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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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Iacchus zu holen.
    Sie mussten ihr den Jungen fast entreißen. Niemals hatte Neaira ihre Tochter weinen sehen, aber als man ihr den Sohn nahm, war sie außer sich. „Du bist schuld, du Hure!“
    Phano war verzweifelt, und Neaira trafen die Worte Phanos ungeschützt. Thratta und Kokkaline mussten die wild um sich schlagende Phano festhalten, während Neaira das Kind zu Phrastor brachte. Er schenkte dem Jungen keinen Blick, wies stattdessen seine Sklavin an ihn zu nehmen, und verschwand ohne Gruß.
    Mit freudlosem Lächeln bedankte sich Neaira bei Stephanos als Phrastor fort war. „Ich danke dir dafür, dass du zu mir gestanden hast als Phrastor mich beleidigt hat“, sagte sie mit ehrlicher Wärme in ihrem Herzen.
    Er sah sie an und lächelte traurig. „Ich habe einst gesagt, dass meine Gefühle für dich aufrichtig sind ... und das sind sie immer noch ... stärker denn je!“
    Sie standen noch lange gemeinsam im Andron, während Phanos Weinen und ihr verzweifeltes Schluchzen aus den Frauengemächern im gesamten Haus zu hören waren.

21. Kapitel
    Ein Opfer für die Göttin
    Mit dem Tag an dem Iacchus ihr fortgenommen wurde, begann Phano ihren Kummer im Wein zu ertränken.
    Nunmehr schien ihr alles egal. Sogar die Drohungen ihres Bruders Proxenos bedachte sie nur mit einem spöttischen Lachen. „Was will er tun ... mich umbringen?“
    Neaira brachte es nicht übers Herz Phano zu sagen, dass ihre so leichtfertig dahingesagten Worte vielleicht näher bei der Wahrheit lagen, als ihr bewusst war.
    Stephanos und auch Thratta versuchten ihr zuzureden, aber sie gebärdete sich wild und hemmungslos, schrie das Haus zusammen und warf Salbtiegel, Schmuck und sogar einen kleinen Dolch nach ihnen. Stephanos hob schließlich die Hände und zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht was man da noch tun soll.“
    „Nimm ihr den Wein fort“, schlug Neaira vor. Aber Stephanos fürchtete, dass Phano dann überhaupt nicht mehr aufhören würde zu toben, also versuchte er es erst gar nicht. Wieder einmal zeigten sich der lauwarme Stephanos und der zahnlose Hund, wie Neaira hilflos feststellte.
    Phano war jung, sah aber verbraucht und leblos aus.
    Wo Stephanos früher das glatte und ebenmäßige Antlitz Phanos voller Stolz gelobt hatte, bemerkte Neaira nun die verquollenen Augen und die ungesunde Gesichtsfarbe ihrer Tochter. Das Haar wurde glanzlos, und ihre Bewegungen waren nicht mehr flink, sondern fahrig. Wenn Neaira sie ansah, meinte sie Phila zu sehen und manchmal sogar Phrynion. Schließlich nahm Neaira ihr den Wein fort.
    Doch Phano schrie so lange, bis Stephanos die Sklaven anwies, ihr eine neue Amphore zu bringen. Stephanos versuchte seine Tochter aufzuheitern, indem er ihr allerlei Dinge schenkte, neue Gewänder, Schmuck und sogar Schriftrollen mit dichterischen Versen. Doch Phano interessierte sich für nichts außer einer gefüllten Weinschale.
    „Du solltest deinen Wein mit Wasser verdünnen, wie es alle klugen Menschen tun“, gab Stephanos ihr zu verstehen.
    Phano lachte ihn aus und prostete ihm zu. Hilflos musste Neaira mit ansehen, wie ihre Tochter alles daran setzte, sich selbst zu zerstören. „Ich verstehe sie nicht, Kokkaline. Ich weiß noch nicht einmal, was sie wirklich will“, sagte sie zu ihrer Sklavin, wenn sie abends zermürbt auf ihrer Kline lag.
    Schließlich kam Neaira der Gedanke, dass Phano eine andere Umgebung gut tun und sie von ihrer Trunksucht ablenken könnte. Nachdem Thratta und Kokkaline Neairas Vorschlag für gut befunden hatten, unterbreitete sie Stephanos ihren Einfall. Dieser beschloss, ohne lange zu überlegen, dass er den Haushalt für das Opferfest der Ernte auf sein Landgut am Rande von Athen verlegen lassen könnte. „Ich werde einige befreundete Herren einladen.
    Vielleicht finden wir dort einen neuen Gemahl für Phano ...
    auf dem Landgut wird es einfacher sein, Phano selbst einen Blick auf die Herren werfen zu lassen. Beim Erntefest wird die Strenge den Frauen gegenüber vergessen, und sie nehmen an einigen Gastmählern teil. Phano muss wieder heiraten. Sie ist jung und kann noch Kinder haben. Dann wird sie Iacchus vergessen.“
    Zwar glaubte Neaira nicht an eine solch einfache Lösung des Problems, war jedoch glücklich über Stephanos Einwilligung. Sie verlor keine Zeit mit den Vorbereitungen zu beginnen, trieb die Sklaven zur Eile an und schickte Thratta, Phanos Truhen zu packen. Im Grunde genommen hatte Stephanos recht. Phano musste wieder heiraten – und dieses Mal einen

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