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Der Gesang der Orcas

Der Gesang der Orcas

Titel: Der Gesang der Orcas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Copper, verstehst du auf einmal keinen Spaß mehr?«
    Â»Ich friere«, sagte ich schmollend und rieb mir die nackten Arme. Meine helle Haut war empfindlich und die lange Zeit auf dem Wasser hatte mir einen Sonnenbrand verpasst, der sich nun langsam, aber sicher bemerkbar machte. Ich wurde krebsrot.
    Ein grauer Dunststreifen verdeckte auf einmal die Sonne und ließ den übrigen Himmel honiggelb aufleuchten. Ich war vollkommen durchnässt und auf dem Wasser wurde es schnell frisch, wenn die Sonne nicht mehr wärmte.
    Mir war bewusst, dass ich mich zickig benahm, genauso, wie ich es bei anderen Mädchen nicht leiden konnte. Aber ich konnte nichts dagegen tun. Immer tiefer steigerte ich mich in meinen Groll hinein, hatte aber nach wie vor die Hoffnung, dass Javid mich da wieder herausholen würde.
    Aber Javid Ahdunko war ein Makah und von Einschmeicheln hielt er nichts. Mürrisch sagte er: »Wenn du ein bisschen mehr auf den Rippen hättest, würdest du auch nicht so schnell frieren.«
    Das war nun das dritte Mal, dass er meine Magerkeit erwähnte, und jetzt schwieg ich trotzig. Wahrscheinlich hielt er mich für eines dieser Mädchen, die sich absichtlich den Finger in den Hals steckten, um ja kein Gramm Fett anzusetzen. Ich hatte aber auch keine Lust, ihm zu erklären, dass ich erst seit einem halben Jahr so richtig dürr war. Andere setzten Kummerspeck an, wenn sie traurig waren, ich wurde immer weniger. Sogar meine Monatsblutung hatte zwischendurch ausgesetzt. Aber das würde sich schon wieder ändern, dessenwar ich mir sicher. Ich brauchte bloß ein bisschen Zeit.
    Javid zuckte die Achseln, als er mein verärgertes Schweigen registrierte. Er zog an der Drahtstrippe und warf den Motor an. Nach ungefähr einer Stunde waren wir wieder in der Siedlung Waatch und brachten das Boot in den Schuppen zurück. Wir redeten kein Wort miteinander und ich war todunglücklich darüber, denn eigentlich wollte ich gar nicht beleidigt sein.
    Ich wollte Javid sagen, wie glücklich ich war meine Angst überwunden und die Wale so nah gesehen zu haben. Wie froh ich war, dass er mich mitgenommen hatte, obwohl es ihm Ärger einbringen konnte, wenn es herauskam. Aber ich konnte nichts sagen und auch er schwieg mit ausdrucksloser Miene weiter, bis wir zurück in Neah Bay waren.
    Fredas Auto stand vor dem Motel, sie war schon am frühen Nachmittag aus der Stadt zurückgekommen. Von unserem roten Leihwagen war noch keine Spur zu sehen. Darüber war ich ganz froh, denn Papa hätte bestimmt eine Menge Fragen gehabt, wenn er mich so nass und unglücklich gesehen hätte.
    Freda begrüßte uns. »Na, ihr beiden?«, fragte sie. »Wie war euer Tag?«
    Â»Wir waren schwimmen«, antwortete ich lahm.
    Â»Mit Sachen?«
    Ich sagte nichts und Javid wollte sich heimlich davonmachen. Aber Freda rief ihn zurück. »Ich habe von Onkel Henry eine Menge Fisch bekommen und will heute Abend draußen grillen. Wie wäre es, wenn du mir ein bisschen bei den Vorbereitungen hilfst, Javid?«
    Â»Hmmm«, brummte er, »komme gleich. Will mich nur umziehen.«
    Â»Ich kann auch helfen«, schlug ich ohne Begeisterung vor.
    Â»Da sage ich nicht Nein.« Freda nickte dankbar. »Aber zieh dir erst einmal was Trockenes an, sonst erkältest du dich noch und es gibt Ärger mit deinem Vater. Und wenn du das nächste Mal baden gehst, vergiss die Sonnencreme nicht.«
    Â»Ja«, sagte ich reumütig.
    Freda öffnete eine Schublade und reichte mir eine kleine Plastikdose. »Hier«, sagte sie. »Ein Makah-Geheimrezept. Reib dich damit ein und es wird nicht so schlimm werden, wie es aussieht.«
    Ich bedankte mich und ging hinauf in mein Zimmer.

14. Kapitel
    I ch war todunglücklich. Am liebsten hätte ich mich eingeschlossen und in mein Bett verkrochen. Aber das ging nicht, denn ich hatte Freda versprochen ihr zu helfen. Also duschte ich und versorgte meinen Sonnenbrand mit Fredas Salbe. Dann zog ich Latzhosen und ein graublaues, langärmliges T-Shirt an und ging wieder nach unten, um Freda in der Küche zu helfen. Zum Glück war Javid nicht bei ihr. Er hatte draußen damit zu tun, den Grill zu säubern und Holz vorzubereiten. Später sah ich ihn Stühle auf die Wiese tragen.
    Vor Freda auf dem Holztisch lagen zehn riesige rötliche Fischfilets, die sie mit Salz und getrockneten Kräutern würzte. Ihre braunen Hände

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