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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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Schweigen als Überheblichkeit ausgelegt, so als hätte ich es nicht nötig, um Stimmen zu buhlen. Früher hatte Hayel die Arbeit übernommen, für mich zu werben, und ich hatte sie ihm mit großer Erleichterung überlassen, doch Hayel lebte nicht mehr … Am nächsten Morgen fuhr ich in aller Frühe nach Ramallah zurück, weil ich mich nicht von wohlmeinenden Freunden bemitleiden lassen wollte. Wichtiger war, dass meine Abteilung hervorragende Arbeit geleistet hatte. Noch wichtiger war, dass Abbas gestärkt aus diesem Parteitag hervorging.
    Denn bis dahin war Abbas allgemein unterschätzt worden. Selbst Klaus Burkhardt, der Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland bei der Palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah, hatte mir gegenüber bemerkt, er halte Abbas für eine schwache Figur. Gerade in dieser Fehleinschätzung liege seine Stärke, hatte ich ihm geantwortet. Was wie Schwäche wirke, sei in Wirklichkeit die unbeirrbare Überzeugung, dass es zur Politik des leisen und beharrlichen Aushandelns und Verhandelns keine Alternative gebe. Ich habe diese Politik von Anfang an bedingungslos unterstützt und war über den Ausgang unseres Kongresses trotz meiner Niederlage sehr froh – zum einen, weil die Fatah nach einer langen Phase des Niedergangs neue Geschlossenheit demonstriert hatte, zum anderen, weil Präsident Abbas sich in den Diskussionen behauptet und die Wertschätzung des Auslands erfahren hatte.
Seither erfreute er sich wachsender internationaler Anerkennung.
    In Bethlehem war Abbas aus dem Schatten Arafats herausgetreten. In einem Punkt allerdings hatte sich nach Bethlehem nichts geändert: Die Probleme, vor die sich Abbas durch die Politik Israels gestellt sah, erschienen unüberwindbar – und erscheinen es bis auf den heutigen Tag.

Eine griechische Tragödie?
    Wir hatten all unsere Hoffnung auf Barack Obama gesetzt. Nach George W. Bush erschien er als die Rettung, für uns wie für die Welt. Und unsere Hoffnungen schienen endlich berechtigt. 2009 stellte Obama seine Rede an der Universität von Kairo – begierig aufgenommen von allen Arabern – unter die Losung »Versöhnung mit der islamischen Welt«. Die Beilegung des Israel-Palästina-Konflikts bezeichnete er darin als Schlüssel zum Frieden in den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens. Mit Worten, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrigließen, verurteilte er die israelische Siedlungspolitik als größtes Hindernis auf dem Weg zu einer gerechten Lösung, forderte die Gründung eines palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967 und betonte, dass ein souveränes Palästina auch im Interesse Amerikas liege. Ein Aufatmen ging durch die arabischen Länder. Auf solche Sätze aus dem Mund eines amerikanischen Präsidenten hatten wir lange gewartet. Endlich jemand, der nicht nur die Macht besaß, sondern auch den Willen bekundete, dem fruchtlosen Hickhack um Palästina ein Ende zu setzen! Ein Jahr später, in seiner Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen, zerstreute Obama die letzten Zweifel an seiner Entschlossenheit, als er seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, der nächste neue Mitgliedsstaat der UNO möge Palästina heißen.
    Gleich nach seiner Rede in Kairo ging Obama an die Arbeit. Nachdem Netanjahu, nun zum zweiten Mal israelischer Ministerpräsident, zugesagt hatte, den Siedlungsbau für neun Monate einzufrieren, willigte Abbas in Verhandlungen ein,
und Obama schickte seinen Sonderbeauftragten für den Nahen Osten, George Mitchell, im Frühjahr 2009 zu Gesprächen nach Jerusalem. Kaum war Mitchell eingetroffen, wurde er von Bürgermeister Nir Barakat über den geplanten Bau von 1200 neuen israelischen Wohneinheiten in Ost-Jerusalem unterrichtet – ein Schlag ins Gesicht des amerikanischen Präsidenten. Dann entsandte Obama seinen Stellvertreter Joe Biden. Der war noch nicht gelandet, als derselbe Bürgermeister das israelische Bauprogramm weiter aufstockte.
    Nichts hatte sich geändert. Netanjahu tat, was alle israelischen Ministerpräsidenten nach Rabin getan hatten: Er ließ alle, denen an ernsthaften Verhandlungen lag, ins Leere laufen und schuf unterdessen vollendete Tatsachen. Und Obama tat, was die meisten amerikanischen Präsidenten früher oder später getan hatten: Er machte einen Rückzieher. In diesem Fall heißt das: Er übernahm Netanjahus Position und verlangte von den Palästinensern die Aufnahme indirekter Gespräche ungeachtet der israelischen Blockadepolitik. Die Israelis kosteten ihren

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