Der Genesis-Plan SIGMA Force
Auge misstrauisch zusammengekniffen, ergriff Fiona seine Hand.
»Abgemacht«, sagte sie.
Grays Fehler wurden damit nicht ungeschehen gemacht, doch es war immerhin ein Anfang. Er musste sie aus der Schusslinie herausschaffen. Im Flugzeug wäre sie erst einmal sicher. Sie könnte unter Bewachung an Bord bleiben, während er und Monk die Ermittlungen fortsetzten.
Fiona schob ihm das Notebook mitsamt den gekritzelten Symbolen entgegen. »Nur damit Sie Bescheid wissen … wir müssen nach Paderborn in Deutschland. Sobald wir dort sind, verrate ich Ihnen die Adresse.«
Gray fasste das Zugeständnis als kleinen Vertrauensbeweis auf. »Das reicht.«
Fiona nickte.
Damit war der Deal besiegelt.
»Jetzt fehlt nur noch, dass diese hirnlose Musik aufhört«, stöhnte sie.
Wie aufs Stichwort brach das Gedudel ab. Auch das leise Maschinengesumm und das Rattern der Wagen waren verstummt. In der plötzlichen Stille hörten sie Schritte, die sich der schmalen Tür näherten.
Gray richtete sich auf. »Bleiben Sie hinter mir!«, zischte er.
Fiona verstaute die Bibel in ihrer Handtasche. Gray nahm eine Eisenstange in die Hand, die er zuvor in dem Wartungsraum entdeckt hatte.
Die Tür ging auf, und jemand leuchtete ihnen ins Gesicht.
Ein Mann sagte ungehalten auf Dänisch: »Was machen Sie hier?«
Gray senkte die Stange. Um ein Haar hätte er sie dem Uniformierten in den Bauch gerammt.
»Wir haben geschlossen«, sagte der Mann und trat beiseite. »Verschwinden Sie, sonst hole ich den Sicherheitsdienst.«
Gray gehorchte. Der Mann musterte ihn finster. Gray wusste, wie das Ganze wirken musste. Ein älterer Mann, der sich in einem Vergnügungspark mit einer jungen Frau in einer Abstellkammer versteckt hatte.
»Alles in Ordnung, junge Dame?«, fragte der Arbeiter. Offenbar hatte er Fionas verquollene Augen und ihre zerrissene Kleidung bemerkt.
»Danke, alles bestens.« Sie hakte sich bei Gray unter und schwenkte ein wenig die Hüften. »Für diesen Spaß hat er extra bezahlt.«
Der Mann verzog angewidert das Gesicht. »Der Hinterausgang ist dort drüben.« Er zeigte auf ein Neonschild mit der Aufschrift Exit . »Lassen Sie sich nicht noch einmal erwischen. Es ist gefährlich, hier herumzulaufen.«
Weniger gefährlich als draußen, aber das konnte er nicht wissen. Gray trat ins Freie und sah auf die Uhr. Es war kurz nach elf. Der Park würde erst in einer Stunde schließen. Vielleicht sollten sie jetzt schon versuchen, nach draußen zu gelangen.
Als sie den Hauptweg erreichten, stellte sich heraus, dass sich kaum noch jemand in diesem Teil des Parks aufhielt. Kein Wunder, dass das Bergwerk bereits geschlossen hatte.
Vom Teich drangen Musikfetzen und Stimmenlärm herüber.
»Die sammeln sich jetzt für die Parade«, sagte Fiona. »Dazu gibt es ein Feuerwerk, dann schließt der Park.«
Gray konnte nur hoffen, dass das Feuerwerk nicht in einem Blutbad enden würde. Er musterte die Umgebung. Laternen erhellten die Nacht. Unmengen von Tulpen blühten in den Beeten. Nur noch wenige Besucher hielten sich auf den betonierten Wegen und Vorplätzen auf. Hier waren sie zu exponiert.
Er bemerkte zwei Wachleute, einen Mann und eine Frau, die etwas zu zielstrebig auf sie zuhielten. Hatte der Arbeiter vielleicht doch den Sicherheitsdienst alarmiert?
»Wir müssen allmählich untertauchen«, meinte Gray und zog Fiona in die entgegengesetzte Richtung. Er wandte sich dorthin, wo die Menschen waren. Sie schritten zügig aus und hielten sich möglichst im Baumschatten. Zwei Parkbesucher, welche die Parade nicht versäumen wollten.
Sie ließen die Rabatten hinter sich und betraten den zentralen Platz mit dem Teich, der von den Lampen und Laternen der umliegenden Pavillons und Paläste hell erleuchtet war. Jubel brandete auf, als sich der erste Paradewagen näherte. Der Aufbau war drei Stockwerke hoch und stellte eine mit smaragdgrünen und azurblauen Lämpchen geschmückte Nixe auf einem Fels dar. Die Nixe winkte einladend. Weitere Wagen folgten, alle mit animierten, fünf Meter großen Puppen. Dazu ertönte von Trommeln begleitete Flötenmusik.
»Die Hans-Christian-Andersen-Parade«, erklärte Fiona. »Zur Feier seines zweihundertsten Geburtstags. Er ist so was wie der Schutzheilige der Stadt.«
Sie näherten sich den Menschen, die das Ufer säumten. Begleitet von einem dumpfen Knall stieg ein gewaltiger, sich im Teichwasser spiegelnder Feuerball auf. Unter durchdringendem Pfeifen breiteten sich Lichtkaskaden über den
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