Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
ging ich in die Raiffeisenbank und löste einen Euro-Scheck ein. Hinter dem Schalter stand eine junge Frau, blondhaarig, ein wenig schmal, rotgesichtig, unbeschäftigt. Wir waren allein.
      »Viele Touristen hier?«
      »Nein, noch nicht. Die Ferien sind ja noch nicht da.« Sie rollte das >r< sehr sympathisch, und sie lächelte mich zaghaft an. Wahrscheinlich waren Gespräche in dieser Bank selten.
      »Ich bin Journalist aus Bonn«, sagte ich freundlich. Ich reichte ihr meinen Presseausweis, und sie warf einen Blick darauf. »Ich habe hier mit einem gewissen Georg Tutting ein Interview. Er ist hier sehr beliebt, nicht wahr?«
      Das mochte sie, das Thema war gut. »Na sicher, er ist ja auch ein Großer, der Größte hier. Er ist hier Kunde, aber er ist bei jeder Bank hier Kunde. Wir nennen ihn immer BB, für >big boss<. Geht er denn nun jetzt nach Bonn?«
      »Das kann schon sein«, sagte ich vieldeutig. »Ich werde ihn das fragen. Wie viele Firmen hat er eigentlich?«
      »Mindestens zwölf. Jetzt hat er eine neue, stand schon in der Presse, jetzt baut er auch Golfplätze.«
      »Ist er eigentlich verheiratet?«
      »Er hat Grootens Marlies geheiratet damals. Die kannten sich schon in der Schule. Haben vier Kinder.«
      »Spielt er in der Kommunalpolitik auch eine Rolle?«
      Sie lächelte. »Offiziell nicht, aber hier läuft ohne ihn nichts.«
      »Wie lebt er denn so?«
      »Davon kriegen wir überhaupt nichts mit. Er hat da seine Villa mit Fernsehüberwachung und so. Mit den Leuten hier, also sagen wir mal gesellschaftlich, hat er ja nichts zu tun. Mehr schon mit den Amerikanern. Die sind oft hier.«
      »Soldaten?«
      »Das weiß ich nicht. Jedenfalls kommen sie immer in Zivil mit einem Hubschrauber.«
      »Sie haben mir sehr geholfen«, sagte ich und hatte das Gefühl, sie habe mir überhaupt nicht geholfen. Ich ging hinaus, steuerte eine Telefonzelle an und rief Trude Schott an.
      »Wieso landen zivile Amerikaner in Hubschraubern bei Tutting?«
      »Na ja, mein Junge, offiziell dürfte es die hier eigentlich nicht geben. Sie machen in Selbstzerstörungsanlagen. Wieso fragst du nach denen? Was Neues?«
      »Ich stochere nur so herum.«
      Ich stand da in der Sonne und kniff die Augen zusammen, weil ich Kopfschmerzen hatte und nichts als das dumpfe Gefühl der Aussichtslosigkeit. Vielleicht war die Lösung banal, vielleicht hatte irgendein junger Mann dem Papi die Remington geklaut und sie ausprobiert. Vielleicht eine der Figuren, die wir Randexistenzen nennen, die zu verhungern glauben, nicht ein noch aus wissen. Vielleicht so etwas?
      Ich ging noch mal in die Bank zurück.
      »Was hat Tutting denn so für Hobbys?«
      »Er ist Jäger«, sagte sie. »Er jagt im Sachsenwald bei Wohltorf. Dann noch irgendwo in Berchtesgaden. In Jugoslawien. Manchmal steht was darüber in der Zeitung.«
      »Was noch?«
      »Er hat ein Boot, eine Yacht. Ich glaube, auf Sylt.«
      »Noch eine indiskrete Frage: Hat er Weibergeschichten?«
      »Also, da würde hier sicher geredet. Nein, von so was weiß ich nichts.«
      Ich ging wieder in die Telefonzelle und rief mich selbst an.
      Isolde säuselte: »Eutin hier im Hause Baumeister.«
      »Isolde, ich habe eine Frage...«
      »Hoffentlich kommt ihr bald nach Hause. Ihr könnt doch eine alte Frau nicht so allein lassen. Was willst du denn, Liebchen?«
      »Sagt Ihnen der Name Tutting etwas?«
      »Georg Tutting, ja. Ist halt ein Stahlhelm-Mensch, einer von denen, die ständig vor den Russen und ihren Verbündeten warnen. Er ist ein Baumensch, oder irgend etwas in der Richtung. Und er hat großen Einfluß bei den Rechten, in der CDU und draußen. Er schrieb dem General immer wütende Briefe. Der General sei ein Naivling, der keine Ahnung davon habe, wie aggressiv die Russen wirklich sind. Warum?«
      »Nur so«, murmelte ich. »Ich glaube, wir kommen bald heim, ich habe die Nase voll.«
      »Das ist aber fein, Liebchen. Soll ich was Gutes zum Abendessen kochen?«
      »So schnell geht es auch wieder nicht. Kannten die sich persönlich?«
      »Der General und der Tutting? Ja, soweit ich weiß, haben die sich mal in Bonn kennengelernt. Der General sagte, der Tutting habe den irren Blick des Kriegers.«
      »Aha«, murmelte ich und hängte ein.
      Der Verkehr war ein wenig reger geworden. Ich hängte mich hinter einen Laster und trödelte durch den heißen Nachmittag. Trude Schott hatte erwähnt, man könne

Weitere Kostenlose Bücher