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Der Gesang der Orcas

Der Gesang der Orcas

Titel: Der Gesang der Orcas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Freund und ich habe ihn einige Monate nicht gesehen.«
    Weil bisher niemand aufgetaucht war, hatte ich angenommen, Javid hätte keinen besten Freund,wie ich keine beste Freundin hatte. Aber das war ein Irrtum. Sein Freund war nur nicht da gewesen. Würde Javid Ahdunko von nun an seine Zeit mit diesem Tyler verbringen, statt sich mit mir abzugeben? War ich jetzt abgeschrieben? Die beiden hatten sich lange nicht gesehen und bestimmt gab es eine Menge zu erzählen. Ich mochte Tyler nicht, jedenfalls war mein erster Eindruck nicht besonders positiv ausgefallen. Aber das musste nichts heißen. Ich hatte es sowieso schwer damit, andere zu mögen.
    Nur bei Javid war das nicht so gewesen. Ihn hatte ich sofort gemocht. Er hatte mir gar keine Zeit gelassen, um darüber nachzudenken, ob ich ihn sympathisch finden sollte oder nicht. Er hatte gesagt: »Du bist Kupferfrau« und hatte mich einfach so geküsst. Nun mochte ich ihn viel mehr, als mir eigentlich lieb war. Und meine neuerlich aufkeimenden Zweifel konnten das auch nicht mehr ändern.

13. Kapitel
    D as Zodiac-Schlauchboot lehnte aufrecht an der Wand neben der Schuppentür, verhängt von einer löchrigen Segeltuchplane. Deshalb war es mir bei meinem ersten Besuch gar nicht aufgefallen. Vielleicht auch, weil ich nur Augen für das schöne Kanu gehabt hatte.
    Â»Wir müssen es zum Wasser tragen«, sagte Javid. »Wirst du das schaffen?«
    Das dunkelrote, vorne leicht spitz zulaufende Schlauchboot war zwar nicht sehr groß,nur ungefähr drei Meter lang und zwei Meter breit, aber schwer wog es doch. Vom Schuppen bis zum Wasser war es zum Glück nicht weit, nur ein paar Schritte, weil gerade Flut herrschte. Zu zweit schafften wir es. Javid lief noch einmal zurück und holte den Motor, den er an einem dafür vorgesehenen Brett im Heck des Schlauchbootes anbrachte. Dann drückte er mir eine alte, fadenscheinige Schwimmweste in die Hand.
    Â» Da«, sagte er. » Besser, du legst sie an.«
    Ich schlüpfte hinein und schnürte sie fest.
    Â»Was ist mit dir?«, fragte ich, denn es schien nur diese eine Rettungsweste zu geben.
    Â» Ich kann schwimmen«, meinte Javid und grinste breit.
    Er warf seine Turnschuhe ins Schlauchboot und ließ mich einsteigen. Dann schob er das Boot ein Stück durch die Brandung, bevor er selbst hineinsprang. Das Schlauchboot schaukelte auf den Wellen und ich hielt mich an den Trageseilen fest. Javid klappte den Motor nach unten und warf ihn an. Ehe ich mich versah, hatten wir die Brandung überwunden und die Bucht verlassen.
    Javid steuerte nun auf das offene Meer hinaus. Ein wenig mulmig war mir jetzt doch zu Mute, so ganz allein in diesem Schlauchboot, das nicht mal einen festen Boden hatte. Es war nicht dasselbe wie der Ausflug mit Henry Soones Motorboot. In dem kleinen Schlauchboot war das Meer ganz nah, zum Greifen nahe. Aber Javid hatte mir versichert schon oft mit dem Zodiac draußen auf dem Meer gewesen zu sein. Und all seine routinierten Bewegungen und Handgriffe ließen mich zu dem Schluss kommen, dass er wusste, was er tat.
    Trotzdem wurde mir auf einmal furchtbar übel. Es ging ganz schnell, ohne dass ich damit gerechnet hätte. Ich spürte, wie mein Mageninhalt langsam nach oben wanderte. Als Javid mein Gesicht sah, stoppte er sofort den Motor. »Du bist ja ganz blass«, sagte er. »Ist dir schlecht?«
    Ich nickte mit zusammengepressten Lippen. Gleich würde ich die unverdaute Muschelsuppe ins Meer speien. Weil ich das unbedingt verhindern wollte, stiegen mir Tränen in die Augen.
    Â»Du hast die Seekrankheit«, sagte Javid. »Ich hätte es wissen müssen.« Er war gleich bei mir. »Gib mal deine Hände!«
    Ich hatte keine Ahnung, was er bezweckte, aber ich streckte ihm gehorsam meine Hände entgegen. Er umfasste meine Handgelenke, suchte mit beiden Daumen nach einem bestimmten Punkt zwischen den Sehnen und drückte zu. »Atme tief durch«, riet er mir, »und schau auf den Horizont. Lass deinen Körper mit den Wellen mitgehen und versteife dich nicht dagegen.«
    Ich tat, was er mir sagte, zumindest versuchte ich es. Das Boot schaukelte furchtbar, obwohl das Meer ruhig war. Javid sah mich erwartungsvoll an. »Besser?«, fragte er.
    Es dauerte einen Moment, aber dann ging es mir tatsächlich etwas besser. Tapfer schluckte ich hinunter, was schon auf halber Höhe gewesen war, und die Übelkeit ließ langsam

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