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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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ausgegangen und feierten in der Polis. Diejenigen, die im Haus geblieben waren, trugen Efeu-und Blütenkränze auf dem Kopf und begrüßten die Heimkehrer wie alte Freunde. Einige der Jünglinge rannten hinter den kicherenden Mädchen her und versuchten, an ihren Chitonen zu ziehen. Sie waren wie Kinder, denen es endlich einmal erlaubt war zu spielen.
    Sogar Thratta und Kokkaline kicherten wie junge Mädchen und setzten Stephanos und Neaira Efeukränze auf das Haar. „Hast du Phano gesehen, Herrin? Ist sie eine würdige Basilinna?“ Thrattas Glasflussaugen wirkten noch runder und glänzender, wenn sie betrunken war, und alles in ihrem Gesicht schien zu lachen. Neaira mochte ihren beiden Sklavinnen die Freude nicht verderben, indem sie ihnen vom Vorfall mit Apollodoros erzählte. Sie scheuchte ihr kicherndes Hündchen und das leicht schwankende Kätzchen fort und gab vor, ihr Geschnattere nicht ertragen zu können. In Wahrheit befürchtete sie, dass die beiden ihr die Sorgen im Gesicht würden ansehen können.
    Obwohl Neaira am nächsten Tag nervös war, weil sie fürchtete, dass Apollodoros gar nicht erst abwarten würde bis Stephanos ihn wieder einmal vor Gericht zerrte, verlief der dritte Tag des Festes ruhig. Die berauschenden zwei Tage waren vorbei – am dritten Tag wurden die beim Anthesteria-Fest herbeigerufenen Geister der Toten verabschiedet und zurück in die Unterwelt geschickt. Ein dicker Getreidebrei mit Honig wurde in Töpfe gefüllt und den Hermen auf den Straßen als Opfer dargebracht.
    Überall sah man übernächtigte Gesichter und verquollene Augen. Neaira und Stephanos verbrachten den Abend des Festes still und verabschiedeten sich im Gebet von den Geistern ihrer liebsten Verstorbenen. Während Neaira über ihr Leben nachsann, gedachte sie Metaneira und Hylas, wünschte ihnen eine gute Reise durch die Unterwelt und erinnerte sich an die schönen Augenblicke, die sie mit ihnen geteilt hatte. Zum Schluss gedachte sie auch Phrynion, wünschte seinem Schatten Frieden in der Unterwelt, und söhnte ihr Herz mit ihm aus. Ich vergebe dir, Phrynion. Sei friedlich, Geliebter meiner Vergangenheit, und gedenke der guten Zeiten, die wir geteilt haben. Endlich war es ihr möglich, Phrynion gehen zu lassen. Neaira schlief in dieser Nacht zufrieden und tief, denn Phano war glücklich und Stephanos Söhne führten ihr eigenes Leben fernab von ihrem. Nun konnten sie und Stephanos endlich an sich selbst denken.
    Die Festlichkeiten wurden für Theogenes zu einem großen Erfolg. Er lobte Phano bei Stephanos sowohl für ihre vorbildlichen Verrichtungen als Basilinna , aber auch als Gattin. Seine Augen glänzten voller Tatendrang, und seine Unsicherheit schien verschwunden; Phano hatte ein kleines Wunder an Theogenes vollbracht. Vor allem Neaira nahm still und ohne es zu zeigen am Glück ihrer Tochter teil.
    „Endlich haben die Götter mein Flehen erhört“, sagte sie zu Thratta und Kokkaline, als diese ihr beim Bad im Louterion des Hauses zur Hand gingen. „Wenn Phano jetzt noch schwanger wird und ein Kind hat, wird ihr Herz heilen.“
    Vor allem Thratta wünschte sich ebenso wie Neaira, dass Phano glücklich würde, und es sah so aus als erfülle sich dieser Wunsch. Als Thratta von einem Besuch in Theogenes Haus zurückkehrte, zu dem Neaira sie unter einem Vorwand geschickt hatte, erklärte die Sklavin, dass Phano und Theogenes einen einander zugeneigten Umgang pflegten.
    Neaira erzählte Stephanos beim Abendmahl wie glücklich Phano und Theogenes seien, und auch er zeigte sich froh darüber. Trotzdem schien etwas an ihm zu nagen, denn er mied ihren Blick. „Es ist etwas geschehen“, gab er leise zu. Ehe Neaira weiter in ihrem Glück hätte taumeln können erzählte ihr Stephanos, dass Apollodoros mit seinem Beschluss, die Kriegskasse Athens durch Überschusseinnahmen zu füllen, erfolgreich gewesen wäre.
    Neaira, die gerne einfach nur ihr Mahl mit ihm genossen hätte, ahnte nichts Gutes. „Was willst du damit sagen, Stephanos? Dass du Klage gegen ihn einreichen wirst, obwohl er dich bei den Anthesteria-Festlichkeiten gewarnt hat, es nicht zu tun?“
    „Mir bleibt keine andere Wahl“, versuchte Stephanos sich zu verteidigen. Es war ihm unangenehm, sich rechtfertigen zu müssen. Neaira spürte, dass er gerne vor diesem Gespräch geflüchtet wäre. Aufgebracht schüttelte sie den Kopf. „Natürlich bleibt dir eine Wahl! Lass es sein, zerstöre wegen dieses Streits nicht Phanos Glück ... und das

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