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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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seinem Gesicht. Phrynion hatte nicht nur den Körper seiner Sklavin zurückgewonnen, sondern dafür gesorgt, dass ihr Herz, wenn es schon nicht ihm gehören sollte, auch Stephanos nicht lieben konnte.
    „Ohne Reue hat er dich mir überlassen, dein Stephanos“, schloss Phrynion seine Rede.
    Neaira musterte ihn voller Verachtung. Er ließ nicht nur sie für sich tanzen, sondern auch Stephanos. Wie hatte sie nur glauben können, dass Stephanos ihm gewachsen war? „Vielleicht hast du es geschafft, dass mein Herz wütend auf ihn ist, Phrynion. Dieser Teil deines Planes ist dir hervorragend gelungen. Aber glaube nicht, dass mein Herz deshalb dir gehören wird.“
    „Das ist mir recht, Neaira“, gestand er. „Solange es keinem anderen gehört, kann auch ich darauf verzichten!“
    Er wandte sich zum Gehen, überlegte es sich jedoch noch einmal anders. „Heute Nacht werde ich zu dir kommen.
    Richte dich darauf ein!“
    Als er fort war, ballte Neaira die Hände zu Fäusten und biss die Zähne zusammen. Sie unterdrückte den Schrei der Wut und Verzweiflung, den sie so gerne ausgestoßen hätte.
    Stattdessen richtete sie ihren verzweifelten Zorn einmal mehr auf diejenige, welche sie erneut ins Unglück gestürzt hatte. „Athene“, presste sie hervor. „Du grausame Göttin!
    Ich habe versucht Frieden mit dir zu schließen, aber du bist unversöhnlich.“
    Phrynion kam spät am Abend. Es war, wie es immer gewesen war. Er hatte getrunken. Wie ein ausgehungerter Löwe warf er Neaira auf die Schlafkline und schob ihr den Chiton über die Hüften. Sie wollte es nicht, aber fand auch keine Kraft, sich dagegen zu wehren. Sein Geruch stieß sie ab, wie er sie gleichzeitig anzog, da er ihr so vertraut erschien. Mit Abscheu gegen sich selbst erkannte Neaira, dass sie Phrynion trotz allem noch immer begehrte.
    Trotzdem gab sie ihren Gefühlen nicht nach und lag wie ein Stein unter ihm. Es wäre so leicht gewesen einfach loszulassen, zu taumeln und zu tanzen, und es war so schwer es nicht zu tun! Phrynions Gier nach ihrem Leib enthielt die Verzweiflung von drei Jahresumläufen, in denen er sie nicht hatte besitzen können. Er holte sich alles von ihr zurück von dem er meinte, dass sie es ihm vorenthalten hatte. Seine Hände umfassten ihre Brüste, und er biss sie in Schulter und Hals, als wäre sie seine Beute.
    Neaira spürte, dass er sie verschlang und in ihre Adern kroch wie Gift. Sie hasste sich für ihre eigene Lust, sie hasste ihn für seine Hartnäckigkeit und Stephanos für seine Nachgiebigkeit. Während Phrynion sie nahm, suchte sie nach einer Spur der Liebe und des Vertrauens, die sie für ihn empfunden hatte und erkannte, dass nichts davon übriggeblieben war. Sie hatte sich selbst getäuscht, indem sie sich einredete, dass ihre beiderseitige Leidenschaft füreinander sie zu etwas Besonderem gemacht hätte. In dieser Nacht meinte sie endlich zu wissen, dass es Phrynion vollkommen egal war, ob sie sich ihm willig entgegenstreckte oder wie ein Stein unter ihm lag – es änderte nichts an seiner Lust. Phrynion verließ sie erst am Morgen, nachdem er sich an ihr gesättigt hatte, während sie noch immer Hunger nach ihm verspürte – mehr als je zuvor, wie sie sich eingestand. Doch das, Phrynion, wirst du niemals erfahren , schwor Neaira sich, während sie das Laken um sich schlang und sich in den Schlaf weinte.
    Nach zwei Wochen in Phrynions Haus kam Stephanos, um Neaira abzuholen. Es ist wie damals bei Timanoridas , dachte sie matt. Nur, dass es dieses Mal mein Herz viel mehr verletzt. Sie ließ sich vor Phrynion nichts anmerken, dem es sicherlich gefallen hätte die Entzweiung zwischen ihr und Stephanos zu beobachten. Auch Stephanos sprach nicht, als er sie zum Eselskarren führte. Er sah müde aus, als hätte er die letzten Nächte kaum geschlafen und dafür umso mehr gegrübelt. Schweigend fuhren sie durch die Straßen, ohne sich anzusehen oder miteinander zu sprechen. Als sie vor Stephanos Haus vom Karren stieg, sah Neaira ihm das erste Mal in die Augen. Ihre Stimme zitterte, als hätte sie lange nicht gesprochen: „Nun hast du deinen Söhnen einen guten Grund gegeben, mich wie deine Hure zu behandeln!“
    Sie wartete nicht auf seine Antwort, und obwohl ihr nicht danach zu Mute war, ging sie hoch erhobenen Hauptes ins Haus.
    Als sie allein in Neairas kleinem Raum waren, fiel Stephanos vor ihr auf die Knie, was sie ebenso erschreckte wie überraschte. „Es tut mir so leid!“, begann er stockend zu sprechen. „Ich

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