Der Gesang des Satyrn
zu bringen. „Ich werde Stephanos vor Gericht verklagen und die Herausgabe meiner Güter fordern. Dann werde ich beweisen, dass du zur Hälfte mir gehörst. Dieses Haus, Neaira, wird von nun an dein Heim sein und ich wieder dein Herr!“
Damit sie mit ihm unterging, sich von ihm verschlingen ließ? Neaira sprang auf und warf ihre Trinkschale auf den Boden. „Das wird Stephanos niemals zulassen!“
„Was soll er tun, der arme Kerl?“ Phrynion blieb gelassen trotz der zerbrochenen Trinkschale. „Die Güter sind fort, ersetzen wird er sie mir wohl kaum können. Er ist nicht reich, dein Stephanos. Ich habe Erkundigungen über ihn eingeholt. Weißt du, womit er sein Geld verdient?
Indem er lächerliche Anschuldigungen bei den Gerichten Athens vorbringt und lästige Zwischenrufe einbringt. Bis zum Rednerpult ist er noch nie gekommen. Außerdem erpresst er Athener Bürger für zweifelhafte Auftraggeber, die ihm Schweigegeld zahlen, wenn er von Diffamierungen gegen sie absieht. Er nutzt seine Bürgerrechte um Geld zu erpressen, indem er mit Klagen vor Gericht droht.
Angesehene und vermögende Bürger würden ihn niemals beauftragen für sie zu sprechen. Öffentliche Anklagen darf er nicht vorbringen. Er ist ein Sykophant, eine kleine lästige Fliege auf einem großen Haufen Ziegenscheiße!“
Neaira verschränkte die Arme vor der Brust und verschloss ihr Herz vor dem Gift, das er versuchte in ihre Adern zu pressen. „Du wirst ihn mir nicht schlecht reden, Phrynion!“
Er zuckte mit den Schultern und prostete ihr mit der Weinschale zu. „Warte nur, ob du ihm genug wert bist, dass er sich auf ein Gerichtsverfahren gegen mich einlässt.“
„Das wird er tun. Er wird mich niemals dir überlassen.“
Sie setzte sich wieder, jedoch noch immer steif. Stephanos war ein pflichtbewusster Mann, wie sie sich erinnerte.
Lauwarm und nachlässig, aber pflichtbewusst; und sie war seine Pflicht.
Phrynion betrachtete sie ausgiebig. „Wie unscheinbar du geworden bist, Neaira. Sag, gefällt dir das kleine armselige Häuschen, in das er dich gebracht hat? Spielst du gerne die Mutter für seine verzogenen Söhne? Schmeichelt dir dieses fade Leben?“ Er leckte sich genüsslich die Reste des Weines von den Lippen. „Ich will dir sagen, was ich sehe - eine Frau, der die Welt zu klein ist, in die sie gepresst wird. Du brauchst Leidenschaft und Genuss ebenso wie ich. Dieses neue Leben steht dir nicht gut zu Gesicht, Neaira. Es macht dich blass.“
Sie funkelte ihn zornig an. Schon immer war es ihm gelungen, ihre Wunden aufzuspüren und noch ein glühendes Kohlestück darauf zu drücken. Aber sie würde ihm nicht die Genugtuung einer Bestätigung geben. „Was willst du jetzt tun? Mich hier festhalten und über mich herfallen, dir meinen Körper nehmen?“
Phrynions Augen zeigten den altbekannten Glanz. „Du hättest netter zu Chabrias sein sollen. Vielleicht hätte er mir dann nicht verraten, dass du wieder in Athen bist. Aber vielleicht wolltest du ja, dass ich es erfahre?“ Langsam beugte er sich vor, bis sein Gesicht nahe vor ihrem war.
„Würde es dir gefallen, wenn ich dich auf die Kline werfe und dich nehme ... gleich hier? Ich nehme an, dass der unbeholfene Stephanos dir kaum ein wohliges Seufzen wert ist.“
„Was weißt du schon von ihm? Er behandelt mich gut“, fuhr Neaira ihn an. Er sollte sie nicht mehr ansehen, nicht mehr in sie hineinsehen.
Phrynion nahm einen großen Schluck aus seiner Weinschale. Dann lächelte er. „Nur nichts überstürzen, Neaira. Ich werde dich wieder auf meiner Kline haben, aber du weißt, dass mir an dieser Art von Besitz nichts liegt. Ich will dich als mein Eigentum wissen, bevor ich mir nehme, was mir gehört. Wir werden warten, bis dein edler Retter Stephanos sich rührt. Solange darfst du deine alten Räume wieder beziehen.“
Er würde sie nicht anrühren, bevor er ihr und vor allem sich selbst bewiesen hatte, dass sie sein Besitz war. Ein Besitz, den man sich stehlen musste, hatte Phrynion noch nie interessiert. Neaira wusste, dass er die Urkunde noch besaß die besagte, dass er sie in Korinth ausgelöst hatte und dies teilweise mit seinem Geld. Lass mich nicht hier, Stephanos, denn ich habe Angst, dass ich ihm nicht widerstehen kann , betete sie stumm.
15. Kapitel
Der Schiedsspruch
Sie mussten nicht lange warten, bis ein Nachbar von Stephanos kam und Phrynion in Stephanos Namen mit einer Klage vor Gericht drohte, sollte er Neaira nicht unverzüglich zurück in sein Haus
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