erwiesen sich als unnötig.
Pontus schloss sich Wittiges an und unterrichtete ihn über die bisherige Suche. Genau wie Wittiges, hatten er, Cniva und Alexander von Anfang an bezweifelt, dass Felix auf seinen eigenen Beinen weit käme und Viola konnte ihn allenfalls eine kurze Strecke getragen haben. Das Mädchen war nun sieben, aber immer noch zart.
„Theodo hat mir erzählt, dass er vorige Woche eine kleine Bande von Bagauden im Wald aufgescheucht hat“, erklärte Pontus leise.
„Und?“ Wittiges überlief ein eiskalter Schauder.
„Er und seine Sklaven haben drei von ihnen niedergemacht, die anderen sind entkommen.“
„Wo war das?“
„Im Wald oberhalb der Mühle.“
Wittiges wurde die Kehle eng vor Angst. Nur mit Anstrengung konnte er das Gespräch fortsetzen. „Bis zur Mühle kann Viola mit dem Kleinen niemals gelaufen sein.“
„Nein.“
Sie verfielen in Schweigen. Aber jeder wusste, was der andere dachte. Es war eine unvermeidliche Folge des
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